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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg!
Autoren: Agnes Hammer
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stellten die Instrumente in den Flur. Der Tisch war schon gedeckt – eigentlich die Aufgabe von Jasmina und mir – und es gab Kohlrouladen, eines meiner Lieblingsessen. Unsere Mutter machte die selten, weil sie behauptete, dass das ganze Haus tagelang nach dem Kohl stinken würde.
    Wir aßen, dann räumten wir zusammen die Spülmaschine ein. Jasmina putzte den Herd und ich spülte die Töpfe ab.
    „Sebi ist verliebt“, summte sie dabei und natürlich auch: „Verliebt, verlobt, verheiratet.“ Wie in der Grundschule, aber es war ironisch gemeint. Sie stupste mich mit ihren nassen Fingern an.
    Komischerweise wurde ich ganz aufgeregt und gut gelaunt, so als dürfe sich die Verliebtheit jetzt, wo es außer mir noch Jasmina wusste, ausbreiten und mich überschwemmen.
    Dann setzte ich mich an meine Hausaufgaben für Mathe. Ich hatte sie für die letzte Stunde schon vergessen und der Klein hatte mich mit einer Sechs für nicht erbrachte Leistungen – so nannte er das – bedroht. Es war höllisch viel und ich schrieb und rechnete eine Seite nach der anderen voll.
    Kurz vor Mitternacht klingelte unser Telefon. Julies Mutter meldete sich.
    „Ist Julie noch bei euch?“, fragte sie. „Sag ihr, sie soll nach Hause kommen.“
    „Aber sie ist gar nicht hier.“
    „Wo denn dann?“, fragte Sandra. „Wollte sie nach der Probe noch woandershin?“
    „Ich weiß es nicht.“ Die Haare auf meinen Armen stellten sich auf. Da unsere Heizung nachts nicht lief, war es ziemlich kalt in meinem Zimmer, aber das war es nicht, was mich plötzlich frieren ließ.
    „Warum hat sie ihr Handy ausgestellt? Was soll das denn?“ Auch Sandra klang besorgt, obwohl sie das zu verstecken versuchte.
    „Hat sie nach der Probe nichts gesagt? Gar nichts?“
    „Nein“, sagte ich. Das war irgendwie die Wahrheit, aber andererseits auch nicht. Ich wusste nicht, wie ich ihr erklären sollte, was auf der Probe passiert war.
    „Oh Gott!“, sagte Sandra. „Ich weiß nicht, was ich noch machen soll.“
    „Rufen Sie die Polizei an“, sagte ich, und Julies Mutter sagte „Ja“, so als hätte sie nur darauf gewartet, dass ihr jemand diesen Rat gab. „Das sollte ich tun.“
    Sie legte auf, ohne sich zu verabschieden. Ich blieb vor meinen unerledigten Matheaufgaben sitzen, das Telefon in beiden Händen haltend, und mir war so schlecht, dass ich am liebsten gekotzt hätte. Ich wählte Julies Handynummer, aber da war nur ihre Stimme, die sagte, ich solle ihr eine Nachricht aufs Band sprechen.
    „Bitte, Julie, ruf mich an“, sagte ich nach dem Piepston.
    Dann legte ich auf und schaute wieder auf das karierte Papier meines Mathehefts. Wie ein Automat schrieb ich die nächste Aufgabe ab, doch ich hatte keine Ahnung, was ich da rechnen sollte. Ich nahm noch einmal das Telefon und hörte mir Julies Stimme auf der Mailbox an.
    Was will die denn, das nimmt doch keiner ernst!
    marme84
    JULIE
    Wir waren an den Häusern der Förstersiedlung vorbeigegangen, dann weiter durch den Buchenwald bis zu dem alten Forsthaus.
    Lisa und ich hatten wenig miteinander gesprochen. Sie hatte mehrmals versucht, ein Gespräch zu beginnen, aber ich hing meinen eigenen Gedanken nach und da ließ mich Lisa in Ruhe.
    Jetzt erst, nach dem Angriff, konnte ich darüber nachdenken, was überhaupt passiert war, und ehrlich gesagt, ich konnte es nicht fassen. Es kam mir – und ich konnte das nur immer wieder denken – unglaublich vor, wirklich nicht zu glauben. Dass Ela mich tätlich angriff. Dass Alina und Isabelle ganz selbstverständlich mitmachten.
    Ich wusste, ich hätte wütend werden müssen, Wut hätte mich so weit gebracht, dass ich mich gewehrt hätte. Aber da, wo ich früher so ein Gefühl wie Wut in mir vermutet hatte, war gar nichts. Ich hätte einen Stein in dieses Nichts werfen können und hätte wahrscheinlich keinen Aufschlag gehört. Vielleicht hatte ich eine Art Schock. Mit Lisa wollte ich nicht über diese Gefühle sprechen. Die Gedanken drehten sich in meinem Kopf wie auf einem Kinderkarussell, einer nach dem anderen, immer wieder dieselben, bis wir zum Forsthaus kamen.
    Die hölzerne Haustür war nicht abgeschlossen. Lisa warf sich mit der Schulter dagegen und schon standen wir in einem dunklen, muffig riechenden Flur. Eine völlig überladene Garderobe stand wie ein Gespenst vor uns. Aus dem Zimmer rechts drang ein schwacher Lichtschein.
    „Ich hab Besuch mitgebracht“, rief Lisa und es wirkte wie eine Warnung an ihre Mutter.
    „Kommt rein! Ich warte
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