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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier
Autoren: Lore Pittacus
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Henri.« Ich sehe ihn an. »Aber die Schule liegt vor uns, und dort wird bald Sam sein.«
    Seine Reaktion verblüfft mich: Er lächelt. Dann greift er nach meiner Schulter und drückt sie. Seine Augen sind müde und rot, doch ich lese Erleichterung darin, eine gewisse Ruhe, als wüsste er, dass alles gleich zu Ende ist.
    »Wir haben alles getan, was wir konnten. Und was geschehen ist, ist geschehen. Aber ich bin unglaublich stolz auf dich«, sagt er. »Du warst großartig heute. Das habe ich immer gewusst. Nie habe ich daran gezweifelt.«
    Ich lasse den Kopf sinken – er soll nicht sehen, dass ich weine – und drücke den Hund. Zum ersten Mal seit ich ihn im Arm habe, gibt er ein schwaches Lebenszeichen von sich: Er hebt den Kopf gerade so weit, dass er meine eine Gesichtsseite lecken kann. Und er vermittelt mir ein einziges Wort, als wäre das alles, was seine Kraft erlaubt:
Mut!
    Ich hebe den Kopf. Henri umarmt mich, und ich schließe die Augen und presse mein Gesicht an seinen Hals. Immer noch zittert er, sein Körper ist erschöpft und schwach unter meinem Griff. Bestimmt ist meiner nicht stärker.
Das war es also
, denke ich. Mit erhobenem Kopf werden wir über den Platz gehen zu dem, was uns dort erwartet. Wenigstens liegt darin eine gewisse Würde.
    »Verdammt gut hast du das gemacht«, sagt Henri.
    Ich mache die Augen auf und sehe über seine Schulter, dass die Soldaten etwa sechs Meter von uns entfernt stehen geblieben sind. Einer hält einen Dolch, der silbrig und grau pulsiert. Der Fighter wirft ihn in die Luft, fängt ihn wieder auf und schleudert ihn dann auf Henris Rücken. Ich hebe die Hand und wehre ihn ab, er landet kaum einen halben Meter entfernt. Fast sofort verlässt mich meine Kraft, obwohl der Stein in meinem Mund sich erst halb aufgelöst hat.
    Henri legt sich meinen freien Arm über die Schulter und stützt mich mit seinem rechten Arm um meine Mitte. So stolpern wir voran. Die Bestie kommt in Sicht, mitten auf dem Footballplatz ragt sie auf. Die Mogadori folgen uns. Vielleicht wollen sie das Monster in Aktion sehen, mitbekommen, wie es tötet. Jeder Schritt wird anstrengender als der vorausgegangene.Mein Herz trommelt in der Brust. Der Tod naht, und davor habe ich Angst. Aber Henri ist da. Und Bernie Kosar. Ich bin nicht allein.
    Mehrere Fighter stehen hinter dem Monster. Selbst wenn wir an ihm vorbeikommen könnten, würden wir direkt in die gezogenen Schwerter der Soldaten laufen.
    Wir haben keine Wahl. Wir sind am Footballplatz, jeden Augenblick kann die Bestie sich auf uns stürzen. Aber nichts geschieht. Als wir gerade noch drei Meter von ihr entfernt sind, bleiben wir stehen, gegenseitig aufeinander gestützt, um nicht umzukippen.
    Dieses Monster ist halb so groß wie das andere, aber immer noch stark genug, um uns ohne große Anstrengung umzubringen. Fahle, fast durchscheinende Haut bedeckt vorstehende Rippen und knotige Gelenke, hellrote Narben ziehen sich über Arme und Seiten. Die Augen wirken weiß und blind. Jetzt verlagert es sein Gewicht, beugt sich vor und schwingt den Kopf tief übers Gras, wohl um zu riechen, was es nicht sehen kann. Es spürt, dass wir vor ihm stehen, und stößt ein tiefes, ächzendes Knurren aus. Und ich spüre nichts von der Wut und Bösartigkeit, die anderen Bestien ausstrahlten, keine Gier nach Blut und Tod. Hier sind Angst und Traurigkeit zu erahnen. Ich öffne mich dafür – und habe Visionen von Folter und Hungersnot. Ich sehe die Bestie eingesperrt, ihr gesamtes Leben auf der Erde, in einer feuchten, düsteren Höhle, wo es immer kalt und dunkel war und sie nachts zitterte, um sich damit ein wenig warm zu halten. Ich sehe, wie die Mogadori die Monster gegeneinanderhetzen und zum Kämpfen zwingen; ein Training, das sie abhärten und bösartig machen sollte.
    Henri lässt mich los. Ich kann Bernie Kosar nicht mehr tragen und lege ihn behutsam ins Gras zu meinen Füßen. Seit Minuten habe ich keine Bewegung von ihm gespürt; ich weißnicht, ob er noch lebt. Ich mache einen Schritt vor und knie nieder. Die Soldaten ringsum brüllen in ihrer unverständlichen Sprache. Offenbar sind sie ungeduldig. Einer schwingt sein Schwert, ein Dolch fliegt an mir vorbei wie ein weißer Blitz, der mein Hemd vor der Brust aufschlitzt. Ich bleibe auf den Knien und blicke zu dem Monster über mir hoch. Eine Waffe wird abgefeuert, das Geschoss segelt über unsere Köpfe – ein Warnschuss, der die Bestie anspornen soll. Sie zittert. Ein zweiter Dolch fliegt durch die
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