Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
seltsamen Benehmen Mark Verestons zu halten hatte. So geringschätzig war sie noch von keinem Mann behandelt worden. Das habe ich nun davon, dachte sie ärgerlich. Jetzt kann ich eine halbe Stunde lang durch den Regen marschieren und obendrein werde ich mir noch nasse Füße holen. Sie zog ihren Pelzmantel an und nahm ihre Handtasche an sich. Dann ging sie langsam auf die Tür zu. Wenn er jetzt käme, überlegte sie, würde ich mich vielleicht noch einmal erweichen lassen.
    Sie verharrte ein paar Sekunden lang auf dem gleichen Fleck. Sie horchte. Sie erntete jedoch nichts als Enttäuschung. Vergebens wartete sie auf den Klang vertrauter Schritte. Sie mußte sich damit abfinden, daß man sie zum ersten Mal verschmäht hatte. Sie schaltete das Portallicht ein, zog die schwere Eichentür auf und trat ins Freie. Sie kam nur einen Schritt weit. Dann stockte sie, als hätte sich der Boden vor ihr aufgetan. Ein brüchiger, irrer Aufschrei kam von ihren Lippen. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gerinnen. Aus entsetzten Augen starrte sie auf das Blut zu ihren Füßen. Das helle Licht der Portalampel fiel mitten in das wächserne Gesicht Mark Verestons. Er lag lang ausgestreckt über den Stufen. Ein Blinder konnte sehen, daß kein Leben mehr in ihm war. Der Anzug war über der Brust versengt und von einem Schuß durchlöchert. Daneben hatte sich dunkles Blut verkrustet. Das alles sah Daisy Hoorn in einer einzigen Sekunde, und sie sah es mit leeren, fassungslosen Augen. Vergebens mühte sich ihr Hirn um einen klaren Gedanken. Der eisige Schreck lähmte alle ihre Empfindungen.
    Zwei, drei Minuten vergingen, ehe sie sich überhaupt vom Fleck rühren konnte. Ihr war zumute, als stünde sie dem Tod persönlich gegenüber, als liefe sie direkt in seine düsteren Fänge. Ihr zuckender Mund versuchte Worte zu formen. Sie wollte die Nachbarschaft alarmieren. Sie wollte laut ihre Angst in die Nacht hineinschreien.
    Aber nicht eine Silbe kam über ihre Lippen. Sie nahm allen Mut zusammen, machte einen scheuen Bogen um den Toten und hastete dann wie von Furien gehetzt auf das Gartentor zu. Dabei drehte sie sich fortwährend um, als käme ein Mörder hinter ihr her. Wenn ein Zweig neben ihr knackte, oder der Kies unter ihren Schuhen knirschte, dann schoß ihr heiß das Blut zum Herzen.
    Es waren die entsetzlichsten Minuten ihres Lebens. Auch als sie das Anwesen längst hinter sich hatte, bohrte das würgende Entsetzen immer noch in ihr weiter.
    Zweihundert Yard waren es bis zum nächsten Polizeirevier. Sie lief den gleichen Weg, den vor ihr schon Mark Vereston gegangen war. Man mußte sie für ein betrunkenes, liederliches Frauenzimmer halten, so aufgelöst war ihre ganze Erscheinung. Das Fiaar klebte ihr naß und strähnig in der Stirn, ihr Gesicht war bleich und ausgehöhlt, die Augen hatten einen flackernden, unruhigen Glanz. Der diensttuende Konstabler blickte sie forschend an. Noch ehe er eine Frage stellen konnte, stieß Daisy Hoorn schon in abgerissenen Worten ihre schreckliche Nachricht heraus.
    „Sie müssen mir glauben“, stammelte sie schluchzend, „ich irre mich bestimmt nicht. Man hat ihn ermordet. Ich habe es mit. eigenen Augen gesehen. Eine gräßliche Wunde in der Herzgegend hat seinem Leben ein Ende gesetzt.“
    Man glaubte ihr. Man brachte sie zum Haus Mark Verestons zurück und befahl ihr, bis zum Eintreffen der Mordkommission in der Halle zu warten. Da saß sie nun also wieder am Kamin und starrte aus schreckgeweiteten Augen in die züngelnden Flammen. Sie war wiederum ganz allein. Da war niemand, der sie getröstet hätte. Kein Mensch kümmerte sich um sie.
    Sie hörte die Wagen der Mordkommission Vorfahren und einige Herren über den Kiesweg gehen. Sie hörte ihre leise geführte Unterhaltung, und sie sah die Blitzlichter der Photographen aufzucken. Zu ihr kam kein Mensch herein. Sie mußte warten.
    Nervös zerknüllte sie ihr Taschentuch zwischen den Fingern. Es war feucht von Tränen. Und noch immer würgte sie ein trockenes Schluchzen.
    „Kommen Sie doch bitte, Madam!“, rief dann endlich ein Detektivsergeant von der Tür her. „Wir haben ein paar Fragen an Sie zu richten. Sie waren es doch, die den Mordfall meldeten, nicht wahr?“
    „Ja“, sagte Daisy Hoorn. Sie blickte verschüchtert m die strengen Gesichter der Beamten. Sie spürte ihre Blicke auf ihrem Körper. Sie bemerkte, wie sie forschend und mißtrauisch gemustert wurde.
    „Erzählen Sie“, forderte sie ein Wachtmeister auf. „Wo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher