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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg!
Autoren: Agnes Hammer
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zurechtrückte und einschlief. Ich blieb einen Moment stehen und betrachtete unsere herbstlichen Gärten.
    Da knackte etwas zwischen den hohen Stämmen, da war etwas, das auf mich wartete. Ich rutschte aus, rappelte mich wieder auf und rannte weiter, an unseren Häusern vorbei. Ich hatte Angst, aber ich war schnell, ich war schneller als das, was mir da auflauerte. Die kleine Straße tat sich wie ein Tunnel vor mir auf, und ich durfte nicht stehen bleiben, das wusste ich einfach. Ich lief weiter und weiter, meine Füße machten klatschende Geräusche auf dem Teer. Wieder knackte etwas zwischen den Stämmen. Über mir rauschte es durch die Wipfel. Vielleicht war es nur ein Vogel oder eine Fledermaus? Oder war ich in einem meiner Träume? Ich rannte weiter, inzwischen hatte ich Seitenstechen, doch ich musste weiter. Vorne, dort wo die kleine Straße die Bundesstraße kreuzte, war ein blendendes Licht. Dort musste ich hin.
    THOMAS
    Ich fuhr nachts am liebsten. Das Radio spielte alte Hits und zwischen den Musikstücken hieß es stets: „Keine Staus im Sendegebiet.“ Ich trat auf das Gaspedal. Mein Fernlicht schnitt ein überschaubares Stück Straße aus dem Wald heraus. Mehr brauchte ich nicht zu sehen. Endlich Urlaub, endlich mal Ruhe, die ganze Nacht fahren, dann frühstücken, schlafen, während meine Kollegen im Büro saßen. In einer Stunde wäre ich schon auf der Autobahn, im Morgengrauen schon im kleinen Ferienhaus meiner Eltern am Strand. Ich mochte die Nordsee im Herbst, wenn es ruhiger wurde. Das graue Meer, der graue Strand. Ich träumte vor mich hin, ließ den Wagen rollen und summte mit dem Radio.
    Etwas sprang zwischen den Bäumen hervor. Ein Reh? Ich trat auf die Bremse und krallte meine Hände um das Lenkrad. Mit einem dumpfen Schlag rollte etwas über die Kühlerhaube und die Windschutzscheibe und verschwand dann wieder aus meinem Blickfeld.
    Was war das gewesen? Bestimmt ein Tier, dachte ich. Nur ein Tier.
    Als ich anhielt, sah ich zunächst einmal gar nichts. Ich lief zurück bis zur Unfallstelle, rief „Hallo, hallo!“ und konnte nichts erkennen. Ich setzte mich wieder in mein Auto, legte den Rückwärtsgang ein und ließ den Wagen ein paar Meter rückwärtsrollen, doch das kam mir zu gefährlich vor. Was war, wenn ich etwas überfuhr? Nach hinten hatte ich keine gute Sicht.
    Ich wendete vorsichtig das Auto, setzte die Scheinwerfer wie Suchlichter ein und im gleißenden Fernlicht sah ich ein dünnes langes Bein. Jeanshosen. Nein, nein, nein! Der Rest des Körpers lag im Dunkeln. Bitte nicht!
    Ich sprang aus dem Auto, rannte zu dem Bein hin, und jetzt konnte ich sie auch hören. Sie wimmerte. Es war eine Frau, eher ein Mädchen. Ich war erleichtert, denn das hieß, dass sie lebte.
    Jetzt nur nicht die Nerven verlieren! Sie lebte!
    Ich lief wieder zurück, drückte den roten Knopf der Warnblinkanlage, riss das Handy aus seiner Freisprechhalterung, wählte die 112 und dann war ich wieder bei dem Mädchen am Straßenrand.
    Sie wimmerte immer noch und schien Angst vor mir zu haben, denn sie wich meiner Hand aus.
    „Nein!“, keuchte sie. Alkoholdunst hüllte sie ein.
    „Keine Angst“, sagte ich. „Keine Angst!“
    Sie wich mir aus, versuchte, von mir wegzurutschen.
    „Kannst du aufstehen?“, fragte ich. „Soll ich dir helfen?“
    Dann meldete sich endlich der Notruf. Nerven behalten, sagte ich zu mir selbst. Sie spricht, sie scheint große Schmerzen zu haben. Ich erklärte, was geschehen war, so ruhig und gelassen, wie ich konnte. Der Mann vom Notruf stellte präzise Fragen, eine nach der anderen. Ich nannte die Bundesstraße. Versprach, die Unfallstelle zu sichern.
    Das Mädchen sagte jetzt auch etwas.
    „Was?“, fragte ich sie. Ich beugte mich näher an ihren Mund heran.
    „Ecke Förstersiedlung“, sagte sie leise. Ich gab diese Angabe durch mein Handy weiter. Dann warteten wir.
    Am besten, du haust ganz ab!
    belle1203
    JULIE
    Im Innenraum des Rettungswagens war es gleißend hell. Jemand leuchtete mit einer kleinen Taschenlampe in meine Pupillen und erst als er „Gehirnerschütterung“ murmelte und die Lampe zufrieden ausknipste, konnte ich sehen, dass er höchstens Mitte zwanzig war.
    „Hast du was getrunken?“, wollte eine andere Stimme wissen.
    Ich nickte.
    „Aber reichlich, oder?“, fragte der mit der Taschenlampe.
    Ich nickte nochmals. Mein Kopf tat dabei ziemlich weh. Überhaupt war jede Bewegung schmerzhaft. Dabei konnte ich mich auf dieser Trage kaum rühren. Ich
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