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Ich muss dir etwas sagen

Ich muss dir etwas sagen

Titel: Ich muss dir etwas sagen
Autoren: Charles Foster
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brach einen Streit vom Zaun. Das schlimmste war, wenn sie sich in eisiges Schweigen hüllte. Seine Angst vor Traceys
    Reaktion war also nicht unbegründet.

    Verschweigen - eine Lösung?
    Also stellte Ronald sich einfach vor, welche Konsequenzen es hätte, wenn er seiner Frau die schlechte Nachricht gar nicht erst
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    überbrächte. Ihm war bald klar, daß er damit vielleicht
    durchkommen könnte. Es gab keine Möglichkeit, wie sie
    unabhängig von ihm in absehbarer Zukunft dahinterkommen
    konnte, denn wer würde es ihr sagen? Wenn er in Pension ging, wäre natürlich deutlich, daß er es nicht zum Firmenchef
    gebracht hatte, aber in der Zwischenzeit würde ihr zunächst nur auffallen, daß er nicht so schnell aufstieg, wie sie es gehofft hatte. Na und? Sie wußten ja beide, daß das Leben es einem nicht leicht macht. Es würde Jahre dauern, bevor sie
    dahinterkäme, daß seine Karriere ihren Höhepunkt erreicht
    hatte, aber inzwischen könnte sie annehmen, daß es schon
    irgendwie werden würde.
    Was wäre also so schlimm daran, dachte Ronald, wenn Tracey erst in zwanzig Jahren auffiele, daß er es nie in die oberste Etage geschafft hatte? Sein gegenwärtiges Stillschweigen machte ihm bedeutend weniger angst als ihre mögliche Reaktion, egal ob die Tatsachen ihn irgendwann in ferner Zukunft einholten.

    Verschweigen - der Preis
    Anfangs fiel es Ronald ziemlich leicht, die Angelegenheit zu verschweigen, aber schon bald mußte er einen ziemlich hohen psychischen Preis dafür bezahlen. Weil in seinen Augen nur ein schwacher Mann die Wahrheit verschweigt, begann sein
    Selbstrespekt zu bröckeln. Weil er sich nicht mehr voll
    respektieren konnte, wurde er depressiv und litt unter
    Schlaflosigkeit und Nervosität. Traceys Unterstützung, auf die er sich immer hatte verlassen können, blieb ihm versagt, denn sie wußte ja nichts von alledem. Und doch brachte ihn das nicht dazu, mit der unangenehmen Wahrheit herauszurücken.
    Dies ist kein Einzelfall, und auch die psychologische
    Entwicklung dürfte vielen von uns bekannt vorkommen. Je mehr das Schweigen uns belastet, desto größer wird auch die Angst, was geschieht, wenn wir schließlich die Wahrheit erzählen.
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    Angst ist in ihrer Wirkung oft widersprüchlich. Das
    Angstgefühl hat den entwicklungsgeschichtlichen Auftrag, uns zum Selbstschutz zu veranlassen, führt in der heutigen Welt aber oft dazu, daß wir uns verletzen. In Ronalds Fall mündete seine Konfliktscheu schließlich in die typische Katastrophe: Er
    verschwieg die Sache zu lang und platzte schließlich im
    ungünstigsten Moment und auf fürchterliche Weise damit
    heraus.
    Er hatte viele Monate lang geschwiegen und damit jede
    Chance verspielt, daß Tracey seine Offenheit und Ehrlichkeit honorieren würde. Das war so einfach gewesen, weil
    Verschweigen einlullt: Er hatte es Tracey nicht an dem Tag erzählt, wo er es selbst erfahren hatte, und da war es leicht, einen weiteren Tag zu warten und noch einen, und nachdem er eine Woche gewartet hatte, warum sollte er da nicht noch eine weitere warten oder einen Monat?

    Das Schweigen brechen
    Wenn wir etwas verschweigen, dann lastet es schwerer und
    schwerer auf uns, bis der Damm bricht.
    In einem Streit, ob sie ein neues Sofa kaufen sollten oder nicht, warf Tracey ihrem Mann vor, er sei geizig. Da platzte die schlechte Nachricht aus ihm heraus, wütend und vorwurfsvoll, so als könne er sich nur mit Gewalt seiner Schuld entledigen:
    „Ich gehe vernünftig mit Geld um und muß mir immer Sorgen
    machen, wie leichtfertig du es ausgibst. Ich verdiene kein Abteilungschefgehalt und werde es auch nie verdienen. Denkst du, es macht mir Spaß, daß meine Frau den Tatsachen nicht ins Auge sehen will?” Und er erzählte ihr die Wahrheit, die er so lange verschwiegen hatte.
    Tracey fiel natürlich aus allen Wolken, als sie sie hörte. Aber mehr noch als von der Nachricht war sie entsetzt von der Art, wie er sie vorbrachte - seine Worte, der Moment, der Mangel an
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    Offenheit, seine Rücksichtslosigkeit ihren Gefühlen und
    Bedürfnissen gegenüber. Wie reagieren? Nun, seine Worte
    waren anscheinend dazu angetan, Schuldgefühle zu wecken, und so reagierte sie entsprechend. Wer Vorwürfe und
    Anschuldigungen entkräften will, klagt meist selber an, und Tracey tat dies derart gekränkt und feindselig, daß sich eine enorme Kluft zwischen den beiden öffnete, die sie bis auf den heutigen Tag nicht überwunden haben.
    Nicht die schlechte Nachricht verursachte die
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