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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
Autoren: J Karnick
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Brille, einem Fotoapparat und einem Notizblock und stellte fest, dass der komplette Holzfußboden durch den Wasserschaden im Kinderbad beschädigt worden war. Danach kam der Estrichexperte mit einem Messgerät und stellte fest, dass der Estrich im Obergeschoss immer noch zu feucht war.
    In den Herbstferien kam der Trockentechniker und stellte seine Trockengeräte im Obergeschoss ein zweites Mal auf. Weil der Holzfußboden ohnehin nicht zu retten war, bohrte er überall und mitten in den Zimmern Löcher hinein, in die er seine Schläuche steckte. Mein Mann hat die Löcher gezählt.
    »Vielleicht sollten wir doch mit Golf anfangen?«, hat mein Mann vorgeschlagen. »Wo wir jetzt Eigentümer eines Einundzwanzig-Loch-Indoorgolfplatzes sind.«
    Während die Trockner in den Herbstferien das Obergeschoss nachtrockneten, wurde das vier Monate alte Linoleum im Erdgeschoss herausgerissen und neues verlegt. Währenddessen haben wir auf Kosten der Haftpflichtversicherung noch einmal zwei Wochen Urlaub gemacht – auf einem Bauernhof in Schleswig-Holstein für sechzig Euro pro Nacht. Wir haben viel geschlafen. Bevor das Linoleum ausgetauscht werden konnte, musste ein Umzugsunternehmen kommen und das Erdgeschoss räumen. Alle Möbel und Gegenstände, die auf dem Boden standen, wurden eingelagert. Bevor das Erdgeschoss geräumt werden konnte, musste der Tischler kommen und die Einbauschränke und die Fußblenden in der Küche ausbauen. Der Trockenbauer war auch da und hat den Trockenbauschacht in der Küche abgerissen und neu gebaut. Nachdem das Linoleum erneuert worden war, kamen die Maler und haben die Wände neu gestrichen, dann kam der Tischler und hat die Einbauschränke wieder eingebaut, danach kamen die Umzugsleute und haben unsere Sachen wieder ausgepackt.
    Nach der zweiten Trocknung ist nun auch der Boden im Obergeschoss trocken. Das Kinderbad könnte jetzt neu gefliest werden, aber der Fliesenleger meldet sich nicht. Der Austausch der Holzdielen wird inklusive Ein- und Auszug mit allen Vor- und Nacharbeiten doppelt so lange dauern, wie der Austausch des Linoleums gedauert hat, also vier Wochen.
    Mein Mann kann nicht mehr als vierzehn Tage Urlaub am Stück nehmen. Er ist dafür, dass wir im Februar in eine Hamburger Ferienwohnung ziehen, damit wir die Sache hinter uns haben. Ich würde auch bis zu den nächsten Sommerferien warten und zum Beispiel nach Südfrankreich ziehen: Es eilt ja nicht. Man kann sehr gut leben in einem Haus mit integriertem Golfplatz und fehlenden Fußleisten. Man merkt das nach einer Weile gar nicht mehr. Es gibt wirklich Schlimmeres.
    Ich weiß das, denn ich habe in den letzten Monaten viele sehr schlimme Geschichten gehört. Die beliebteste Methode, einem verzweifelten Menschen Trost zu schenken, ist die, ihm klarzumachen, dass es noch viel schlimmer hätte kommen können. Mir haben in den letzten Monaten viele Leute Trost geschenkt, Freundinnen und Freunde, Verwandte, Nachbarn, Kollegen, Bekannte, Handwerker.
    Ich habe die Geschichte gehört von den Bauherren eines Doppelhauses, deren eigene Hälfte nach ein paar Jahren zehn Zentimeter ins Erdreich abgesackt ist. Ich habe die Geschichte gehört von einer Familie, um deren Fenster herum bei Regen Feuchtigkeit eindrang. Als endlich die Ursache gefunden worden war, war es zu spät: Sämtliche Fensterstürze waren von Schimmel befallen, die befallenen Flächen mussten wie bei einem kariösen Zahn großräumig aus der Wand gebohrt und erneuert werden. Ich habe die Geschichte gehört von einer Familie mit vier Kindern, in deren Neubau wenige Tage nach dem Einzug ein Abwasserrohr platze. Weil die Gefahr bestand, dass das Abwasser das Frischwasser verunreinigen könnte, musste die Familie binnen vierundzwanzig Stunden evakuiert werden.
    Eine Freundin erzählte mir die Geschichte eines Bauingenieurs, der sein eigenes Haus entworfen hatte. Er wollte ein ultramodernes Haus, gebaut aus Betonfertigwänden, die außen unverputzt bleiben sollten. Als das Haus fertig gebaut war, entdeckte jemand, dass sämtliche Wände verkehrt herum aufgestellt worden waren – mit den Innenseiten nach außen. Das Haus war sozusagen auf links gedreht worden. Seitdem geben sich Gutachter die Klinke in die Hand, um eine Lösung zu finden, um den Schaden zu bemessen, um den Schuldigen auszumachen.
    Ich habe Geschichten gehört von Architekten und Handwerkern, die sich nach einem Schaden gegenseitig die Verantwortung in die Schuhe schoben, bis die Sache vor Gericht landete und die
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