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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
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Am besten also, Sie machen sich’s gemütlich, Mädchen, und warten, bis Seine Lordschaft zurück is’.“
    Mit der Decke unter dem Arm verließ ihr Entführer den Raum, bei dem es sich, wie Jessica verwundert feststellte, um die Bibliothek eines Gentleman handeln musste. Eine sehr große und gut ausgestattete Bibliothek obendrein, aber der Halunke hatte von seinem Auftraggeber ja auch als von „Seiner Lordschaft“ gesprochen. Sie versuchte sich zu erinnern, welche Herren mit Titel zu ihrem Bekanntenkreis zählten – außer Benedict natürlich, der mit dieser Sache hier nichts zu tun haben konnte –, und kam zu dem Schluss, dass die einzigen beiden – Lord Covenham und Lord Middleton – zu beschränkt waren, um an so etwas wie eine Entführung auch nur zu denken.
    Für eine Weile versuchte sie sich einzureden, dass es sich bei der ganzen Geschichte um eine Verwechslung handeln müsse und sie befreit wäre, sobald sich der Irrtum herausstellte, doch dann wurde ihr klar, dass man sie angesichts der drohenden Strafe auch in einem solchen Fall kaum gehen lassen würde. Es blieb also allein ihr überlassen, sich aus ihrer misslichen Situation zu befreien.
    Nachdem sie den Beschluss gefasst hatte, genau dies zu versuchen, entledigte sie sich ihres verbliebenen Slippers und schlich zur Tür, die sie zu ihrer Überraschung unverriegelt vorfand. Sie zog sie vorsichtig auf und hörte von irgendwo zu ihrer Rechten die Stimmen ihrer Entführer. Anscheinend hatten sie es für überflüssig befunden, sie einzuschließen, da sie sich in der Nähe aufhielten.
    Jessica glitt aus dem Raum und sah, dass die beiden Gauner mit dem Rücken zu ihr in der Nähe des Eingangs standen – vermutlich in Erwartung des Hausherrn, jener ominösen „Lordschaft“, von der der Pockennarbige gesprochen hatte.
    Mit angehaltenem Atem schlich Jessica den Korridor hinunter auf eine mit grünem Filz bespannte Tür zu, von der sie sicher war, dass sie, genau wie in der Residenz ihrer Familie in der Dover Street, ins Souterrain führte, wo die Küche und die Wirtschaftsräume lagen. Von dort aus pflegte in den meisten Häusern, die sie kannte, ein separater Ausgang ins Freie zu führen, und wenn sie Glück hatte, durfte sie darauf hoffen, auf diesem Wege zu entkommen.
    Den Blick unablässig auf die beiden Entführer gerichtet, öffnete sie die Tür einen Spalt weit und schob sich hindurch. Wie erwartet, stand sie auf dem Podest einer schmalen Stiege, die ins Untergeschoss führte. Munteres Klappern von Töpfen und Pfannen drang an ihr Ohr, begleitet vom unmelodischen Gesang einer Frau. Ob sie ungesehen an der Sängerin vorbeikommen würde, blieb abzuwarten. Jessica kreuzte ihre Finger und ging so leise sie konnte die Stufen hinunter.
    Sie stand bereits vor der Tür, die ins Freie führte, als eine erstaunte Stimme aus der Spülküche zu ihrer Rechten sie zu Tode erschrocken zusammenfahren ließ.
    „Na, wenn das nicht die freundliche junge Dame aus Gunter’s Teestube ist! Wie um alles in der Welt kommen Sie denn in meine Küche, meine Liebe?“
    „Mrs. Barrowman!“, keuchte Jessica fassungslos, als sie die dralle Köchin erkannte. Ihr Blick flog zum Ausgang, und sie fragte sich, ob sie es wagen sollte, einfach loszustürmen. „Wie … wie geht es Ihnen?“
    „Sie müssen ein bisschen lauter sprechen, mein Lämmchen.“ Die Hände in die Seiten gestemmt, trat Mrs. Barrowman näher und beäugte ihre unerwartete Besucherin mit sichtlicher Verwunderung. „Ich bin nämlich ein wenig schwerhörig. Du lieber Himmel“, setzte sie dann kopfschüttelnd hinzu. „Sie sehen ja aus, als hätte man Sie rückwärts durch die Hecke geschleift!“
    Manch wahres Wort wird im Scherz gesprochen, dachte Jessica trocken und warf einen bangen Blick die Treppe hinauf. „Ein kleines Missgeschick“, sagte sie und bemühte sich, so deutlich wie möglich zu sprechen, ohne die Stimme allzu sehr zu erheben. „Ich hatte gehofft, dass ich durch diese Tür hier auf die Straße gelange.“
    Als Mrs. Barrowman daraufhin entschieden den Kopf schüttelte, verließ Jessica für einen Moment der Mut, bis die rundliche kleine Frau erklärte: „So, wie Sie aussehen, kann ich Sie unmöglich nach draußen lassen, meine Kleine. Kommen Sie erst einmal mit mir, damit ich Ihnen etwas zum Überziehen geben kann.“
    Sie ergriff Jessica beim Arm und zog sie zu einem Garderobenständer im hinteren Teil des Flurs. „Wohl wieder eine der unguten Possen meines Herrn, nehme ich an“,
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