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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg
Autoren: Peter Messner
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zehn Pilger gereicht hätten. Dazu zwingt sie jeden von uns, mindestens einen Sonderwunsch abzugeben.
    Die einzigen anderen Gäste sind das deutsche Pärchen Klaus und Martina aus München, mit denen wir uns noch gemütlich unterhalten. Die beiden machen nur einen kleinen Abschnitt durch Galicien als herbstliche Wandertour.
    Der zweite Tag auf dem Jakobsweg bringt auch die ersten Wehwehchen für meine beiden Neupilger: Charlotte tut heute Abend die linke Leistengegend weh und Beate hat Muskelverhärtungen in den Waden. Mal sehen, wie es morgen läuft. Als erfahrener Pilger, aber vor allem natürlich als Familienvater, habe ich ja jetzt auch Verantwortung. Bis vorgestern war ich nur mir selbst und meinen Füßen wirklich verpflichtet. Die Unterstützung bei den Pilgerfreunden ist ja nun eineganz andere Ebene der Gemeinsamkeit.
    Wenn nun jemand von uns Dreien nicht mehr weiter könnte, müssten wir einiges über den Haufen werfen und organisieren.
    Verabscheuungswürdiges hasst der Herr; alle, die ihn fürchten, bewahrt er davor. Jesus Sirach 15, Vers 13

36. Tag von O Biduedo nach Sarria
    Mit 30 Kilometern vor uns und dem weiteren steilen Abstieg aus dem Cebreiro-Gebiet haben wir heute eine echte Leistung abzuliefern. Mein Bruder Stefan hat sich kurzfristig aus Deutschland als Mitpilger angekündigt und will uns heute im Raum Sarria treffen. Das wird jetzt eine richtige Familienzusammenführung, und ich freue mich, das Abenteuer Jakobsweg mit meiner Familie teilen zu können. Aber ob wir heute tatsächlich mit den leicht hinkenden Damen satte 30 Kilometer weit kommen, wage ich morgens doch stark zu bezweifeln. Wir bleiben daher auch heute in der Zielsetzung flexibel. Bei strahlendem Sonnenschein wird es ab mittags zudem bis zu 27 Grad warm, kündigt die Vorhersage uns an.
    Nach einem erneut liebevoll aufgetischtenFrühstück mit frischem Kuhstallgeruch in unserem Übernachtungsbauernhof geht es auf die Piste über Triacastela und San Xil nach Sarria. Der Weg führt durch tief ausgeschnittene Hohlwege, dichte Wälder und über grüne Weiden. Manchem Bauern stapfen wir durch den Misthaufen. Wie seinerzeit im Mittelalter führen die Wege von Hof zu Hof -aber nicht wie heute drumherum, sondern eben mitten hindurch.
    In Triacastela hatte ich vor drei Jahren meinen einwöchigen Schnupper-Camino begonnen und erkenne sogar einiges wieder. Selbst der aggressive Schäferhund bei einer Lagerhalle am Ortsausgang hat brav auf mich gewartet. Guter Hund. 2008 hatte der Köter mir einen gehörigen Schrecken eingejagt, als er plötzlich wild bellend von links hinten auf mich zurannte. Erst im letzten Augenblick wurde er von seiner langen eisernen Kette in den verdienten Würgegriff genommen. Und er wollte ganz bestimmt nicht nur spielen. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade ein paar Hundert Meter weit gepilgert - noch ohne Wanderstock und Taschenmesser. „Das fängt ja toll an“, dachte ich mir. Als Erstes ging ich also nach dieser Beinahe-Attacke an den nächsten Waldrand und brach mir einen brauchbaren Knüppel aus dem Gebüsch. Ironischerweise war der Versuch des reizenden Tierchens der beliebten „Der-tut-nix“-Klasse mich zu zerfetzen, dann der einzige auf meinem ganzen Weg. Den kräftigen und gut in der Hand liegendenWanderstock, den ich abends in Sarria kaufte, habe ich nur noch zum Pilgern nutzen müssen. Es hat auch sonst kein guter Katholik versucht, mir meine schmutzige Unterwäsche abzunehmen.
    Mit Eintreffen in Triacastela habe ich den Jakobsweg also insgesamt ein Mal komplett absolviert - und ich freue mich auf die verwunschene Landschaft, die vor uns liegt. Die erste Etappe nach Sarria hatte ich damals in sehr sportlicher Manier absolviert, weil ich keine Lust hatte, nach dem Eintreffen in dem kleinen Örtchen Triacastela den ganzen Nachmittag zu verbringen. In gut vier Stunden wetzte ich zu meinem ersten Etappenziel. Meine Muskeln und Gelenke straften mich dafür in den darauffolgenden Tagen mit grobem Bewegungsschmerz. Anfängerfehler. Heute wird es genussvoller.
    Beim Einkauf in der Apotheke des Ortes werde ich wieder mal Opfer spanischer Unfreundlichkeit: Ich betrete als einziger Kunde den Laden. Aus dem abgedunkelten Hintergrund erscheint eine kleine, dickliche junge Frau im weißen Kittel. Nach dem „Buenos Dias“ frage ich freundlich, ob sie vielleicht ein bisschen Englisch spreche. Sie verzieht keine Miene und sagt mit versteinertem Antlitz nur ein Wort: „Espagnol!“.
    Denken hilft hier zwar, nützt aber
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