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Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York
Autoren: Julia K. Stein
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meiner Mutter. Und mit eigentlich allem, füge ich in Gedanken hinzu.
    „Kein Zickenkrieg in der WG. Sonst beschwere ich mich bei Dave persönlich.“
    Ich hebe die Hand für einen Pseudo-Schwur. Es tut so gut jemanden zu sehen, mit dem man ein unkompliziertes Verhältnis hat. Er hat meinen Streit mit Rachel tatsächlich bisher überhaupt nicht mitbekommen.
    „So, wird Zeit, dass wir rüber fahren. Wir wollen ja nicht den Schampus verpassen. Du fährst bei mir mit, Rachel ist schon los.“
    Ich nicke dankbar. Als wir aus der Tür kommen, glänzt ein roter Porsche auffällig sauber in der Sonne wie ein UFO. Ben zieht seine coole Ray-Ban-Sonnenbrille aus den Haaren auf die Nase herunter und beginnt zu grinsen, so dass er eigentlich nur noch aus weißen, übergeraden Zähnen zu besteht.
    „Wo kommt der denn bitteschön her?“
    „Ist nur fürs Wochenende geliehen. Probefahrt gefällig?“ Er hält die Wagentür auf.
    Ich schüttele den Kopf und verdrehe die Augen. Natürlich, ein roter Porsche ist das einzig angemessene Fortbewegungsmittel für Ben. Er hat keine Angst, Klischees zu entsprechen. Im Gegenteil: Er versucht mit aller Macht, Klischees zu entsprechen.
    „Willst du fahren? Oder kannst du die Kupplung nicht bedienen.“
    „Hey, jetzt pass aber auf. Ich komme aus der Heimat des Porsches. Wir Deutschen können alle mit Schaltung fahren. Das ist quasi in unseren Genen angelegt. Aber fahr ruhig selbst. Ich gebe gern Tipps.“ Das stimmt sogar, auch wenn ich bisher nur heimlich Autofahren geübt habe und noch keinen offiziellen Führerschein habe.
    Ben lacht und fährt so abrupt rückwärts, dass wir sofort in einen Sandwirbel gehüllt werden. Dann beschleunigt das Cabrio sanft und kraftvoll und als ich mich umdrehe, zieht der Porsche eine Staubspur hinter sich her. Ich lege den Kopf nach hinten und betrachte den weißen Himmel. Ben, Peter und Rachel, New York. Adam. Ich wünschte, ich könnte alles richtigstellen. Vielleicht noch einmal von vorn beginnen und die richtigen Entscheidungen treffen. Aber vor allem möchte ich hier bleiben. Bald soll meine Zeit in New York schon Erinnerung sein? Ich wünschte, ich könnte meine Füße in den Boden stemmen und die Zeit aufhalten, die unerbittlich nach vorn prescht, als gäbe es ein Ziel.
     
    Die Ausstellung findet in einer kleinen Galerie statt, die Teil einer Art Einkaufszentrum ist, das hauptsächlich aus Holzhütten besteht, die nicht viel anders aussehen als das Haus von Dave. Auf dem Parkplatz stehen ziemlich viele schicke Autos.
    „Ich find’s echt toll, was deine Mutter macht. Du musst megastolz auf sie sein. Falls sie berühmt wird, kann ich später sagen, dass ich mit ihr zusammengewohnt habe.“
    Ich zucke unsicher mit den Schultern. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich stolz sein soll oder mich in Grund und Boden schämen. Abwarten. Ich habe mir die Bilder, die sie bei uns in der Wohnung gemalt hat, nie angesehen, wie ich leicht beschämt feststellen muss.
    In der Galerie herrscht ziemlicher Trubel, so dass wir meine Mutter gar nicht sehen. Sie hat mindestens fünfzehn Bilder ausgestellt, auch welche, die sie von zu Hause mitgenommen hat oder sich hat nachschicken lassen. Die ersten kenne ich. Es sind Bilder von Blumen und Gärten, aber sogar, wenn sie Sommerblumen malt, sehen die aus, als würden sie jeden Moment sterben. Sie liebt es, morbid zu malen. Das ist sozusagen ihr Markenzeichen.
    „Ach, die Tochter“, sagt ein Mann in einem grünen Poloshirt, als er an mir vorbei nach draußen geht. „Wie schön.“ Ich sehe ihn irritiert an und er lächelt wissend zurück.
    „Deine Mutter muss von dir erzählt haben“, sagt Ben.
    Ein älteres, sehr vornehmes Ehepaar läuft eingehackt an uns vorbei und durchbohrt mich mit Blicken.
    „Habe ich einen neuen Pickel im Gesicht, den ich übersehen habe?“, frage ich Ben. „Warum starren die denn alle so?“
    „Siehst ganz normal aus. Ganz die olle Judith eben.“
    „Danke, das ist reizend.“
    „Gern.“
    „Oh, da ist Tante Deborah.“ Sie trägt ein unübersehbar kanariengelbes Kleid und hohe Schuhe.
    „Ach, Debbie, die habe ich nicht mehr gesehen, seit Dave und sie sich getrennt haben. Du kennst sie?“
    „Es gab eine kleine Szene bei Rachel zu Hause in New Jersey mit meiner Mutter …“
    „Das kann ich mir sehr gut vorstellen.“ Ben gluckst.
    In dem Moment sieht Tante Deborah mich auch und kommt sofort herübergelaufen.
    „Ah, und hier ist ja noch die Tochter von Daves deutscher Freundin im
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