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"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)

Titel: "Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
Autoren: Susanne Mahlstedt
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ich dieses Jahr noch einen guten 6 Tagelauf in Antibes (Frankreich) mit über 800 Kilometern absolvieren. Im Hinterkopf habe ich immer das Gefühl, ich muss alles in das Laufjahr 2011 packen, da ich Angst habe, dass ich gesundheitlich wieder so eingeschränkt bin, dass ich nicht mehr laufen kann, was hoffentlich nicht mehr passiert.

Katja Dierks
Gruß an die Sportlehrer
    Im Grunde ist ein Diamant auch nur ein Stück Kohle, das die nötige Ausdauer hatte.
    Was für ein schönes Sprichwort und wie gut passt es zum Laufen! Ich kam zum Laufen, nachdem ich bei einer Kur jeden Morgen auf dem Deich walken musste und dabei feststellte, wie gut mir das tat. Wieder zuhause walkte ich also auch durch den Wald. Allerdings war das 2004 und da waren in unserer Gegend noch gar keine Walker unterwegs. Außerdem war mir das irgendwann zu langsam, also versuchte ich, zwischendurch mal ein paar Minuten zulaufen. Es ging erstaunlich gut!
    Ich gehörte in der Schule zu den Kindern, denen in 13 Jahren sämtliche Sportlehrer jegliches Talent absprachen. Bis auf Schwimmen wurde der Sportunterricht damit zum Horror und ich war glücklich, dass mich nach der Schule niemand mehr zum Sport zwingen konnte. Bis auf gelegentliches Schwimmen habe ich meine sportlichen Aktivitäten dann auch 15 Jahre eingestellt und meinen Körper geschont.
    Bei meinem Übergang vom Walken zum Laufen schaffte ich es jedenfalls innerhalb kürzester Zeit auch eine halbe Stunde durchzulaufen, ohne hinterher zusammenzubrechen oder unter tagelangem Muskelkater zu leiden. Da mein Leben mit einem todkranken Mann und zwei kleinen Kindern nicht ganz einfach war, brauchte ich diese halbe Stunde am Abend, um abzuschalten, in Ruhe nachzudenken,Dampf abzulassen und mich wieder auf mein Leben einlassen zu können.
    Irgendwann bin ich dann das erste Mal mit ein paar Freundinnen bei einem kleinen Volkslauf über fünf Kilometer gestartet und siehe da: Ich war nicht die Langsamste!!! Welch’ eine Erfahrung nach den Pleiten in der Schule! Das war endlich eine Bestätigung, dass es einen Sport gibt, in dem ich mich nicht völlig blamiere. Nun wollten meine Freundinnen einen Lauf mit acht Kilometern ins Visier nehmen. Meine Angst davor, länger als eine halbe Stunde zu laufen, und die beschränkten Möglichkeiten, in der dunklen Jahreszeit abends zu laufen, führten dazu, dass ich mir mal einen Verein angucken wollte.
    Von der Fußball-Mannschaft meines Sohnes kannte ich eine Mutter, die auch im Verein lief, also war ich da nicht völlig fremd. Babysitter organisiert und auf ging es. Da waren alle unglaublich nett und bemüht und ganz normal. Keine vom Ehrgeiz zerfressenen, asketischen Hungerhaken, sondern fröhliche normale Menschen allen Alters. Ich hatte von Anfang an nicht das Gefühl, dass sich jetzt irgendjemand irgendetwas verkneifen muss, nur um mich Schnecke nicht allein laufen zu lassen. In dem Verein bin ich bis heute, habe viele gute Freunde gefunden und möchte die Gemeinschaft beim Laufen nicht mehr missen. Jedenfalls bin ich dann natürlich auch die acht Kilometer im Wettkampf gelaufen, später dann zehn und fünfzehn. Alles hielt ich vorher für unüberwindbare Hürden. Meine Kinder wurden größer, mussten schnell lernen, wie man Mama auf dem Handy anruft, und damit wuchs auch mein Bewegungsradius.Als ich dann anfing, mit MP3-Player zu laufen, war mir nach zehn Kilometern auch nicht mehr so langweilig.
    Irgendwann habe ich im Fernsehen den Hamburg-Marathon gesehen und dabei einige aus unserem Lauftreff entdeckt. In mir wuchs die Frage, ob ich das wohl auch könnte. Ich ließ mir von unserem Trainer einen Trainingsplan aufstellen und suchte nach einem nicht so großen Stadtmarathon im Herbst. Bremen sollte es sein. Das war nicht so weit weg und nicht so groß, dass mich schon das Drumherum überfordern konnte. Und so lief ich im Herbst 2006 meinen allerersten Marathon. Der Trainingsplan gab mir die notwendige psychologische Sicherheit, es schaffen zu können. Die letzten fünf Kilometer taten weh. Aber auf der Ziellinie zeigte ich in Gedanken sämtlichen Sportlehrern den Stinkefinger.
    Im Ziel fiel ich unserem Lauftreff-Leiter heulend in die Arme und schwor, dass ich mir das nie wieder antun würde. Seine Lebensgefährtin stand daneben und sagte: „Das sagt man immer und tut es dann doch wieder. Das ist wie Kinderkriegen!“ Wie recht sie hatte. Ich lief danach noch vier Marathons, immer schön mit Hilfe des Trainingsplans. So weh getan wie der erste hat keiner mehr.
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