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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann
Autoren: Eva Völler
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schlürfte von seinem Kaffee und plädierte weiter. »Nach
alledem steht über jeden vernünftigen Zweifel hinaus fest, dass der
Angeklagte zu besagtem Zeitpunkt nicht in der Fabrik gewesen sein
kann …«
    Mist. Ein Schluck Kaffee, ein Biss vom Brötchen. Und noch mal.
    »Die Aussagen der beiden Zeuginnen lassen keinen anderen
Schluss zu als denjenigen, dass der Angeklagte am Abend der Tat nicht
am Tatort gewesen sein kann …«
    Verdammt, dachte Anton, ich werde es versieben.
    »Danke, Herr Vorsitzender, werte Herren Beisitzer, meine Damen
und Herren Schöffen, dass Sie sich diesen absurden Blödsinn anhören.
Verknacken Sie diesen Mistkerl, er ist es ja doch gewesen. Sie ahnen
es, ich ahne es, und der Angeklagte weiß es sowieso. Es steht ihm ins
Gesicht geschrieben, dass er ein Drecksack und ein eiskalter Killer
ist. Und die zwei Zeuginnen lügen, was das Zeug hält, weil Ziggy sie
sonst aufschlitzen würde. Lieber Gott, warum bin ich nicht Staatsanwalt
geworden, da hätte ich eine reelle Chance, diesen Fall zu gewinnen!«
    Der letzte Schluck Kaffee schmeckte bitter. Anton hätte sich
gern noch einmal die Zähne geputzt, aber er wagte es nicht. Tamara
würde einen Anfall bekommen, wenn er jetzt schon wieder ins Bad käme.
    Anton schluckte eine Magentablette, die zweite an diesem
Morgen, dann ging er ins Arbeitszimmer, um seinen Aktenkoffer zu holen.

Lampenfieber
    H erbert Schartenbrink hatte mit seinem Team
im Gerichtskorridor Stellung bezogen, nachdem ein rabiat wirkender, für
die Sicherheit des Gerichtssaals zuständiger Wachmann ihm gedroht
hatte, er werde ihn persönlich in die Arrestzelle sperren, die in
praktischer Reichweite im Nachbargebäude untergebracht war.
Schartenbrink und sein Team hatten folgsam den Gerichtssaal geräumt und
versucht, von der Türschwelle aus zu filmen, was drinnen passierte,
doch der Wachmann hatte dem Kameramann kurzerhand die Tür vor der Nase
zugeknallt.
    »Ich brauch mehr Licht, Herby«, sagte der Kameramann.
    Schartenbrink drehte sich zu dem Beleuchter um, der mit dem
Scheinwerfer herumfuchtelte. »Was ist los mit der Lampe?«, wollte er
wissen.
    »Hab's gleich«, sagte der Beleuchter. Er leuchtete
Schartenbrink mit dem Scheinwerfer voll ins Gesicht, und der wandte
sich fluchend zur Seite. »Auf die Treppe, Mensch. Der Anwalt kommt
garantiert gleich hoch. Nein, warte. Lass uns hier noch schnell ein
letztes Take machen, dann gehen wir rüber.«
    Er reckte das Kinn, um dessen leicht fliehende Neigung
auszugleichen und blinzelte ein paarmal, bis er den korrekten
stählernen Blick draufhatte. Er klopfte zweimal aufs Mikro.
    »Kamera läuft«, sagte der Kameramann. »Ton auch.«
    Schartenbrink schaute direkt in die Linse. Der Beleuchter
wackelte mit dem Scheinwerfer. Er hätte den Kerl erwürgen können, doch
dafür war keine Zeit. Jede Minute konnte Ziggys Anwalt aufkreuzen.
    »In der heutigen Schlussverhandlung«, begann er ernst, »soll
das mit großer Spannung erwartete Urteil gegen Zacharias Ziegler,
genannt Ziggy der Zigeuner, verkündet werden. Ist es der
Staatsanwaltschaft im Laufe der bisherigen Verhandlungstage gelungen,
Ziggy den Mord an Wilhelm Teilmeier, genannt Willy Teil nachzuweisen?
Wie wir schon zu früheren Anlässen berichteten …«
    Er fuhr zu dem dämlichen Beleuchter herum. »Herrgott, kannst
du das Ding nicht mal ruhig halten?«
    »Mir ist nicht gut«, sagte der Beleuchter. »Ich glaub, das
Fischbrötchen, das ich vorhin gegessen hab, war schlecht.«
    »Wenn du kotzen willst, sag das gleich«, erklärte
Schartenbrink freundlich. Der Beleuchter ließ sich nicht täuschen. Er
kannte diesen Blick. Wenn er jetzt sagte, oh, ja, danke Herby, und in
Richtung Herrentoilette verschwand, wäre er die längste Zeit in diesem
Team gewesen. Er würde auf Monate hinaus im Innendienst versauern.
    »Es geht schon«, sagte er.
    »Wie wir schon zu früheren Anlässen berichteten«, sagte
Schartenbrink in die Kamera, »steht Ziggy der Zigeuner im Verdacht, den
mutmaßlichen Drogendealer und Zuhälter Wilhelm Tellmeier getötet zu
haben, um ihn als unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen.
Bisher hat Ziggy der Zigeuner jedoch jegliche Beteiligung an der Tat
abgestritten.«
    Der Beleuchter gab ihm ein hektisches Zeichen.
    »Danke«, sagte Schartenbrink und drehte sich um.
    Sein geschultes Auge erfasste sofort den Kern des Geschehens.
Durch das Gedränge von sensationslüsternen Zuschauern,
Zeitungsreportern, Fotografen und uniformierten Wachleuten kam ein
grimmig
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