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Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman

Titel: Ich koch dich tot: (K)ein Liebes-Roman
Autoren: Ellen Berg
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beiden solltet euch treffen. Ich glaube, ihr hättet euch eine Menge zu erzählen.«
    Vivi schoss das Blut ins Gesicht, dann lief sie einfach davon. Sie fühlte sich schuldig. Hatte sie denn komplett den Verstand verloren, die Visitenkarte anzunehmen? Egal, wie dumpfbackig Werner gewesen war, sie würde sich eisern zurückhalten, was Männer betraf. Wie eine Nonne. Das war sie ihrem Gatten schuldig. Und ihrem Ruf.
    Als sie zu Berthold Seitz ging, dem Rechtsanwalt, Notar und langjährigen Kegelbruder von Werner, hatte sie das Gefühl, auf Zuckerwatte zu laufen. Ob das am Wein lag oder an diesem verwirrend attraktiven Richard, war nicht mit Sicherheit zu sagen.
    Berthold Seitz war ein rüstiger Herr Anfang sechzig, der sich ein paar schüttere Resthaare über die Halbglatze geklebt hatte. Wie immer war der Jurist die Würde in Person. Kein Stäubchen bedeckte seinen gut geschnittenen schwarzen Anzug, eine perlgraue Krawatte schimmerte mit seinem Siegelring um die Wette.
    Er erhob sich und deutete einen Handkuss an, als Vivi ihn ansprach. Nun ja, unter Umständen sei er bereit, die Familiedes teuren Verblichenen noch am selben Tag zur Testamentseröffnung zu empfangen, sagte er leicht herablassend. Falls sein wohlgefüllter Terminkalender es erlaube, fügte er blasiert hinzu.
    Er zog ein Notizbuch mit einem Einband aus Krokoleder hervor und blätterte eine Weile darin. Schließlich klappte er das Notizbuch zu. Um vier Uhr, aber bitte pünktlich, seine Zeit sei kostbar. Vivi war alles recht. Hauptsache, sie brachte diese Dinge schnell hinter sich.
    »Ich hoffe, es schmeckt Ihnen?«, fragte sie, weil sie sich immer für das leibliche Wohl ihrer Gäste verantwortlich fühlte, selbst hier, im Restaurant.
    »Nun ja«, Berthold Seitz verzog den Mund. »Das Lokal entspricht in etwa meinem kulinarischen Niveau.«
    Hallo? In welchem Universum lebt der denn?, dachte Vivi. Tafelt der sonst in Sterneschuppen, oder was?
    »Auf den Genuss der Vorspeise musste ich jedoch verzichten, denn es waren Haselnüsse darin«, fuhr der Anwalt fort und hob leicht theatralisch die Hände. »Ich leide unter einer schweren Haselnussunverträglichkeit, ein allergischer Schock könnte mich töten!«
    Vivi war perplex. »Wie furchtbar! Hätte ich das geahnt …«
    »Nun, darüber müssen Sie sich nicht Ihr hübsches Köpfchen zerbrechen«, versicherte Berthold Seitz. »Dank meiner Geistesgegenwart habe ich mich zurückgehalten.«
    »Gott sei Dank«, seufzte Vivi. »Dann muss ich mir also keine Sorgen machen?«
    Der Notar betrachtete sie leicht von oben herab. Er war bekannt für seine Arroganz, denn er bildete sich mächtig was darauf ein, Abkömmling einer ebenso alteingesessenen wievermögenden Wiesbadener Familie zu sein. Da trug man die Nase eben etwas höher als Normalsterbliche.
    »Durchaus nicht, meine Liebe. Also um vier, man sieht sich.«
    Vivi nickte ihm zu, dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Platz. Komischer Kauz, dieser Seitz. Ziemlich abgehoben. Er war einer der ältesten Freunde von Werner gewesen. Fragte sich nur, wie belastbar diese Freundschaft war, wenn es um das Testament ging. Soweit Vivi wusste, war die Kumpanei mit Werner eher eine Zweckgemeinschaft gewesen, die Berthold Seitz eine Menge Steuern erspart hatte. Damit war es nun vorbei.
    Bevor sie sich setzte, machte sie halt bei ihrer Tante Elfriede. Die alte Dame wirkte leicht exzentrisch mit ihren lilafarbenen Haaren und dem schwarzen Spitzenkleid, das mit mehreren Perlenketten behängt war. Sie hatte rote Bäckchen vor Aufregung.
    »Danke für die Einladung, mein Kind«, sagte sie und tätschelte Vivis Wange. »Sehr bedauerlich, Werners Tod – auch wenn er mir, wie du weißt, nie sonderlich sympathisch war. Aber du wirst darüber hinwegkommen. Schau mich an: Ich habe vier Männer überlebt und bin erst mit dem fünften glücklich geworden. Auch auf dich wartet das Glück. Du musst es nur beim Schopfe packen.«
    Vivi fragte sich zum ersten Mal, ob Tante Elfriedes Männer wohl alle eines natürlichen Todes gestorben waren. Selbst jetzt, mit vierundneunzig, sah sie aus, als hätte sie es faustdick hinter den Ohren.
    »Geht es dir gut?«, fragte Vivi.
    Ihre Tante lächelte wehmütig. »Du weißt ja, in meinem Alter hat man nicht mehr viel Abwechslung. Besuch mich docheinmal, wenn du Lust hast. Koblenz ist nur einen Katzensprung entfernt.«
    »Mach ich, ganz bald«, versprach Vivi.
    Tante Elfriede war immer ihre Lieblingstante gewesen. Werner hatte sie nicht gemocht, und so
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