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Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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Zeichen dafür, dass dein Körper sich auf das Training einstellt.«
    »Das mag ja sein, aber es tut immer noch weh«, und sie schloss die Beine zur Missbilligung ihres Personal Trainers.
    »Was findet ihr nur an dem Ganzen, dass ihr euch jeden Tag diesen Stress antut. Ich werde es nie verstehen«, witzelte sie und versuchte so, etwas Zeit zu schinden. Sechzig Minuten Training waren für einen chronischen Faulpelz, der bereits von durchwachten Nächten, vom Windelnwechseln und Fläschchenmachen erschöpft war, eine nahezu griechisch-römische Tragödie.
    »Das Ziel ist, seine eigenen Grenzen zu erreichen und zu überwinden«, rezitierte der Trainer unbeeindruckt.
    »Und die ganze Anstrengung? Du willst mir nicht ernsthaft weismachen, dass in dem allen nicht auch ein wenig Masochismus steckt«, insistierte Inga, während sie zu einem neuen roll up ansetzte, denn er gewährte ihr nicht einmal die kleinste Verschnaufpause.
    »Es kann auch etwas Schönes sein, sich richtig anzustrengen und den Schmerz zu spüren.« Einfach, aber essentiell.
    »Diese Auffassung kann ich absolut nicht nachvollziehen«, antwortete Inga.
    »Entschuldige mal, aber mit deinem Sohn, das ist doch auch anstrengend?«, konterte er.
    »Klar, aber ich werde dazu gezwungen. Ich habe keine Wahl: Die Natur verlangt, dass es anstrengend ist. Hier allerdings entscheide ich selbst, ob ich mich dieser Tortur aussetze. Aber zumindest habe ich ein Ziel. Dein Ziel ist mir dagegen noch immer nicht wirklich klar«, bohrte sie weiter.
    »Ich habe keins, außer dem allgemeinen Wohlbefinden von Körper und Geist«, erwiderte der Trainer gelassen.
    »Dann versuch’s doch lieber mal mit Meditation«, entgegnete sie.
    »Mach ich längst«, kam die prompte Antwort.
    »Und das reicht dir nicht?«
    »Dann wäre ich ja so dick wie du.«
    »Aber dafür vielleicht weniger griesgrämig.«
    »Und wahrscheinlich polemischer«, schloss er. Und begann erneut zu zählen. Zwang sie, möglichst gleichzeitig, mit Rippen, Zwerchfell, Nase, Mund, Damm und Gesäßmuskel zu atmen. Nur so, durch Abschalten des Kopfes, der Beschäftigung mit etwas anderem, kehrte endlich Ruhe ein bei dem nur zu eindeutigen Versuch, die physische Arbeit zu boykottieren. Körperliche Anstrengung als bewährtes Mittel, unnötige Gedanken zu vertreiben.

8
    Fast eine halbe Stunde wartete sie jetzt nun schon, doch keinerlei Anzeichen dafür, dass er noch einmal zurückkommen würde. Die Ministranten waren bereits nach Hause gegangen, und die Kirche San Martino lag nun menschenleer da.
    »Wir schließen«, flüsterte ihr die Haushälterin des Priesters leise zu.
    Maria Dolores schaute sie mit abwesendem Blick an, als wäre sie aus einem Traum hochgeschreckt und noch immer im Halbschlaf. »Ich gehe schon«, antwortete sie, erhob sich, ohne jedoch Anstalten zu machen, die Pfarrkirche zu verlassen.
    Die Frau hingegen steuerte dem Ausgang zu. Sie war groß, kräftig gebaut und gekleidet, wie es sich für die Haushälterin eines katholischen Priesters gehörte. Sie wirkte nicht älter als fünfzig. Ihr dunkles Kleid bestand aus mehreren Lagen, darüber trug sie eine rote Schürze. An den Füßen dicke Wollsocken und Pantinen aus hellem Holz. Ihre schwarzen, graumelierten Haare waren am Hinterkopf zusammengesteckt. Ihr Gesicht wirkte ernst. Draußen machte sie sich daran, einen Hundenapf zu füllen, der gleich bei der Eingangstür zum Pfarrhaus stand. Im Dialekt der Gegend rief sie nach dem Hund, der sich jedoch nicht blicken ließ. Sie grummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
    Die Kommissarin stand indessen noch immer in der Kirche. Sie ließ ihren Blick umherschweifen, hielt Ausschau nach dem Priester; hier irgendwo musste er doch sein, eins mit dem Mauerwerk, den Kandelabern, den Säulen der drei Kirchenschiffe. Nichts. Stille. Dieser Sonntag hatte nichts weiter zu bieten, als noch tiefere Temperaturen und vielleicht sogar Regen. Sie nahm sich vor, kurz bei der Wohnung ihrer Eltern vorbeizuschauen, sich dort schnell umzuziehen und dann sofort die Rückfahrt anzutreten.
    Plötzlich rief eine Stimme nach ihr. Es war die Haushälterin, die ihr einen Abschiedsgruß zuwarf. Maria Dolores erwiderte ihn und setzte hinzu: »Richten Sie ihm aus, dass ich wiederkomme.« Die Frau nickte, bevor sie im Pfarrhaus verschwand.
    Während Maria Dolores die Steinstufen hinabstieg, wusste sie nicht so recht, wohin mit ihren Gedanken. Sollte sie sie einfach hinter sich lassen, zwischen den nach verbranntem Holz riechenden
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