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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Tahereh H. Mafi
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von Castle selbst erfahren. Haben Sie Geduld. Ich verspreche Ihnen, dass wir Ihre Fragen beantworten werden.«
    »Aber was ist mit Adam? Und wo ist James –?«
    »Mann.« Winston streicht sich durch die Haare. »Sie sind echt hartnäckig, was?«
    »Es geht ihm gut, Juliette«, wirft Kenji ein. »Er muss sich noch erholen. Du musst uns vertrauen. Niemand wird dir, Adam oder James etwas zuleide tun. Den beiden geht es gut. Alles ist gut.«
    Ich bin mir nicht sicher, ob mich diese Aussage wirklich zu beruhigen vermag.
    Wir marschieren durch Gänge mit glatten Steinböden und unverputzten Wänden. Beleuchtet wird diese unterirdische Welt von kreisförmigen Strahlern im Boden. Ab und an sehe ich durch halb geöffnete Türen Computer und allerlei technische Gerätschaften.
    »Woher bekommt ihr den Strom für diese ganze Maschinerie?«, frage ich mit einem Blick auf die surrenden, unidentifizierbaren Geräte und die flackernden Bildschirme.
    Kenji, der hinter mir geht, zupft mich an den Haaren. Ich fahre herum. »Wir stehlen ihn«, sagt er grinsend. Weist mit dem Kopf auf einen schmalen Gang. »Hier lang.«
    Ältere und jüngere Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft sind in den Fluren unterwegs. Manche starren uns an, manche beachten uns nicht weiter. Einige von ihnen tragen die seltsame Uniform, die mir am Vorabend aufgefallen ist.
    »Sind hier alle so angezogen?«, flüstere ich und deute möglichst unauffällig auf die Vorbeigehenden.
    Kenji kratzt sich am Kopf. Antwortet dann nach einem Zögern: »Nicht alle. Und nicht immer.«
    »Und du?«, frage ich.
    »Heute nicht.«
    Ich habe seine ausweichenden Antworten satt und frage: »Wann erklärst du mir endlich, wie deine Wunden so schnell heilen konnten?«
    »Bald«, antwortet Kenji ungerührt. »Wir werden dir ganz viel erklären.« Wir biegen in einen weiteren Gang ab. »Aber zuerst« – Kenji bleibt vor einer massiven Holztür stehen – »will Castle dich kennenlernen. Er hat dich schließlich da rausholen lassen.«
    » Rausholen lassen –?«
    »Ja.« Einen Moment lang wirkt Kenji verlegen.
    »Augenblick mal – was soll das heißen –«
    »Ich bin nicht durch Zufall bei der Armee gelandet, Juliette.« Er seufzt. »Es war auch kein Zufall, dass ich vor Adams Tür abgelegt wurde. Angeschossen und halbtot geprügelt zu werden war zwar nicht Bestandteil des Plans, aber das ist nun mal passiert. Allerdings hat mich nicht irgendein Fremder zu euch gebracht.« Er grinst. »Ich wusste immer, wo Adam wohnt. Das war Teil meiner Aufgabe.« Er hält inne. »Wir alle haben dich gesucht.«
    Meine Kinnlade hängt wohl irgendwo bei meinen Knien und meine Augenbrauen an der Decke.
    »Geh da rein.« Kenji schiebt mich durch die Tür. »Wenn er bereit ist, wird er sich zeigen.«
    »Viel Glück«, sagt Winston noch.
    1320 Sekunden vergehen, bevor er den Raum betritt.
    Castle bewegt sich bedächtig. Sein Gesicht ist ausdruckslos, während er seine Dreadlocks im Nacken zusammendreht und sich niederlässt. Er ist dünn, sehnig, trägt einen schlichten Anzug. Dunkelblau. Weißes Hemd. Keine Krawatte. Sein Gesicht wirkt glatt, aber in seinen Haaren schimmert eine silbrige Strähne, und in seinen Augen liegt das Wissen von 100 Jahren. Er muss in seinen Vierzigern sein. Ich schaue mich um.
    Die Schlichtheit und Leere des Raums wirken beeindruckend. Boden und Decke bestehen aus Ziegeln. In die unverputzten Wände sind kleine Monitore eingebaut, Strahler erhellen den höhlenartigen Raum, der trotz der modernen Technologie etwas Altes, Ehrwürdiges ausstrahlt. Ich weiß nicht, weshalb ich hier bin und was mich erwartet. Und ich habe keine Ahnung, was für ein Mensch Castle ist, aber nach meinen Erfahrungen mit Warner versuche ich mir keine großen Hoffnungen zu machen. Ich merke nicht mal, dass ich unwillkürlich die Luft angehalten habe, bis Castle spricht.
    »Ich hoffe, Ihr bisheriger Aufenthalt verlief zu Ihrer Zufriedenheit?«
    Ich schaue auf, begegne seinem Blick. Seine Stimme klingt samtig und kraftvoll. In den dunklen Augen sehe ich aufrichtige Neugierde und eine Spur Erstaunen. Ich habe vergessen, wie man spricht.
    »Kenji hat gesagt, Sie wollten mich sehen« ist das Einzige, was mir einfällt.
    »Das ist richtig.« Er lässt sich mit allem Zeit. Atmet ruhig. Setzt sich bequem hin. Betrachtet mich prüfend, legt zwei Finger an die Lippen, erwägt seine Worte genau. Die Zeit scheint ihm untertan zu sein. Das Wort Ungeduld kommt in seinem Vokabular nicht vor. »Ich habe …
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