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Hypnose

Hypnose

Titel: Hypnose
Autoren: S Beerwald
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nicht, dann bräuchte er sie nur mit seinen unverschämt tollen bernsteinfarbenen Augen anschauen, ihr über die Wange streicheln, sich entschuldigen und ihr mit sanfter Stimme ins Ohr flüstern, wie sehr er sein kratzbürstiges Igelchen liebte und den ganzen Tag vermisst hatte, und schon würde sie ihm nicht mehr gram sein können. Igelchen , so nannte er sie. Nicht nur, weil der Spitzname zu ihren blonden abstehenden kurzen Haaren und ihrer Stupsnase passte – sondern auch zu ihrem Wesen. Sie war nachtaktiv, eher ein Einzelgängertyp, der sich auf wenige Freundschaften beschränkte, und obwohl sie friedliebend war, zeigte sie in Bedrängnis gerne mal ihre Stacheln. Das Gefühl von Freiheit brauchte sie wie die Luft zum Atmen, darin bestätigte sich auch ihr Sternzeichen Schütze. Und wäre sie nicht eine Kämpfernatur, wäre sie heute wahrscheinlich gar nicht mehr am Leben.
    Beim Blick auf den Aschenbecher bemerkte Inka, dass die Zigarette dort klemmte und sie nach dem Anzünden keinen einzigen Zug mehr genommen hatte. Sie hatte den Glimmstängel tatsächlich vergessen. Verblüffend, wie diese Therapie wirkte, dachte Inka, und fühlte sich zufrieden.
    Als Inka ins Wohnzimmer zurückkam, legte Rebecca die Zeitschrift beiseite und fragte: »Und was gibt es sonst so Neues?«
    »Oh, da wüsste ich schon etwas. Aber das erzähle ich erst später, wenn alle da sind«, sagte Inka.
    Rebecca hob die Augenbrauen. »Warum erst später? Sag doch bitte gleich. Bitte, bitte, bitte.«
    Inka lächelte, weil sie wusste, wie sehr sie die Neugier ihrer Freundin strapazierte, blieb aber konsequent.
    Offenkundig war das Rebecca schnell klar und sie suchte sich ein neues Thema: »Übrigens hat Annabel vorgeschlagen, morgen Vormittag zusammen bummeln zu gehen. Sie hat sich in den letzten Monaten auch ganz schön rar gemacht. Magst du mitkommen? Ich habe morgen Spätdienst in der Bibliothek und muss deshalb erst mittags anfangen, und Annabel hat ohnehin frei.«
    »Hat sie immer noch keinen neuen Job gefunden?«
    »Als Reiseverkehrskauffrau ist das heutzutage nicht mehr so einfach, die Leute buchen ja meistens selbst übers Internet. Also, bist du dabei morgen?«
    Inka überlegte. Ein paar Schuhe könnte sie immer gebrauchen. Und mit ihren Freundinnen zu shoppen wäre ein Vergnügen, das sie schon lange nicht mehr gehabt hatte. »Ich habe nur um ein Uhr einen wichtigen Termin am Killesberg.«
    »Wir könnten noch durch den Schlossgarten spazieren«, sagte Rebecca ohne auf ihren Einwand einzugehen, »und anschließend fahren wir zum kleinen Teehaus rauf und genießen die Aussicht auf Stuttgart. Ich muss wirklich mal wieder raus, mir wächst langsam alles über den Kopf. Meine Mutter im Rollstuhl braucht schon viel Hilfe bei der Pflege, aber seit mein Vater im Dezember den Schlaganfall hatte, ist es richtig schwer geworden.«
    »Ganz schön hart für dich, die beiden zu pflegen und deinem Job nachzugehen. Warum bekommst du nicht endlich Unterstützung durch die häusliche Krankenpflege?«
    »Denk dran, wie sehr meine Eltern fremde Leute im Haus hassen. Es ist ja alles rollstuhlgerecht umgebaut, aber bei der Pflege meines Vaters braucht meine Mutter jetzt Unterstützung. Bislang kommt die Nachbarin regelmäßig vorbei, und ich habe einen Antrag auf Beurlaubung ohne Bezüge gestellt – wenn der durchgeht, dann nehme ich meinen Resturlaub und bin erst mal weg aus der Bibliothek … Dann also um neun Uhr bei Annabel? Von dort sind wir zu Fuß ja gleich in der Innenstadt.«
    Inka seufzte verhalten. Neun Uhr . Für ihre Langschläfer-Verhältnisse und die anstehende Party heute Abend ziemlich früh, aber angesichts des Programms wohl angebracht.
    »Gib dir einen Ruck, Inka. Den gemeinsamen Vormittag mit leckerem Frühstück haben wir uns doch verdient, oder? Joghurtmüsli und O-Saft, wie klingt das?«
    »Für mich Butterbrezel und um die Uhrzeit Kaffee intravenös, aber okay. Ich freu mich sehr drauf.«
    Es klingelte, und als Inka an die Tür ging, breitete sich ein solcher Schmerz hinter ihrer Stirn aus, dass ihr einen Augenblick schwarz vor Augen wurde und sie sich am Türgriff festhalten musste. Erst nachdem sie ein paarmal geblinzelt und tief durchgeatmet hatte, konnte sie öffnen.
    Annabel und Jannis kamen mit großem Hallo herein. Die beiden passten einfach gut zusammen. Er, der lebensfrohe gebürtige Grieche, und sie, die blonde, langhaarige Annabel, die jeglichen Genüssen des Lebens sehr zugetan war.
    »Inka, wie schön!«, sagte Jannis
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