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Ich klage an

Titel: Ich klage an
Autoren: Ayaan Hirsi Ali
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Ehrenmorde wird, unter dem Druck von Vertretern muslimischer Organisationen, von der Justiz nicht registriert, weil sich ihr Anhang womöglich verletzt fühlen könnte. Die Riaggs (die regionalen Institute für ambulante Psychiatrie) und andere Zentren für Sozialpsychologie wissen, wie die Psychiaterin Carla Rus in den Tageszeitungen Trouw und De Volkskrant geschrieben hat, daß zahlreiche muslimische Mädchen Inzestopfer sind, zu Heiraten gezwungen oder/und von ihren Vätern in ihre Heimatländer geschafft werden, um dort ermordet zu werden. Die verborgene Agenda der konservativen Sprecher muslimischer Organisationen ist dieselbe wie an islamischen Schulen: niederländischen Muslimen freie Hand über muslimische Mädchen und Frauen zu geben. Diese organisierten Frauenfeinde billigen den stillen Konsens, der auch in islamischen Ländern gilt, nämlich daß es Sache der Familie ist, wie sie mit ihren Töchtern und Frauen umgehen will. Wenn deren Verhalten auch nur in entferntester Weise die Ehre der Familie in Frage stellt, dürfen Väter, Brüder oder andere Männer selbst entscheiden, was sie mit ihnen tun. Die Texte des Korans dienen nicht nur als Rechtfertigung für die Gewalt gegen Frauen, sondern auch dazu, das Gewissen der Täter und der passiven Zuschauer zu beschwichtigen. Weil die Heiligen Schriften über jede Kritik erhaben sind, gelingt es den Wortführern der muslimischen Organisationen sowohl in den Niederlanden wie außerhalb, den Geist und die Praxis der Frauenunterdrückung aufrechtzuerhalten.
    Der Kern der ganzen Angelegenheit ist, daß die meisten muslimischen Männer die Art und Weise, wie sie Frauen behandeln, nicht als »Unterdrückung«, »Mißhandlung« oder »Mord« verstehen, sondern als eine gerechte Antwort auf das Verhalten dieser Frauen. Die muslimische Frau weiß, was sie darf und was verboten ist. Wenn sie sich dafür entscheidet, durch ihr Verhalten die Vorschriften zu mißachten, folgt die Strafe auf dem Fuß. Die Worte Marmouchs, daß es »abgesehen von Exzessen nicht so besonders schlecht um die Stellung der Frauen in der islamischen Welt bestellt ist«, sprechen hier für sich.
    Ich habe auch Reaktionen von Muslimen erhalten, die meinen, daß ich den negativen Seiten des Islam zuviel Aufmerksamkeit schenke. Sie fragen sich, warum ich mich nicht über die Intoleranz im Judentum und im Christentum aufrege. Ihre Schlußfolgerung lautet: Es geht dir nicht um die Verbesserung der Stellung der Frau, sondern darum, den Islam in ein schlechtes Licht zu setzen.
    In der Tat sind auch in der Bibel und im Talmud frauenfeindliche Texte zu finden. Es ist eine Tatsache, daß in den Niederlanden (und anderswo auf der Welt) christliche Gemeinschaften leben, welche ihre Heiligen Schriften genauso wörtlich nehmen wie mancher Muslim den Koran. Auch sie vertreten eine Sexualmoral, die der des Scharialandes Saudi-Arabien wie ein Ei dem anderen gleicht. Auch diese Gruppe behandelt Frauen schlecht, lehnt jeglichen Fortschritt ab und ist intolerant gegenüber Homosexuellen.
    Aber es ist schade, daß diese muslimischen Kritiker ihre vergleichenden Untersuchungen nicht zu Ende führen. Denn dann würden sie herausfinden, daß die Zahl der Wortklauber in der jüdischen und der christlichen Welt um ein Vielfaches kleiner ist als in der islamischen Welt. Der christliche und jüdische Gott ist gezähmt und ins private Gewissen seiner Anhänger verbannt. Heutzutage wird er »Liebe« oder sonst etwas genannt, und seine Jünger haben die Hölle abgeschafft.
    Die Gemeinschaft von christlichen und jüdischen Gläubigen hat den Zugriff auf das Individuum verloren. Die Priester, Pfarrer und Rabbiner haben das nicht aus freien Stücken getan. Die Gewissensfreiheit des einzelnen, die Suche nach Wissen und die Beherrschung der Natur wurden schwer errungen. Ein Kampf, der mit Worten angefangen hat.
    Die meisten in ursprünglich jüdisch-christlichen Ländern geborenen Frauen können ruhig allein auf die Straße gehen, ihnen steht dieselbe Bildung zu wie Männern, sie ernten die Früchte ihrer Arbeit, sie entscheiden selbst, mit wem sie ihr Leben teilen, sie bestimmen über ihre sexuellen Bedürfnisse und darüber, ob sie Kinder bekommen und wie viele. Die meisten Frauen jüdischer oder christlicher Herkunft reisen um die Welt, kaufen sich ihre eigenen Häuser oder Wohnungen und haben noch anderen Besitz. Natürlich trifft das nicht für jede von ihnen zu, aber wohl für die Mehrheit. Es gilt jedoch nur für eine sehr
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