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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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sagte er vorwurfsvoll. „Wenn Sie weiterhin so hartnäckig schweigen wie bisher, verschlechtern Sie nur Ihre Lage. Man wird Ihre Immunität aufhöben und Sie sämtlich unter Anklage stellen. Sie sind der Mitwisserschaft und der Beihilfe zum Mord verdächtig. Hoffentlich ist Ihnen das klar.“
    Die drei blieben stumm und regungslos wie Holzklötze. Entweder hatten sie Angst, oder sie wollten etwas verschweigen. Kommissar Morry hätte sein halbes Monatsgehalt dafür gegeben, wenn er die Gedanken hinter ihren Stirnen hätte lesen können.
    „Denken Sie doch an Mark Vereston“, sagte er eindringlich. „Er starb sicher, weil er zuviel wußte. Es kann Ihnen schon morgen genauso gehen. Dieser Mörder schläft nicht, meine Herren! Er wird sich weitere Opfer aus Ihren Reihen suchen. Er wird alle auslöschen, die damals Zeuge seiner scheußlichen Tat waren.“
    Jetzt endlich kam Leben in die drei wortkargen Gesellen. Sie steckten die Köpfe zusammen und machten große, erschreckte Augen.
    „Ich habe nichts gesehen“, murmelte William Dudley mit brüchiger Stimme. „Ich war den ganzen Abend mit Melanie Garden zusammen. Ich kannte sie noch aus der Zeit, da sie hier am Royal Theater Sängerin war. Wir unterhielten uns in ihrem Salon, bis draußen auf der Terrasse der Schuß fiel . . .“
    „Und Sie?“, fragte Morry die beiden anderen. „Wo hielten Sie sich in der fraglichen Stunde auf?“ Pancras Holm und Winston Finsbury hoben ratlos die Schultern. „Wir wissen es nicht mehr, Sir! Wir hörten nicht einmal den Schuß. Wir waren irgendwo in dem riesigen Garten, jeder für sich allein.“
    „Haben Sie rote Tungasblüten im Besitz?“, fragte der Kommissar rasch.
    Alle drei schüttelten die Köpfe.
    „Solche Blumen“, sagten sie, „haben wir noch nie in unserem Leben gesehen. Wir hatten in Brasilien anderes zu tun, als uns um solchen Firlefanz zu kümmern. Wir besichtigten Stauwerke, Dammanlagen und Kraftwerke . . .“
    „Ich weiß“, warf Morry ein. „Aber schweifen Sie bitte nicht ab. Wir sind noch immer bei dem Mord, der an Mr. Garden, Ihrem Gastgeber, verübt wurde. Hat einer von Ihnen den Mörder beobachtet? Haben Sie einen Verdacht?“
    Stille. Eisiges Schweigen. Verstörte Blicke. Verkrampfte, unruhige Hände. Schweißnasse Gesichter.
    „Ich wiederhole meine Frage: Hat einer von Ihnen den Mörder bei seinem schändlichen Tun beobachtet?“
    William Dudley zündete sich nervös eine Zigarre an. „Vielleicht fragen Sie einmal bei Irving Bacon nach, Kommissar“, sagte er schwer atmend. „Dieser Herr scheint ein schlechtes Gewissen zu haben. Er bleibt nämlich seit Tagen den Sitzungen im Unterhaus fern. Als er gestern von einem Diener abgeholt werden sollte, traf man seine Wohnung leer und verlassen an. Schränke und Schubladen standen offen. In allen Zimmer herrschte größte Unordnung. Ein Zeichen dafür, daß Irving Bacon in aller Eile geflüchtet sein muß.“
    „Na, warum nicht gleich so“, meinte Morry befriedigt. „Jetzt sieht die Sache schon etwas anders aus. Wer flieht, macht sich immer verdächtig. Haben Sie eine Ahnung, wo sich dieser Irving Bacon verborgen halten könnte?“
    „Vielleicht bei seinem Stiefbruder“, sagte William Dudley zögernd. „Der Mann heißt Richard Donally und wohnt am Holland Park in Kensington.“
    Kommissar Morry notierte sich hastig Namen und Adresse. Er hatte das Gefühl, als sei er soeben einen entscheidenden Schritt vorwärts gekommen.
     
    5
     
    Im Mitternachts-Saloon am Fischmarkt, der seit Jahren der Witwe Pattison gehörte, wurde an diesem Abend wieder allerhand geboten. Die vorderen Tische belegten die Damen, die erst abends aufstanden und am hellen Vormittag schlafen gingen. Im Moment waren sie ausgeruht und mächtig scharf auf neue Kunden. Sie gurrten und kicherten und warfen sich in Positur, daß es eine Art hatte.
    Hinter ihnen lümmelten die Aufpasser und Zuhälter, die ebenfalls verdienen wollten. Sie alle hatten ständig die Tür im Auge. Jedesmal, wenn ein neuer Gast den Raum betrat, gaben sie sich verstohlene Zeichen und Winke. Sie hielten sich streng an die Regeln. Jeder mußte warten, bis er mit dem Abkochen an der Reihe war. Ganz hinten, neben dem Bierverschlag, hockten Rex Chapel, Ernest Cropp, Lacy Acklam und Ben Hopkins beisammen. Sie machten Gesichter, als täte ihnen jedes einzelne Haar weh. Griesgrämig und finster stierten sie sich an. Anscheinend hatten sie alle eine mächtige Wut im Bauch.
    Ernest Cropp stocherte verdrossen in seinen
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