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Hundeleben

Titel: Hundeleben
Autoren: Wolfgang Zander
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Keller-Akte zurück auf den Schreibtisch. Ich hatte mir eine Pause verdient. Wer immer nur arbeitet, kommt nicht zum Leben. Es gibt Leute, die glauben, dass Arbeit und Leben identische Sachen sind. Ich gehörte nicht zu den Anhängern dieser Theorie. Vielleicht lag das an meinem Beruf, vielleicht auch nur an meiner natürlichen Faulheit.
    Mein Beruf machte mir Tag für Tag klar, dass das, was ich tat, überflüssig war, weil das, was ich im Auftrag der Klienten zu sehen und hören bekam, überflüssig war. Zu 100 Prozent. Mein Beruf fußte auf einem Mangel an sozialem Frieden. Die Leute kamen nicht klar miteinander, im Kleinen nicht und im Großen erst recht nicht. Gut für mich. Damit hatte meine Branche bessere Zukunftsaussichten als zum Beispiel jene Branchen, die mit Erdöl zu tun hatten. Sozialer Unfrieden ist ein Rohstoff, der niemals ausgehen wird. Der letzte Tropfen Erdöl dagegen wird in nicht allzu ferner Zeit in irgendeinem Autotank verschwinden. Was dann?
    Ich legte die Füße auf den Schreibtisch und ließ meinen Blick durch das Büro wandern. Es war nicht gerade der Anblick, den meine Erzeuger sich für mich erträumt haben mochten. Mir reichte er. Mir reichten die schrägen Wände, mir reichte der Schreibtisch, mir reichte das Regal mit den wenigen Büchern, mir reichte, dass meine Klienten auf einem harten Stuhl saßen, so blieben sie wenigstens nicht allzu lange, und mir reichte die Espressomaschine. Sicher, die Aussicht aus dem Fenster hätte besser sein können. Die Aussicht auf regelmäßigen Sex sowieso. Aber man kann nicht alles haben. Vor allem nicht alles auf einmal.
    Ich blickte hinaus. Was war das? Ich nahm die Füße vom Schreibtisch, stand auf und öffnete das Fenster. Ich brauchte dafür nicht länger als eine Sternschnuppe zum Verglühen. Ein beißender Geruch schwappte herein. Aus den Türen und Fenstern des Kinos quollen Rauchschwaden hervor. Ich warf das Fenster zu. Hier oben konnte man die Luft noch atmen. Draußen hatte sie schon den Geschmack des Todes. Trotzdem, ich musste raus. Auf die Straße. Sofort. Dieser Hinterhof war eine Falle. Jetzt hörte ich die Sirenen. Jemand hatte die Feuerwehr alarmiert. Immerhin. Meine Aktien stiegen wieder. Ich rannte die Treppe hinab, öffnete die Tür zum Hof. Der Rauch lag da wie Frühnebel auf den Nuthewiesen . Bis zum rettenden Hoftor waren es gut 15 Meter. Ich lief los. Noch zehn Meter, noch fünf Meter, noch zwei Meter. Da hörte ich es. Jemand rief vom Kino her um Hilfe, leise, kaum hörbar. Egal. Ich musste hier weg. Ich öffnete das Tor. In der dahinter liegenden Durchfahrt gab es noch ein paar Moleküle Sauerstoff. Ich sog sie in meine Lungen ein, dann hörte ich die Hilferufe erneut. Verdammt!
    Der gemeinsame Innenhof zwischen Kino und dem Haus, in dem sich mein Büro befand, wurde durch eine Mauer geteilt. Im feuerlosen Urzustand war das praktisch. Siehe MACs . Jetzt war die Mauer ein Hindernis. Ein lebensgefährliches dazu. Ich sprang die Mauer an, hievte mich nach oben. Du Vollidiot, dachte ich. Ich steckte den Kopf kurz in die weniger rauchige Luft und ließ mich auf der anderen Seite hinab. Ich musste nicht weit gehen.
    Keine Ahnung wie, aber ich schaffte es, sie und mich bis in die Durchfahrt auf meiner Seite zu bugsieren. Dann wurde es Nacht. Tiefe Nacht.

5
    Ich lag mit Cleo auf einer Wiese. Über uns stand die Sonne, neben uns glitzerte der See.
    Hochsommer. Cleo war nackt, ich war nackt. Ich strich sanft über ihren Bauch. Sie lächelte. Von der Seite sah es zumindest so aus. Ich ließ meine Hand wie zufällig tiefer rutschen. Cleo lächelte noch immer. Ich schaute mich um. Wir waren allein. Ein Buntspecht bearbeitete einen in der Nähe stehenden Baum, eine Stockente gründelte in Ufernähe und ein paar Grillen zirpten. Alles Dinge, die im Augenblick so wenig zählten wie der Schwanzschlag eines Gürteltiers in Texas. Ich widmete mich wieder Cleo bzw. ihrem Körper. Meine Hand lag jetzt auf ihrem Oberschenkel. Zwei Handbreit über dem Knie. Von dort schickte ich sie auf eine kleine Entdeckungstour. Cleo ließ mich gewähren. Ich schob mich näher an sie heran. Mein Fuß berührte jetzt ihren Fuß, mein Bein ihr Bein, meine Hüfte die ihre. Alles lief gut. Es schien mein Glückstag zu sein.
    » Cleo …«
    Sie antwortete nicht.
    » Cleo , ich meine, ich …«
    Keine Reaktion. Sie machte es mir nicht gerade leicht.
    »Weißt du. Ich liebe dich. Immer noch. Vielleicht sollten wir …«
    Ich rollte mich weiter auf sie zu. Es war
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