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Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern

Titel: Ich bin ein Fundbüro - mein Alltag mit Kindern
Autoren: Anke Willers
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Mini-Schleichtier reichen drei Minuten Vorfreude. Und so
lange brauche ich ja schon an der Kasse.« Außerdem hätten alle in der Klasse mehr Schleichs als sie. Gerne sage ich dann, dass es mir egal sei, was andere hätten – so lange nicht das sich selbst auffüllende Konto erfunden sei. Und das sich selbst aufräumende Kinderzimmer. Die Kinder sagen dann, dass es das selbst aufräumende Kinderzimmer ja schon gäbe – immer dann nämlich, wenn Mama es selbst aufräume. Dann wird mir klar: Auf der rationalen Ebene allein lässt sich die Konsumfrage nicht lösen. Wir probieren deshalb auch emotionalere Techniken:

Wir fabulieren
    Da gibt es zum Beispiel den »Lebensbeglückungsabend« des kleinen Jochen: Er habe, erzählt mein Mann an schummrigen Winterabenden, schon immer sehr gerne gelesen. Leider hätten seine Eltern nicht so viele spannende Bücher gehabt. Und deshalb habe er immer sein ganzes Taschengeld gespart, um sich einmal im Monat ein Sunkist und ein neues Schneiderbuch zu kaufen. Montags habe er das Buch ausgesucht und dann jeden Abend angeschaut und beschnuppert, weil neue Bücher doch so verheißungsvoll riechen… Das Lesen erlaubte er sich aber erst am Samstag. Und da, liebe Kinder, zog sich der kleine Jochen dann in sein klitzekleines Kinderzimmer zurück und verbrachte ganz allein seinen »Lebensbeglückungsabend«.

    Hach!, denke ich an dieser Stelle immer gerührt, was waren wir damals bescheiden. Wir pflegten unsere Räder wie unsere Augäpfel. Und die erste Jeans gab’s in der siebten Klasse.
    Auch für unsere beiden Mädels haben diese Geschichten einen hohen Unterhaltungswert: Menschen, die an Büchern schnuppern, sind schließlich eine überaus seltene Spezies. Will man auch pädagogisch etwas erreichen, sollte man die Schilderungen entbehrungsreicher Kinderjahre allerdings nicht übertreiben: Wenn sie so klingen, als sei der Krieg gerade aus gewesen, wird man irgendwie unglaubwürdig.
    Klug ist es auch, Verwandte zu briefen. Bei uns kam es nämlich schon vor, dass die Oma die Besichtigung von Claras neuem Fahrrad mit den Worten kommentierte: »Mama hat ja ihr Rad nie abgeschlossen und überall rumliegen lassen – bis es vor der Badeanstalt geklaut wurde.«

Wir zahlen Bestechungsgelder
    Regelmäßiges Taschengeld ist dazu da, dass man lernt, maßvoll mit Geld umzugehen und es sich einzuteilen. Mitunter hilft es auch, eine strenge Zollfahndung milde zu stimmen.
    Allerdings musste ich erst kürzlich wieder feststellen, dass man heute als Kind auch ohne Taschengeld ziemlich gut leben kann. Schließlich gibt es großzügige
Patentanten, Großeltern, kinderlose Freunde und andere lukrative Verdienstquellen. Vor allem Jette ist in dieser Hinsicht sehr kreativ. Neulich wünschte sie sich dringend ein bestimmtes Plüsch-Stinktier. Es stand im Einkaufszentrum im Schaufenster und kostete 15 Euro – Jettes Spareinlagen hingegen beliefen sich an diesem Tag auf genau 55 Cent.
    Ich zuckte mit den Achseln. Auf meinem Einkaufszettel waren keine Stinktiere vorgesehen. Dafür hatte ich jetzt eines im Schlepptau: Es hieß Jette und war stinkig, dass ich nicht zahlen wollte.
    Dann kam der Bücherflohmarkt in der Schule. »Ich will alte Bücher verkaufen«, sagte Jette geschäftstüchtig. Und ich dachte: Ob die noch einer will? Ganz anders als der kleine Jochen nehmen unsere Kinder es mit der Pflege ihrer Bücher nämlich nicht sehr genau: Die meisten Druckerzeugnisse sind irgendwie ramponiert oder vollgeschmiert …
    Drei Tage später saß das Stinktier auf Jettes Kopfkissen. Sie hatte mit den alten Büchern doch tatsächlich 18 Euro verdient – so viel wie sonst in drei Monaten Taschengeld. Vermutlich hatte sie behauptet, die Bücher hätten magische Kräfte und würden ihrem Besitzer die Matheergebnisse zuflüstern, wenn er dreimal über den zerfledderten Einband striche. Und ich muss zugeben: Nun bin ich etwas beunruhigt: Was, wenn unser Kind – von diesem lukrativen Geschäftsmodell beflügelt – demnächst unseren Familienschmuck auf dem Schulhof verhökert?

Ich schmuggle
    Ja natürlich weiß ich es: Die beste Methode, um Kinder zu gemäßigtem Konsum zu erziehen, ist es, ein gutes Vorbild zu sein. Ich war lange ein sehr gutes Vorbild. Monatelang fand die Zollfahndung in meinen Tüten nur saure Sahne, Backpulver, Kaffeefilter, ab und zu ein T-Shirt … Ob ich mir nie was Größeres kaufe? Doch! Aber eine Freundin, die vier Kinder und einen sparsamen Mann hat, brachte mich auf die Idee, mühsamen
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