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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg!
Autoren: Agnes Hammer
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Klingeln.
    Sebastian meldete sich nach dem zweiten Tuut an meinem Ohr. Er klang, als hätte er auf meinen Anruf gewartet.
    „Hier ist Julie“, sagte ich. „Du wolltest …“
    „Ja, ja, genau!“
    „Ich habe geschlafen, hab schlecht geträumt.“ Ich wollte ihm von meinem Traum erzählen, doch er unterbrach mich.
    „Ich glaube, ich weiß, wer hinter dem Stüpp steckt.“
    „Was?“, fragte ich laut, dann dachte ich daran, dass Frau Teichert vielleicht wach war und mich hören könnte. „Wer? Und warum hast du heute Nachmittag …?“, redete ich leiser weiter.
    „Jasmina“, sagte Sebastian. Nur diesen Namen sagte er und ich wartete vergeblich darauf, dass er mir erklären würde, dass meine beste Freundin ihm irgendwas erzählt hätte, was ihn auf die Identität des Stüpp gebracht hätte. Aber ich hörte nur, wie Sebastian schwer atmete.
    „Stüpp war der Name von Jasminas Hund“, erklärte Sebastian leise. „Den hatten wir, als wir klein waren.“
    „Das kann nicht sein“, sagte ich. „Vielleicht ist das nur ein Zufall, kann doch sein, oder?“
    Sebastian erwiderte erst mal nichts.
    „Ich weiß nicht, was ich glauben soll“, sagte er. „Ich weiß es einfach nicht.“
    Ich dachte angestrengt nach. Frau Teicherts Hand bewegte sich zu ihrer Nachtklingel hin. Das Lämpchen über ihrem Bett schimmerte rot.
    „Kannst du morgen blaumachen? Frau Teichert ist wach“, flüsterte ich. „Vielleicht können wir uns dann mal in Ruhe … Ich muss jetzt erst mal nachdenken.“
    „Okay, ja. Ich komme morgen früh zu dir.“
    „Nein, ich nehme den Bus und komme zu euch. Vielleicht …“
    Die Krankenschwester stand als Schattenriss im hellen Rechteck der Tür. Ich schob das Handy unter die Bettdecke und wartete mit geschlossenen Augen, bis Frau Teichert ihre Schmerzmittel geschluckt hatte. Danach kam die Schwester zu meinem Bett. Obwohl ich die Augen geschlossen hatte, spürte ich ihren prüfenden Blick auf meinem Gesicht. Dann hörte ich, wie sie sich auf leisen Sohlen entfernte. Die Tür klappte zu. Ich zog das Handy wieder hervor und kontrollierte das Display. Aber Sebastian hatte schon aufgelegt.
    Jasmina, dachte ich und wollte es nicht glauben.
    SEBASTIAN
    An diesem Morgen mussten meine Eltern pünktlich um acht an ihren jeweiligen Schulen sein, Jasmina fand ihren Schal nicht und überhaupt war so viel Hektik, dass es von keinem in meiner Familie besonders beachtet wurde, als ich behauptete, ich sei krank.
    „Schreibst du heute nicht die Mathearbeit?“, fragte mein Vater, während er korrigierte Tests in seine Tasche stopfte.
    „Nein, übermorgen.“
    „Liebeskrank?“, fragte Jasmina augenzwinkernd und durchstöberte dann den Garderobenschrank in der Diele.
    Ich schwieg, ging wieder die Treppe hoch und legte mich ins Bett. Wieso tat sie so, als sei nichts? Ich konnte mit Jasmina kein Wort reden. Entweder war sie wirklich der Stüpp oder ich war ein echtes Arschloch, weil ich sie verdächtigte. Ich zog die Bettdecke bis zu den Ohren. Ich hatte sie sogar noch bei Julie, ihrer besten Freundin, angeschwärzt. Wenn ich mich irrte, was würde dann Julie von mir denken?
    Dann hörte ich, wie meine Mutter zu mir heraufrief, dass sie jetzt weg seien. Im Haus war es schlagartig still.
    Es würde so oder so zu einer Katastrophe kommen. Das stand jetzt schon fest.
    Ich ging erst mal duschen und zog mich an. Dann trank ich den Rest Kaffee, der noch in der Thermoskanne war. Er war widerlich bitter. Ich machte den Fernseher an und blieb bei der Wiederholung einer Arztserie hängen. Die Folge kannte ich schon. Wann würde Julie wohl kommen? Sie musste abwarten, bis die Schüler sich in ihre Schulen verteilt hatten. Vorher konnte sie nicht zum Busbahnhof. Gegen halb neun kam immer ein Bus und hielt an der Abzweigung zur Förstersiedlung.
    Julie klingelte und drückte sich gegen die Haustür. Wahrscheinlich wollte sie hier nicht gesehen werden. Sie war ohne ihre Krücke unterwegs.
    „Komm rein“, sagte ich. Ohne darüber geredet zu haben, gingen wir die Treppe hinauf bis zu Jasminas Zimmertür. Julie humpelte ziemlich stark. Wir hielten beide die Köpfe gesenkt, damit wir uns nicht ansehen mussten.
    „Na, dann!“, sagte ich und machte die Tür auf. Anscheinend hatte Jasmina auch hier nach ihrem Schal gesucht. Die Schranktüren standen offen und Jasminas Klamotten hingen wie bunte Zungen von den Regalbrettern herunter. Das Bett war nicht gemacht. Auf dem Schreibtisch türmten sich Papierstapel, einer in
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