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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann
Autoren: Eva Völler
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betrachtete die im Schlaf geballten
Händchen und den feinen blonden Haarflaum. Der kleine Mund öffnete sich
zu einem unbewussten, flüchtigen Lächeln, dem Engelslächeln der
Neugeborenen, und Kleff, dem alten, gewieften, mit allen Wassern
gewaschenen Raubein, wären beinahe die Tränen gekommen.
    Er räusperte sich. »Herzlichen Glückwunsch auch noch«, sagte
er mit belegter Stimme.
    »Danke.«
    Er las den Namen auf dem rosa Schildchen am Kopfende des
Babybettchens. »Amanda. Schöner Name. Ich hatte mal einen Hund, der so
hieß.« Im selben Moment schien ihm aufzugehen, dass dieser Vergleich in
den Ohren einer stolzen jungen Mutter wohl nicht besonders erbaulich
klang, und hastig setzte er hinzu: »Nicht, dass ich damit sagen will,
dass es ein Hundename ist!«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Flora, ein Lächeln
unterdrückend. Wie kam es, dass der Typ auf einmal so menschlich auf
sie wirkte?
    »Ich bin sozusagen dienstlich hier«, sagte er, die Beine
übereinander schlagend. »Ich hoffe, dass Sie sich einer Unterhaltung
über … ähm, nun ja, Sie wissen schon … über die Sache
in der Bank gewachsen fühlen.«
    Es klang wie eine Frage, und Flora wusste, wenn sie Nein
gesagt hätte, wäre er aufgestanden, hätte sich höflich verabschiedet
und wäre gegangen. Um später wiederzukommen. Vielleicht in einer Woche,
vielleicht in zwei. Aber kommen würde er auf jeden Fall.
    »Ich bin schon wieder ziemlich fit«, erklärte sie
wahrheitsgemäß. »Und ich will's auch nicht rausschieben. Anton hat mir
klipp und klar gesagt, was noch auf mich zukommt.«
    Kleff nickte und spielte mit dem losen Gürtel seines
Trenchcoats, den er, wohl als Zugeständnis an die sommerliche Wärme,
offen trug. »Er hat Recht. Bankraub – auch
versuchter – ist kein Pappenstiel.«
    »Sind Sie gekommen, um mir das zu sagen?«
    »Nein. Erst mal möchte ich was klarstellen. Es stimmt, dass
ich sauer auf Herrn Dr. Winkler war. Zum Teufel, ich bin's immer noch.
Ich konnte Ziggys Freispruch nicht als sportlicher Verlierer nehmen.
Dafür war der Fall viel zu ernst. Ich bin seit vielen Jahren bei der
Kripo und weiß, was Sache ist. Hier ging es um Mord, um eiskalten,
grausamen Mord, nicht mehr und nicht weniger. Und Herr Dr. Winkler
wusste das verdammt genau, als er diesen Killer vor Gericht rauspaukte.
Ich gebe zu, es wäre mir ein Fest gewesen, Dr. Winkler wegen Bankraubs
dranzukriegen, doch mir war von Anfang an klar, dass das nicht sein
Ding ist.«
    Flora glaubte, sich verhört zu haben. Wie betäubt starrte sie
ihr Gegenüber an, als wollte Sie sagen: Sind wir denn ganz umsonst
geflohen? Haben wir all diese Strapazen für nichts und wieder nichts
auf uns genommen?
    Er schien ihre Gedanken zu lesen. »Es war ziemlich unüberlegt
von Ihnen, wegzulaufen. Völlig überflüssig. Schön, Sie wurden beide im
Zusammenhang mit dem Überfall gesucht, aber so, wie die Sache aussah,
wären Sie nach ein paar Vernehmungen wieder auf freien Fuß gesetzt
worden. Sie wegen Ihrer Schwangerschaft, und Herr Dr. Winkler, weil er
nichts damit zu tun hatte. Ich wollte ihnen das schon ein paarmal
gesagt haben, doch Sie hatten es ja jedesmal so eilig, wegzukommen. Ich
muss gestehen, dass es mich kränkt, für so dämlich gehalten zu werden.
Ich hatte gleich Xavier in Verdacht. Das verschwundene Video, die
Nummer mit der angeblichen Beteiligung von Herrn Dr. Winkler. Das war
doch von vorne bis hinten faul. Nur – ich konnte dem Kerl ohne
Ihre Aussage nichts beweisen! Tja, das haben ja dann Sie selbst in die
Hand genommen. Ich ahnte gleich, dass Sie beide mit ziemlicher
Sicherheit versuchen würden, ihm einzuheizen. Was Sie dann auch mit
Ziggys Hilfe getan haben.«
    Flora wurde rot. »Ich konnte doch nicht wissen …«
    »… dass Ziggy so übers Ziel rausschießen würde«, beendete er
ihren Satz. »Macht nichts. Dafür wussten wir es.«
    »Woher? Ich meine, woher wussten Sie überhaupt davon, dass wir
da draußen waren und was er vorhatte?«
    »Weil wir ihn abgehört haben«, sagte Kleff schlicht. »Wir
hatten Mikros im Wilden Weib, in seinem Wagen, in seinem Schlafzimmer.
Überall, wo er seine große Klappe aufgemacht hat.«
    »Ein Lauschangriff!«
    »So nennt man es heute.«
    Diese Neuigkeiten musste Flora erst verdauen. Wenn sie darüber
nachdachte, was sie alles durchgemacht hatte, und dieser Bulle hier
hatte die ganze Zeit über gewusst …
    »Sehen Sie es von der praktischen Seite«, meinte Kleff
versöhnlich, als hätte er abermals ihre Gedanken
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