Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich muss dir etwas sagen

Ich muss dir etwas sagen

Titel: Ich muss dir etwas sagen
Autoren: Charles Foster
Vom Netzwerk:
streiten mit härtesten Bandagen um das Sorgerecht für ihr Kind. Als wir das Kino verließen, war mir bang ums Herz, daß es meiner Frau und mir ähnlich ergehen
    könnte, wenn wir nicht über die zunehmende Distanz zwischen uns redeten. Also gedachte ich, heldenhaft voranzuschreiten und mit meiner Wahrheit herauszurücken. Man hält sich leicht für einen Helden, wenn man endlich Mut gesammelt hat, die
    Wahrheit zu sagen, und in der Phantasie malt man sich aus, wie man die Welt, seine eigene Welt rettet.
    Ich dachte also weder darüber nach, wie ich meine Wahrheit gestehen sollte noch welche Worte wohl die besten wären oder was ich mit dem Geständnis bezwecken wollte. Ich überlegte mir auch nicht, wie meine Frau wohl darauf reagieren würde, was es aus ihrer Sicht bedeuteten könnte oder was daraus
    werden würde, nachdem es im Mahlstrom ihrer Gefühle
    gelandet und zu etwas völlig anderem geworden war. In meiner Einfalt ließ ich's einfach drauf ankommen. Als wir nach dem Film wieder zu Hause waren, bat ich sie also, sich zu setzen, und sagte, was wohl alle in einer solchen Situation sagen: „Du, ich muß dir etwas sagen. Ich weiß nicht, wie man das am besten macht, also sag ich's einfach, wie es ist.” Und dann legte ich los.
    Heute weiß ich, daß es meinem Selbstbild als ehrlicher
    Mensch keinen Abbruch getan hätte, mir zuvor zu überlegen, was ich ihr im einzelnen sagen wollte und wie das auf sie
    wirken würde. Nur kannte ich damals natürlich keines der
    Prinzipien, wie man es beiden Beteiligten in einer derartigen Situation leichter machen kann, mit der unangenehmen
    Wahrheit umzugehen.

    -20-
    Wirres Zeug
    Ich hätte die Angelegenheit kaum schlechter formulieren
    können. Ich weiß zwar nicht mehr, welche Worte ich im
    einzelnen benutzte, aber ich plapperte unentwegt weiter und erzählte meiner Frau eine nebulöse und wirre Version dessen, was eigentlich geschehen war. In ihren Augen mußte das
    allerdings ziemlich verdächtig aussehen, denn ich schwitzte ganz erheblich bei dem Versuch, es als eine Kleinigkeit
    darzustellen. Ich weiß nur noch, daß mein Geständnis etwa so bei ihr angekommen ist: „Bin ich nicht großartig, weil ich dir gestehe, daß ich mich zu einer anderen Frau hingezogen fühlte.
    Es sieht vielleicht schlimm aus, weil mir mein Geständnis
    offensichtlich enorme Schwierigkeiten bereitet, aber du solltest es als eine unbedeutende Lappalie betrachten, denn so sehe ich die Angelegenheit. Und jetzt, wo ich dir alles gestanden habe, möchte ich das Ganze so schnell wie möglich vergessen, damit alles wieder wird, wie es früher war.”
    Aus all meinen Worte sprach der reinste Egoismus, ganz
    abgesehen von den Schutzbehauptungen, die ich aufstellte. In meiner sogenannten Beichte beweihräucherte ich mich selber und fand es beeindruckend, daß ich die Geschichte überhaupt zur Sprache brachte.
    So gab ich ihr zu verstehen, daß sie dies eigentlich nur damit honorieren konnte, indem sie mich sofort und vollkommen
    verstand und alles akzeptiere. Um meine heldenhafte Ehrlichkeit noch weiter zu demonstrieren, erwähnte ich noch ein kleines Detail, wie die Betreffende und ich uns nämlich einmal zum Abschied auf dem Treppenabsatz umarmt hatten, was den
    Verdacht meiner Frau natürlich noch mehr schürte.

    Faktisch feige
    Dabei erzählte ich ihr nicht einmal, worum es eigentlich ging.
    Ohne es zu wollen, vergrößerte und verlängerte ich den Schaden
    -21-
    mit meiner wirren und verdrehten Version des Geschehenen.
    Meine Beziehung zu einer anderen sah intensiver aus, als sie in Wirklichkeit war.
    Anfangs ließ ich eine Menge Details weg, die ich meiner Frau erst später erzählte, weil ich dachte, es ihr so leichter zu machen.
    Heute weiß ich, daß das ganz typisch ist: Man verdreht und minimiert den unangenehmen Teil der Wahrheit. Aber das
    Gegenteil ist richtig: Wie die Wahrheit de facto lautet, muß kristallklar sein und genauso rüberkommen.
    Indem ich mich selber schützen wollte (welch eine Ironie!), sorgte ich für maximale Schwierigkeiten. So versäumte ich
    beispielsweise, mich bei meiner Frau zu entschuldigen, weil ich das Ganze als Lappalie abtun wollte. Ich dachte irgend etwas Dummes, wahrscheinlich: „Wenn ich mich nicht entschuldige, wird sie begreifen, daß es nichts gibt, wofür ich mich
    entschuldigen müßte. Sie wird mir zugute halten, daß ich die Wahrheit sage, und mich nicht beschuldigen, etwas Schlechtes getan zu haben, was ja auch nicht geschehen ist.” Weil ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher