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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus
Autoren: Matilde Asensi
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kleine Änderung? … Was für eine?«
    »Ihr müßtet hier in Corcubión anlegen und uns dann gegen Mitternacht nach Finisterre bringen, aber nicht zum Hafen, sondern zum Kap selbst. Dort sollt Ihr mich an Land setzen und dann in einer angemessenen Entfernung vor dem Kap kreuzen, so daß ich Euch noch sehen kann. Von jenem Zeitpunkt an müßtet Ihr den Befehlen meiner Kinder Folge leisten, die Euch anweisen werden, wann Ihr Euch wieder dem Ufer nähern sollt oder wann Ihr die Anker lichten und mich zurücklassen sollt.«
    Martiño dachte eine Weile darüber nach und nagte derweil an seiner Unterlippe. Er war ein abgehärteter, stämmiger und eigenwilliger Mann von 25 oder 26 Jahren, und man merkte ihm schon von weitem an, daß Denken nicht gerade seine Stärke war, daß es ihm schon reichte, sein Schiff sicher an der Küste entlang zu steuern. Er war allerdings auch ein gewiefter Geschäftsmann, und ich vertraute darauf, daß er sich eine so günstige Gelegenheit nicht entgehen ließ. Wenn er sich weigerte, blieb mir keine andere Wahl, als in Corcubión an Land zu gehen und mir einen anderen Kahn zu suchen.
    »Ich weiß nicht …«, murmelte er. Was haltet Ihr von einer Dobla?«
    »Eine ganze Dobla!«
    »In Ordnung, ist ja schon gut! Hundert Maravedís, nur hundert Mareavedis! Ihr dürft jedoch nicht vergessen, daß die Riffe am Kap Finisterre die allergefährlichsten auf der ganzen Welt sind. Es wird schwierig werden, Euch dort an Land zu bringen.«
    Ich fing an zu lachen.
    »Nein, nein, Martiño, eine Dobla geht in Ordnung! Ich bezahle Euch eine Dobla jetzt gleich und noch eine, wenn unsere Mission zu Ende ist. Seid Ihr damit einverstanden?«
    Martiño war selbstverständlich damit einverstanden; soviel Geld würde er wahrscheinlich nicht einmal mit fünfzig seiner anstrengenden Fahrten verdienen. Aber wenn es schon schwierig genug war, das Schiff auf jenem stürmischen Meer sicher zu steuern, so grenzte das, worum ich ihn bat – und ich wußte es – in Wirklichkeit an ein Wunder: Er sollte mitten in der Nacht an der Steilküste des Endes der Welt entlangfahren, die spitzzulaufenden Felsen und Riffe umschiffen und mich kurz vor Sonnenaufgang an Land bringen … Solche Mühen lohnten zweifellos zwei Goldmünzen.
    Wahrlich bewies Martiño in jener Nacht sein Können als Steuermann und seinen unerschütterlichen Mut. Wegen einer Windböe waren wir kurz davor, an den Klippen von Bufadoiro zu zerschellen, doch steuerte er seinen Kahn mit unübertrefflichem Geschick, und kurz vor Tagesanbruch streiften wir mit der Breitseite die Granitfelsen des Kaps. Mit einem kleinen Sprung setzte ich kurz darauf meinen Fuß auf das Ende der Welt.
    »Seid vorsichtig, Vater«, hörte ich noch Jonas' Stimme herüberschallen, bevor das Schiff wieder in See stach.
    Ich tat ein paar Schritte und blieb stehen. Dann schaute ich mich um. Jetzt führte kein Weg mehr weiter. Ich war angekommen.
    Während ich darauf wartete, daß die Sonne aufging und Manrique de Mendoza erschien, wanderte ich ruhelos über die unwirtliche Halbinsel. In meinem Herzen spürte ich wie einen Dolchstoß Saras schmerzerfüllten Blick, den sie mir zugeworfen hatte, als ich von Bord ging. Ihre schwarzen Augen hatten mich festhalten wollen, als ob sie ahnten, daß sie mich zum letzten Mal sahen, und ich hätte mir so sehr gewünscht, sie in meine Arme zu nehmen, ihr tausend Küsse zu geben und ihr zuzuflüstern, wie sehr ich sie liebte und brauchte. Wegen ihr lief ich dort am Ende der Welt vor Kälte erstarrt zwischen den steilen Felsen umher, einzig wegen ihr und dem schlaksigen, ungelenken Jungen, der ein aufbrausendes Wesen und meine Stimme hatte. Wenn sie nicht gewesen wären, wenn sie nicht an Bord jenes kleinen Schiffes auf mich gewartet hätten, das ich auf dem Meer nahe der Küste hin und her schaukeln sah, dann hätte ich an jenem trüben Morgen nicht alles aufs Spiel gesetzt.
    Ich war selbstverständlich bewaffnet, allerdings würde mir der feine Dolch, den ich unter meinem Wams verborgen trug, wenig nützen, wenn eine ganze Truppe Templer auf jenem menschenleeren Felsen erscheinen würde, um meinem Leben ein Ende zu bereiten. Es war zwar nicht ratsam für sie und ein untrüglicher Beweis dafür, daß sie dies auch wußten, war die Schnelligkeit, mit der sie zu verhandeln bereit gewesen waren, doch bestand immer noch die Möglichkeit, daß Manrique de Mendoza beschlossen hatte, das Problem auf dem schnellsten Weg aus der Welt zu schaffen, und dabei auf
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