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Hundeleben

Titel: Hundeleben
Autoren: Wolfgang Zander
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er.
    »Was?«
    »Sie wurden gesehen. Im Kino. Kurz nach Ausbruch des Brandes.«
    »Ja? Nein. Ich meine, ich wohne nebenan. Da ist es …«
    »Es gab Probleme zwischen Ihnen und den Kinoleuten.«
    »Probleme? Probleme gibt es immer. Was geht Sie das eigentlich an?«
    »Sie geben also zu …«
    »Sie glauben doch nicht etwa, was in der Zeitung steht.«
    »Ich bin Journalist, Herr Gass ! Ich habe recherchiert. Interessehalber.«
    Treffer. Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten; Mund halten oder Verteidigung mittels Angriff. Ich entschied mich für Letzteres.
    »Was wollen Sie? Wollen Sie die Frau oder wollen Sie mich loswerden?« Sie Schmierfink, setzte ich lautlos hinzu.
    »Hat sich die Polizei schon bei Ihnen gemeldet …«
    »Weshalb?«
    »Ich könnte mir vorstellen …«
    Ich konnte mir vorstellen, was sich in seinem Journalistenhirn zusammenbraute. ›Verdammt‹, dachte ich. ›Ich rette dieser Tussi das Leben und was macht sie …‹ Ich hatte wohl etwas zu laut gedacht.
    »Was sagten Sie? Wessen Leben haben Sie gerettet?«
    »Auf Wiederhören!«
    »He … Hallo! Warten Sie! Legen Sie nicht auf! Ich kann Ihnen helfen. Sie erzählen mir die ganze Wahrheit und die PNZ bringt die Wahrheit. Vergessen Sie die Märkische Zeitung. Wir machen die Meinung. He, sind Sie noch dran?«
    Ich legte auf. Ein besonderer Vorzug telefonischer Kommunikation ist es, dass man sie jederzeit unterbrechen kann. Für den so Abgehängten mochte das frustrierend sein. Aber genau das war ja der Zweck der Sache.
    Ich überdachte die Situation. Brand konnte ich abschreiben. Blieben Sylvia und Marks Millionen. Es wurde höchste Zeit, sich um beide zu kümmern.

7
    Ich holte die Akte Keller hervor. Leicht zu finden. Sie war die einzige unter K. Ich legte die Akte vor mich hin und öffnete sie. Schock! Sie war leer. Kein Vertrag, kein Gesprächsprotokoll, nichts. Ich schüttelte die Akte ein bisschen. Sie blieb leer. Jemand hatte meine Indisponiertheit genutzt und den Inhalt verschwinden lassen. Wer? Die Feuerwehr? Kaum. Die Kinonachbarin? Wenig wahrscheinlich. Sylvia? Weshalb? Weil ich nichts von mir hören ließ? Immerhin möglich.
    Ich stand, besser ich saß vor einem Rätsel. Ich griff mir den nächsten Ordner. Nichts. Ich nahm Ordner B wie Berninger. Wieder nichts. M wie Mann, nada . Die Ordner waren leer. Alle. Die alten und die aktuellen.
    Es klopfte.
    »Nein«, sagte ich.
    Die Tür schwang langsam auf. Ich öffnete die oberste Schreibtischschublade und legte die Hand auf den kalten Griff meiner 38er. Mir war einfach danach.
    Die Tür wurde vollends aufgestoßen und Proll trat herein. Die Hände hielt er über dem Kopf.
    »Ich ergebe mich, großer Detektiv. Warum so nervös? Ah, du hast die Zeitung gelesen? Glaubst du etwa, was in diesem Provinzblatt steht? Nein? Ich auch nicht. Und wenn, dann nur die Hälfte. Aber wenn ich die Hälfte glaube … Na ja, kannst dir ja denken, was ich denke …«
    Er grinste. Wenn es etwas gab, was Proll von anderen Menschen unterschied, dann war es sein Grinsen. Es hatte, wenn es sich in voller Prägung auf seinem Gesicht niederließ, die Schärfe eines Hattori-Hanzo-Schwertes und den kalten Glanz geschliffener Diamanten. Im Augenblick begnügte es sich mit Phase eins oder zwei auf der Proll-Skala . Es sah bereits in diesem Stadium wenig einladend aus.
    »Kann ich die Hände runternehmen ?«
    » Proll !«
    »Hauptkommissar Proll !«
    Er nahm die Hände herunter. Das Grinsen verschwand.
    Proll leitete die Mordkommission in dieser Stadt. Bei der einen oder anderen Leiche waren wir uns schon begegnet. Hin und wieder auch darüber hinaus. Diesmal gab es keine Leiche. Oder war ich nicht auf dem Laufenden? Zwei Tage können eine lange Zeit sein. Vor allem bei einem Hundertmetersprint.
    Er musste meine Gedanken erraten haben, denn er kam meiner Frage zuvor.
    »Nein, es gibt keine Leiche, Gass . Und ich hoffe, das bleibt auch so.«
    Ich wollte gerade sagen, dass ich ihm in dieser Richtung nichts versprechen konnte, aber er redete bereits munter weiter.
    »Wir mussten Personal verschlanken , Humankapital abbauen und Synergien nutzen. Da wird das Aufgabenfeld für jeden Einzelnen von uns automatisch breiter.«
    »McKinsey.«
    »Was?«
    »Schon gut.«
    »Nichts ist gut.«
    Er setzte sich auf den harten Besucherstuhl. Dann starrte er mich an. Ich starrte zurück. Eine Minute verging.  
    »Ich habe schlechte Nachrichten für dich«, sagte er schließlich und lenkte seinen Blick in Richtung Decke. Na also.
    »Du meinst
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