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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder
Autoren: Cecilia Ahern
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Tagebuch hat mir gezeigt, dass alles irgendwie zusammenhängt. Dass ich in meinem Leben und in dem der Menschen um mich herum etwas bewirken kann. Ich muss immer wieder daran denken, wie ich mich in Marcus’ Bücherbus zu diesem Buch hingezogen fühlte – fast so, als hätte es an jenem Tag eigens auf mich gewartet. Ich glaube, die meisten Menschen gehen in einen Buchladen und haben keine Ahnung, was sie eigentlich kaufen wollen. Aber die Bücher stehen in den Regalen und bringen die Menschen fast wie durch Zauberkraft dazu, sie in die Hand zu nehmen. Die richtige Person für das richtige Buch. Es ist, als wüssten die Bücher schon, in welches Leben sie eingreifen müssen, wo sie etwas bewirken, wie sie eine Lektion erteilen und genau im richtigen Moment ein Lächeln auf ein Gesicht zaubern können. Heute sehe ich Bücher vollkommen anders als früher.
    In der Grundschule hat unsere Lehrerin uns einmal die Aufgabe gegeben, jeden Abend einen kleinen Aufsatz mit der Überschrift »Was ich heute gelernt habe« zu schreiben. In meiner momentanen Lage habe ich das Gefühl, es wäre leichter aufzulisten, was ich nicht
gelernt habe. Denn ich habe so unglaublich viel gelernt, ich bin innerlich so sehr gewachsen. Und das Lernen hört nie auf
.
    Eigentlich dachte ich ja, diese ganze Geschichte – herauszufinden, wer ich bin – wäre der Sinn des Tagebuchs. Ich dachte, nach dem Feuer würde es wieder ein ganz normales leeres Notizbuch werden, das ich in die mobile Bibliothek zurückbringen und ins Sachbuchregal stellen würde, damit irgendwann später mal ein anderer Mensch davon profitiert. Aber ich kann mich nicht von ihm trennen. Ich bringe es einfach nicht übers Herz. Es erzählt mir immer weiter von Morgen, und ich lebe dieses Morgen, und manchmal versuche ich, es ein bisschen besser zu machen.
    Ich klappte das Buch zu, verließ das Schloss und ging zum Obstgarten, denn unter dem Apfelbaum mit den vielen Inschriften wartete Weseley auf mich.
    »Oh-oh«, sagte er und musterte das Tagebuch, das ich unter dem Arm trug. »Was gibt es denn nun schon wieder?«
    »Nichts Schlimmes«, antwortete ich und setzte mich neben ihn auf die mitgebrachte Decke.
    »Das glaube ich dir nicht. Was steht da drin?«
    »Nur etwas über dich und mich«, lachte ich.
    »Was denn?«
    Ich zog vielsagend die Augenbrauen hoch.
    »O nein!«, rief er und warf theatralisch die Arme in die Luft. »Dann hab ich dich also nicht nur unter Einsatz meines Lebens aus dem brennenden Haus gerettet, sondern muss dich jetzt auch noch küssen?«
    Ich zuckte die Achseln. »Wenn du meinst.«
    »Und wo passiert es? Hier etwa?«
    Ich nickte.
    »Okay. Na gut.« Mit ernstem Gesicht schaute er mich an.
    »Na gut«, antwortete ich. Und räusperte mich. Machte mich bereit.
    »Steht da, dass ich dich küsse oder dass du mich küsst?«
    »Du mich, ganz eindeutig.«
    »Okay.«
    Einen Moment sah er mich stumm an, dann beugte er sich zu mir und küsste mich zärtlich auf die Lippen. Doch mitten in diesem herrlichsten, wundervollsten Kuss, den ich jemals bekommen hatte, schlug er die Augen auf und trat einen Schritt zurück.
    »Du hast das bloß erfunden, oder?«, fragte er.
    »Wie meinst du das?«, antwortete ich lachend.
    »Tamara Goodwin, du hast das nur erfunden!«, grinste er. »Gib mir das Buch!« Schon hatte er es mir aus der Hand gerissen und schwenkte es, als wollte er mir damit auf den Kopf schlagen.
    »Wir müssen selbst für unser Morgen sorgen, Weseley«, neckte ich ihn. Dann ließ ich mich auf die Decke zurücksinken und blickte hinauf in den Apfelbaum, der schon so viel gesehen hatte.
    Wieder beugte Weseley sich über mich, und unsere Gesichter waren so dicht zusammen, dass unsere Nasenspitzen sich fast berührten.
    »Was steht denn wirklich da drin?«, fragte er leise.
    »Dass ich glaube, alles wird gut. Und dass ich morgen weiterschreibe.«
    »Das sagst du doch immer.«
    »Und es stimmt auch immer.«
    »Bist du bereit?«, fragte er und sah mir in die Augen.
    »Ich denke schon«, flüsterte ich.
    »Gut.« Er setzte sich auf und zog mich mit sich. »Ich hab dir nämlich was mitgebracht.«
    Mit einer schnellen Handbewegung zog er einen durchsichtigen Plastikbeutel hinter seinem Rücken hervor, streckte ihn mir entgegen und hielt ihn auf. Ein bisschen widerwillig ließ ich das Tagebuch hineinrutschen, aber als es drin war, wusste ich, dass es die richtige Entscheidung war.
    Mit großer Geste gab er mir das eingetütete Tagebuch zurück.
    »Tu du es.«
    Ich
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