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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder
Autoren: Cecilia Ahern
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gestürzt. Das war ihr inzwischen klargeworden. Und sie war müde. Sie war es müde, um ihre Ehe mit Arthur zu kämpfen, der Lauries Entschluss und Rosaleens Bereitschaft mitzumachen nie gebilligt hatte, mit diesem sanften, freundlichen Mann, dem es jeden Tag das Herz zerriss, Jennifer und Tamara hintergehen zu müssen. Sie war es müde, dieses Geheimnis zu bewahren, müde, ständig hin und her laufen zu müssen, sie war es müde, niemandem im Dorf in die Augen sehen zu können, aus Angst, dass sie vielleicht herausfanden, was sie getan hatte, dass sie errieten, was im Bungalow und in der Werkstatt vor sich ging, wo Tag und Nacht der Schornstein rauchte. Sie wollte nur noch ihre Ruhe haben. Sie wollte, dass dieser Bungalow, der sich für sie immer wie ein Gefängnis angefühlt hatte und für Laurie und ihre Mutter praktisch eines geworden war, einfach vom Erdboden verschwand. Sie wollte alle befreien. Bevor sie das Streichholz anzündete, vergewisserte sie sich, dass ihre Mutter in Sicherheit war.
    Warum, Rosaleen, warum? Das fragten die Menschen vor dem brennenden Bungalow immer wieder.
Warum?
Sie wussten es immer noch nicht. Nach allem, was Rosaleen durchgemacht hatte, nach dieser jahrelangen stummen Folter. Aber das war es doch. Das war schon immer der Grund gewesen. Schon als kleines Mädchen hatte sie Laurie zu sehr geliebt, und sie liebte ihn immer noch zu sehr, auch jetzt, als erwachsene Frau.

Kapitel 26
    Was wir heute gelernt haben
    Freitag,
7
. August
    Mum und Laurie haben geredet, bis die Sonne aufging. Keine Ahnung, was sie sich alles zu sagen hatten, aber der Ton war definitiv besser als in den letzten Wochen. Schwester Ignatius hat ihnen geholfen, über alles zu sprechen. Es ist wie immer, wenn etwas Schlechtes oder Schreckliches passiert – wenn man es überstanden hat, ist man so erleichtert, dass man am liebsten gleich vergessen möchte, wie furchtbar es war und wie elend man sich gefühlt hat. Man möchte noch mal von vorn anfangen. Oder sich nur noch an die guten Teile erinnern. Oder man sagt sich, dass es einem wenigstens geholfen hat, einen neuen Teil von sich selbst zu entdecken.
    In dieser Familie ist nicht alles gut. Geschweige denn perfekt. Aber das war es auch nie, und immerhin ist der Elefant jetzt aus dem Zimmer verschwunden. Endlich ist er wieder frei, rennt wild auf der Straße herum, und wir versuchen alle, ihn zu zähmen. Wie wenn man Karten mischt – man bringt sie durcheinander, zerstört die alte Ordnung, damit man sie verteilen kann, und irgendwann findet der Stapel in eine neue Ordnung zurück. So war das auch bei uns. Unsere Karten wurden vor langer Zeit gemischt und ausgeteilt. Jetzt ordnen wir sie und versuchen uns einen Reim darauf zu machen.
    Ich kann mir schlecht vorstellen, wie Mum oder ich jemals Laurie, Rosaleen und Arthur verzeihen sollen, dass sie uns dieses Geheimnis verschwiegen und so lange eine Lüge vor uns aufrechterhalten haben. Wir können nur versuchen zu verstehen, dass Laurie so gehandelt hat, weil er das Beste für uns wollte, ganz gleich, wie unsinnig das war. Er sagt, dass er es getan hat, weil er uns liebt und weil er gedacht hat, auf diese Art könnte er uns ein besseres Leben ermöglichen. Trotzdem ist es unverzeihlich. Selbst wenn man sich vor Augen führt, was Rosaleen ihm alles eingeredet und wie heftig sie seine Meinung beeinflusst hat. Sie hat ihm und Mum so viele Lügen aufgetischt, dass sie am Ende gar nicht mehr wussten, was sie denken sollten. Trotzdem ist es unverzeihlich. Aber wir müssen versuchen, es zu verstehen. Vielleicht kann ich es verzeihen, wenn ich es richtig verstanden habe. Vielleicht kann ich Mum und Dad verzeihen, wenn ich wirklich verstehe, warum sie mir nicht gesagt haben, wer mein richtiger Vater ist. Allerdings ist das für mich noch viel zu weit weg. Aber ich kann Laurie dafür danken, dass ich seinetwegen so einen wunderbaren Vater hatte. George Goodwin war ein guter Mann, ein toller Vater, der bis zum Schluss an uns gedacht hat – egal, wie fehlgeleitet er bei seiner letzten Entscheidung auch war. Er hat sich seinem eigenen Vater bis zu dessen Tod in den Weg gestellt und Kilsaney beschützt. Er wusste, dass es das Einzige war, was mein biologischer Vater mir hätte hinterlassen können, wenn die Dinge so gelaufen wären, wie sie hätten laufen sollen – wenn es nämlich das Feuer im Schloss nicht gegeben hätte. Und es ist ja auch Mums Heim. Sie ist hier aufgewachsen, hier sind ihre Erinnerungen, das alles wollte
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