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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
Autoren: J Karnick
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Bauherren fast pleite waren, weil keine Versicherung einspringt, solange unklar ist, wer einen Schaden verursacht hat.
    Ich habe Geschichten gehört von Handwerkern, die großes Unheil anrichteten, ohne eine gültige Haftpflichtversicherung zu haben. Manche hatten gar keine abgeschlossen, andere hatten schon seit Monaten keine Beiträge mehr gezahlt, sodass der Versicherungsschutz erloschen war. Die Bauherren sahen niemals einen Cent Schadensersatz, denn die Handwerker hatten tatsächlich kein bisschen Geld oder meldeten den Konkurs ihrer Firma an, um einer Zahlung zu entgehen.
    Und ich habe von Schwachköpfen gehört, die ihr Haus zum Teil von Schwarzarbeitern sanieren ließen. Statt das Haus zu sanieren, ruinierten die Schwarzarbeiter es: Weil Schwarzarbeit illegal ist, blieben die schwachköpfigen Bau herren auf dem kompletten Schaden sitzen. Gegenüber Handwerkern, die auf einer Baustelle offiziell gar nicht beschäftigt wurden, hat man keinerlei rechtliche Handhabe.
    Im Vergleich zu diesen Geschichten sind zwei voll versicherte Wasserschäden der reinste Kinderkram.
    Ich habe mich endgültig verabschiedet von der Vorstellung, es gäbe das makellose Haus. Die fehlende Fuge an der Türzarge im Gäste- WC : Ach ja, könnte besser aussehen, aber schließlich sieht man sie nur, wenn man auf dem Klo sitzt. Der graue Fleck, den die Maler beim Pinselauswaschen am weißen Außenputz hinter dem Außenwasserhahn hinterlassen haben: Wir hatten schon größere Sorgen. Die dicke Kerbe in der Innenseite der schwarzen Haustür, die plötzlich da war, nachdem zwei verschiedene Firmen im Haus gearbeitet hatten: Man wird niemals herausfinden, wer das war, wir werden den Schaden auf eigene Kosten beheben lassen müssen, irgendwann – wenn nicht mehr ständig Handwerker kommen und gehen, um irgendetwas zu reparieren oder zu verschönern und zum Ausgleich an anderer Stelle etwas kaputt oder dreckig zu machen.
    Die Idee, im Bad eine nicht zu öffnende Lichtkuppel einzubauen, war keine von Sarahs brillantesten Ideen: Seit es draußen kalt ist und das Badezimmerfenster nicht mehr ständig auf Kipp steht, seit also beim Duschen der Wasserdampf nicht mehr sofort abzieht, sondern aufsteigt, seitdem hängen ständig Wassertropfen im Inneren der Kuppel. An der Seite der Kuppel rinnt das Kondenswasser den Deckenputz hinunter, der deswegen ständig feucht ist und erste Schimmelspuren zeigt. Ich bin nicht böse deshalb. Von Herrn Krummwinkel weiß ich: Jeder macht mal einen Fehler. Von Sarah weiß ich: Es wird sich eine Lösung finden.
    Sarah hatte gesagt – als wir wieder einmal auf der Baustelle saßen und das unfertige Haus betrachteten –, das Schöne und das Schwierige an der Architektur sei, dass jedes neu entworfene Gebäude einmalig sei.
    »Ich bin immer wieder total gespannt und aufgeregt. Jedes neue Haus ist für mich wie ein neues Kind«, hatte Sarah gesagt und einen Schluck Jägermeister genommen. »Und wie bei einem Kind muss man sich bei einem neuen Haus in den ersten Jahren auf ein paar Kinderkrankheiten gefasst machen. Prost.«
    Ich werde sie trotz der Kinderkrankheiten unseres Hauses zu meinem nächsten Geburtstag einladen.
    Manche Fehlplanung haben wir uns selbst zuzuschreiben. Dass die Küchentheke nicht nur der Lieblingsfrühstücksplatz der Kinder werden, sondern auch dazu führen würde, dass sie mich wie eine Bardame behandeln, hatte ich nicht bedacht. Ich stehe im Bademantel hinter der Theke und schmiere Schulbrote, die Arbeitsplatte schimmert matt silbern, am einen Ende steht eine Vase mit Blumen, am anderen Ende sitzen meine Kinder nebeneinander auf den beiden E-Bay-Barhockern: »Einen Nutella-Toast, bitte«, sagt meine Tochter.
    »Und für mich noch einen Orangensaft«, sagt mein Sohn.
    »Hier liegt ein Missverständnis vor«, sage ich. »Nur weil ich hinter einem Tresen stehe, bin ich nicht dazu da, euch zu bedienen.«
    »Ach, bitte!«, sagen meine Kinder. »Das ist so gemütlich.«
    Und wer zwei knallgelbe Pendelleuchten mit knallgelben Lampenkabeln kauft, um sie über den Esstisch zu hängen, der vor dem großen Schiebefenster zur Terrasse steht, der kommt nicht darauf, dass im Sommer die Fliegen in Scharen in die Küche fliegen, um sich auf den gelben Kabeln niederzulassen – und draufzuscheißen.
    Im Bad wäre eine Steckdose mehr nicht schlecht gewesen.
    Das allermeiste in unserem Haus gefällt mir ausnehmend gut. Viele Details begeistern mich täglich, weil sie ebenso praktisch wie schön sind: die Trennwand
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