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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt
Autoren: Kristan Higgins
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einen Fingernagel ab, ruinierte meine Schuhe und war über und über mit Schlamm und Wagenschmiere besudelt.
    Niemand hielt an, um zu helfen. Kein einziger verdammter Wagen. Es fuhr noch nicht mal jemand langsamer. Fluchend, unter der Grausamkeit der Welt leidend, aber auch ein bisschen stolz, dass ich allein einen Reifen gewechselt hatte, kletterte ich zähneklappernd und mit blauen Lippen wieder ins Auto. Auf der Rückfahrt dachte ich nur noch an ein heißes Bad, einen heißen Grog, meinen Flanellpyjama und die neue Folge von Project Runway im Fernsehen. Stattdessen erwartete mich eine weitere Katastrophe.
    Alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass Angus, mein West Highland Terrier, sich durch die Kindersicherung der frisch gestrichenen Schranktür gefressen, den Mülleimer herausgezogen, umgekippt und das zweifelhafte Hühnchen gefressen hatte, das ich am Morgen weggeworfen hatte. Die Zweifel waren nun allerdings ausgeräumt – das Hühnchen war definitiv schlecht gewesen. Mein armer Hund hatte es mit solcher Vehemenz wieder von sich gegeben, dass meine Küchenwände bis obenhin mit Hundekotze bespritzt waren – ein Klecks gelbgrüner Galle hatte es bis auf das Ziffernblatt meiner Fritz-the-Cat-Uhr geschafft. Eine Spur noch feuchten Hundedurchfalls führte ins Wohnzimmer, wo ich Angus ausgestreckt auf dem frisch gereinigten pastellfarbenen Orientteppich liegen sah. Mein Hundrülpste laut, bellte kurz und wedelte inmitten all der stinkenden Auswürfe schuldbewusst und voller Liebe mit dem Schwanz.
    Keine Badewanne. Kein Tim Gunn in Project Runway . Kein steifer Grog.
    Was das alles mit einem ausgedachten festen Freund zu tun hat? Nun ja, während ich den Teppich mit Bleichmittel und Wasser schrubbte und versuchte, Angus seelisch auf das Zäpfchen vorzubereiten, zu dem der Tierarzt geraten hatte, stellte ich mir Folgendes vor:
    Ich fuhr gerade nach Hause, als mir der Reifen platzte. Ich hielt an, nahm mein Handy, palaver, palaver, bla, bla, bla. Aber was war das? Ein Wagen fuhr langsamer und blieb hinter mir stehen. Genauer betrachtet, war es ein … ah, ja, es war ein umweltfreundliches Hybrid-Auto mit, oh, einer Arztplakette! Ein guter Samariter in Gestalt eines groß gewachsenen, schlanken Mannes Mitte bis Ende dreißig näherte sich meinem Wagen. Er beugte sich zu meinem Fenster hinunter, und da war er … der Moment, in dem du jemanden ansiehst und … Kabumm ! Du weißt einfach: Er ist es!
    In meiner Fantasie nahm ich das Hilfsangebot des guten Samariters an. Zehn Minuten später hatte er das Ersatzrad montiert, den geplatzten Reifen im Kofferraum verstaut und mir seine Visitenkarte gegeben. Wyatt Soundso, Dr. med., Kinderchirurgie. Ah!
    „Rufen Sie mich an, wenn Sie zu Hause sind, damit ich weiß, dass alles gut gegangen ist, okay?“, bat er mich lächelnd. Kabumm! Während ich mich am Anblick seiner attraktiven Grübchen und langen Wimpern ergötzte, kritzelte er noch seine Privatnummer auf die Rückseite.
    Mit dieser Vorstellung war das Saubermachen bedeutend angenehmer.
    Natürlich war mir völlig klar, dass kein freundlicher, gut aussehender Arzt meinen Reifen gewechselt hatte. Es war einfach eine Art gesunder Realitätsflucht, okay? Nein, es gab keinen Wyatt (den Namen hatte ich schon immer gemocht – er klang gewichtig und edel). Leider Gottes war so ein Typ zu gut,um wahr zu sein. Ich lief auch nicht herum und erzählte von dem Kinderarzt, der mir den Reifen gewechselt hätte, natürlich nicht! Nein. Wie schon gesagt, war das nur meine ganz private, kleine Bewältigungsstrategie. Schon seit Jahren hatte ich keinen erfundenen Freund mehr öffentlich präsentiert.
    Bis vor Kurzem.

1. KAPITEL
    U nd so hat Lincoln mit diesem einen Gesetz den Lauf der amerikanischen Geschichte verändert. Er war einer der meistgehassten Politiker seiner Zeit, trotzdem hat er die Einheit der Union bewahrt und gilt heute als einer der bedeutendsten Präsidenten, die unser Land je hatte. Und vielleicht je gehabt haben wird.“
    Ich hatte mich in Fahrt geredet. Wir nahmen gerade den Sezessionskrieg durch, und dies war mein Lieblingskurs. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schienen allerdings im Freitagsnachmittagskoma zu liegen. Tommy Michener, an den meisten Tagen mein bester Schüler, starrte sehnsüchtig auf Kerry Blake, die sich genüsslich streckte, um Tommy mit dem Anblick dessen zu quälen, was er nicht haben konnte, und gleichzeitig Hunter Graystone IV. einzuladen, es sich zu nehmen. Parallel dazu senkte Emma Kirk
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