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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Tahereh H. Mafi
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Geschichten gehört. Über Sie.« Er schmunzelt. »Ich wollte nur wissen, ob sie wahr sind.«
    »Was haben Sie gehört?«
    Als er lächelt, schimmern seine Zähne blendend weiß wie Schnee, der auf die braunen Hügel seiner Haut fällt. Er öffnet seine Hände. Betrachtet sie einen Moment. Schaut auf. »Sie können einen Mann durch Berührung töten. Sie können mit der Hand meterdicke Betonwände zerschmettern.«
    Ich klettere auf einen Berg aus Luft und rutsche dabei immer wieder aus. Muss mich irgendwo festhalten.
    »Ist das wahr?«, fragt er.
    »Gerüchte können großen Schaden anrichten.«
    Er schaut mich lange an. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen«, sagt er dann.
    »Und ich möchte, dass meine Fragen beantwortet werden.« Ich kann das nicht mehr ertragen. Will mich nicht in trügerische Sicherheit einlullen lassen. Ich will wissen, ob es Adam und James gut geht. Solange ich davon nicht überzeugt bin, werde ich niemandem vertrauen. Ich kann nicht so tun, als sei alles in Ordnung. Noch nicht. »Ich will wissen, ob mir hier tatsächlich nichts passieren kann«, sage ich. »Und ich will wissen, ob das auch für meine Freunde gilt. Wir sind mit einem zehnjährigen Jungen hier angekommen, und ich möchte ihn sehen. Ich muss wissen, ob es ihm gut geht. Andernfalls lasse ich mich auf gar nichts ein.«
    Castle betrachtet mich forschend. »Ihre Loyalität ist erfreulich«, sagt er, und es klingt aufrichtig. »Sie passen gut hierher.«
    »Meine Freunde –«
    »Ja. Natürlich.« Er steht auf. »Kommen Sie mit.«
    Diese unterirdische Stadt ist noch viel größer, als ich angenommen hatte. Man kann in zig Richtungen gehen, und es gibt zahllose Räume, die unterschiedlichen Zwecken dienen.
    »Der Speisesaal«, erklärt Castle mir unterwegs.
    »Die Schlafräume.« Im Trakt gegenüber.
    »Die Trainingsstudios.« In diesem Gang.
    »Die Aufenthaltsräume.« Hinter einem Durchgang.
    »Die Badezimmer.« Am anderen Ende des Flurs.
    »Die Versammlungsräume.« Hinter dieser Tür.
    Überall wimmelt es von Leuten, die mit ganz verschiedenen Tätigkeiten befasst sind. Einige lächeln erfreut und winken, als sie uns bemerken. Alle schauen Castle an, der ihnen zunickt. Sein Blick ist gütig und bescheiden, sein Lächeln freundlich und aufmunternd.
    Er ist der Anführer dieser Bewegung , hatte Kenji gesagt. All diese Menschen erwarten mehr von Castle, als nur hier zu überleben. Dieser Ort ist nicht nur ein Atombunker oder ein Unterschlupf. Hier arbeitet man in einer Gemeinschaft. Und hat ein Ziel.
    »Willkommen«, sagt Castle mit ausladender Handbewegung, »in Omega Point.«

46
    »Omega Point?«
    »Der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Die höchste Entwicklung, das letzte Element.« Er bleibt vor mir stehen. Erst jetzt bemerke ich das Omega-Zeichen hinten auf seiner Jacke. »Wir sind die einzige Hoffnung, die unserer Zivilisation geblieben ist.«
    »Aber wie – mit so wenigen Menschen – wie können Sie gegen –«
    »Wir sind schon lange am Werk, Juliette.« Castle spricht zum ersten Mal meinen Namen aus. Seine Stimme ist kraftvoll und gelassen. »Wir arbeiten schon seit Jahren an unserer Strategie. Der Zusammenbruch unserer menschlichen Gesellschaft kam nicht überraschend. Wir haben ihn selbst zu verantworten.
    Die Frage war nicht, ob irgendwann alles kollabieren würde«, fährt er fort, »sondern wann . Man musste nur abwarten, wer die Macht an sich reißt. Angst«, sagt er und dreht sich beim Gehen einen Moment zu mir um, »motiviert enorm.«
    »Das ist erbärmlich.«
    »Ist es. Und deshalb sehe ich es als Teil meiner Aufgabe an, die verzagten Herzen, die jede Hoffnung aufgegeben haben, wieder zum Schlagen zu bringen.« Wir biegen in einen anderen Korridor ab. »Und ihnen klarzumachen, dass alles Lüge ist, was ihnen über den Zustand unserer Welt erzählt wurde.«
    Ich bleibe abrupt stehen. »Was soll das heißen?«
    »Dass die Zustände nicht annähernd so schlimm sind, wie das Reestablishment uns einreden will.«
    »Aber es gibt nicht genug zu essen –«
    »Die Lebensmittel werden gehortet und versteckt.«
    »Das Vieh –«
    »Wird auf geheimen Weidegründen gehalten. Und genmanipuliert.«
    »Aber die Luft – die Jahreszeiten – das Wetter –«
    »Auch das ist nicht so schlimm, wie die Propaganda uns weismachen will. Zwar ist das vermutlich das einzige echte Problem – aber es ist entstanden durch den perversen Umgang mit Mutter Erde. Solange die Schäden von Menschen verursacht wurden, können wir sie
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