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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder
Autoren: Cecilia Ahern
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»Rosaleen kommt mit euch.«
    »Aber ich will nicht mit ihr spielen«, maulte Laurie, ohne das kleine Mädchen eines Blickes zu würdigen. Doch zumindest wusste sie jetzt, dass er ihre Existenz zur Kenntnis genommen hatte.
    »Benehmt euch, Jungs. Sagt Rosaleen guten Tag.«
    Als die Jungen den Mund nicht aufbekamen, wies die Mutter des kleinen Mädchens sie noch einmal zurecht.
    »Hallo, Rosaleen«, murmelten sie schließlich widerwillig. Laurie schaute zu Boden, Artie lächelte das Mädchen schüchtern an.
    Davor hatte das kleine Mädchen keinen Namen gehabt. Aber als sie ihren Namen aus Lauries Mund hörte, war es für sie, als wäre sie gerade getauft worden.
    »Und jetzt ab mit euch«, sagte ihre Mutter, und die Jungen liefen davon. Rosaleen folgte ihnen.
    Als sie im Wald waren, blieben sie stehen, und Laurie untersuchte ein Ameisennest.
    »Ich bin übrigens Artie«, stellte der Jüngere sich vor.
    »Du sollst nicht mit ihr sprechen«, fuhr sein Bruder ihn an, hob einen Stock vom Boden auf und schwang ihn durch die Luft, als würde er kämpfen.
    Dann begann er, mit dem Stock in dem Ameisenbau herumzustochern, ohne auf die beiden anderen Kinder zu achten. Plötzlich hörten sie Stimmen, und auch Laurie spitzte die Ohren. Er hob die Hand, und sie spähten durch die Bäume, wo sie Paddy, den Verwalter, entdeckten. Er kniete auf dem Boden und machte sich an einem Busch zu schaffen. Neben ihm stand eine Schubkarre, und darin saß ein kleines, vielleicht zweijähriges Mädchen mit hellblonden Haaren.
    »Wer ist das denn?«, fragte Laurie, und der Klang seiner Stimme schickte ein Alarmsignal direkt an Rosaleens Herz. Aber sie war so aufgeregt über ihr erstes Gespräch, dass sie trotz des Aufruhrs in ihrer Brust einfach antwortete und sich große Mühe gab, dass ihre Stimme nicht zitterte. Denn es sollte alles perfekt für ihn sein.
    »Das ist Jennifer Byrne«, erklärte sie, ebenso steif und überkorrekt wie Mrs Kilsaney. »Paddys Tochter.«
    »Komm, wir fragen sie, ob sie mitspielen möchte«, schlug Laurie vor.
    »Sie ist doch noch ein Baby«, protestierte Rosaleen.
    »Aber sie ist lustig«, meinte Laurie, während er zusah, wie Jennifer sich in der Schubkarre räkelte.
    Von diesem Tag an waren sie immer zu viert. Laurie, Artie, Rosaleen und Jennifer spielten jeden Tag zusammen. Jennifer, weil sie eingeladen worden war, Rosaleen, weil ihre Mutter die Jungs dazu gezwungen hatte. Das konnte Rosaleen nie vergessen. Selbst als Laurie sie im Gebüsch küsste und sie ein paar Wochen miteinander gingen, wusste sie immer, dass eigentlich die kleine Jennifer sein Liebling war. Von Anfang an hatte sie ihn in ihren Bann gezogen. Was immer es sein mochte, was ihn an den Dingen, die sie sagte, und der Art, wie sie sich bewegte, so faszinierte – Laurie war bezaubert von Jennifer und wollte immer in ihrer Nähe sein.
    Jahr für Jahr wurde Jennifer schöner, ohne sich ihrer Schönheit je bewusst zu sein. Ihre vollen Brüste, die schmale Taille, die Hüften, die eines Sommers plötzlich da waren – sie schien nichts davon zu bemerken. Da sie mit drei Jahren ihre Mutter verloren hatte, war sie ein ziemlicher Wildfang, kletterte auf jeden erreichbaren Baum, rannte mit Artie und Laurie um die Wette, streifte völlig sorglos die Kleider ab und sprang kopfüber mit ihnen in den See. Sie versuchte immer, Rosaleen mit einzubeziehen, und konnte nicht verstehen, warum diese sich so zurückhaltend verhielt. Rosaleen ihrerseits wartete ab. Sie wusste, dass die Wirkung der Wildfangnummer mit der Zeit nachlassen würde. Irgendwann würden die Jungen das Interesse an so etwas verlieren. Eines Tages würden sie eine richtige Frau wollen, und die würde Rosaleen sein. Sie konnte sich nicht nur so perfekt benehmen wie Mrs Kilsaney, sie konnte auch das Schloss führen, Essen kochen, die Hunde erziehen und dafür sorgen, dass die Nonne nur noch perfekte Blumen brachte. Sie träumte davon, dass Laurie eines Tages ihr gehören würde, dass sie zusammen im Schloss wohnen würden, wo sie sich um die Hunde und die Blumen kümmerte, während Laurie im Eichenzimmer stand und sich von den Ahnenbildern inspirieren ließ.
    Als die Jungen aufs Internat gingen, kamen gelegentlich Briefe nach Hause, von Laurie aber immer nur an Jennifer. Artie schrieb beiden Mädchen, und Rosaleen tat Jennifer gegenüber so, als würde auch sie Briefe von Laurie bekommen, die aber zu persönlich seien, um sie ihr vorzulesen. Jennifer schien das nie zu stören, und dass sie so
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