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Hundeleben

Titel: Hundeleben
Autoren: Wolfgang Zander
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einer Frau getanzt. Das war schon alles –   jedenfalls von seiner Seite aus. Der Frau allerdings schien das nicht zu reichen. Sie wollte mehr. Um ihm das klar zu machen, rief sie am Tag zwanzigmal an, schickte zirka 50 eindeutige E-Mails, hin und wieder Blumen und auch schon mal ein Paket mit Hundekot. Gestern fand er eine Todesanzeige in der Zeitung: Seine Lieben betrauerten darin sein plötzliches, gänzlich unerwartetes Ableben.
    »Sie haben ein Problem«, sagte ich.
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Ihr Problem hat einen Namen: Stalking .«
    » Stalking ?«
    »Diese Frau ist ein Stalker .«
    »Sieh an.«
    » Stalking heißt soviel wie anpirschen«, erklärte ich.
    »Ich weiß, was Stalking heißt.
    »Na prima.«
    »Diese Frau ist also ein Stalker ?«
    »So ist es.«
    »Ein richtiger Stalker ?«
    »Ja!«
    »Kennen Sie diesen Film?«
    »Film? Was für einen Film?«, fragte ich verdutzt.  
    » Stalker . Tarkowski . Der Stalker schleust Leute in eine Zone. Dort existiert ein Zimmer, in dem man seine Wünsche loswerden kann. Kehrt man in die normale Welt zurück, gehen sie in Erfüllung. Allerdings nur die geheimsten Wünsche. Deshalb haben die Leute zu guter Letzt Angst, das Zimmer zu betreten. Angst vor sich selbst. Angst vor ihren Wünschen. Haben Sie auch Angst vor Ihren Wünschen?«
    »Wie bitte?«
    »Ich nicht.«
    Stalker ! Was hatte der Film mit seinem Problem zu tun? Natürlich kannte ich den Streifen. Ein paar Typen liefen durch tristes Gelände und philosophierten in einer Tour. Großartig. Ehrlich. Ein Highlight der Filmgeschichte. Vielleicht ein bisschen ermüdend. Einmal war ich halbwegs durchgekommen. Also konnte ich mitreden.
    »Äußern Sie Ihren geheimsten Wunsch!«, sagte ich. »Ich will sehen, was ich machen kann. Herr …«
    »Brand. Alexander Brand.«
    Brand. Auch das noch.
    »Nomen est Omen«, sagte ich. Nur so zum Spaß.
    »Was?«, fragte er.
    »Ach, nichts.«   Ich winkte innerlich ab.
    »Schaffen Sie mir diese Frau vom Hals. Bitte.«
    Sein Ton gefiel mir nicht. Die ganze Geschichte gefiel mir nicht. Aber er hatte ›bitte‹ gesagt. Das kam bei Klienten selten, um nicht zu sagen gar nicht vor. Es musste ihm ernst sein, keine Frage.
    »Haben Sie Anzeige erstattet?«
    »Anzeige?«
    »Ja. Man erstattet Anzeige, um, mit etwas Glück, polizeiliche Ermittlungen in Gang zu setzen.«
    »Ach ja, die Anzeige. Die haben nur gelacht und gemeint, ich soll die Frau mal so richtig … Na, Sie wissen schon. Das Problem würde sich dann von selbst erledigen.«
    Worauf man bei der Polizei so kam! War das bereits Zynismus oder noch Lebenshilfe? Obwohl. Wenn der Wunsch der Motor einer Sache ist, dann ist die Erfüllung des Wunsches häufig die Bremse.
    Mir fiel noch eine Lösung ein. Sie war weitaus besser als die polizeiliche Lösung, vor allem war sie todsicher.
    »Sie möchten, dass ich Ihnen helfe. Hier mein kostenloser Rat: Packen Sie Ihre Koffer, kündigen Sie Ihren Job und Ihre Wohnung und ziehen Sie weit, weit weg, am besten in ein anderes Land. Wie gefällt Ihnen zum Beispiel Kanada?«
    In der Leitung herrschte jetzt Ruhe. Entweder er legte auf oder ich hatte ihn für die nächsten Wochen am Hals. Ich wusste nicht genau, worauf ich hoffen sollte. Einerseits waren Klienten rar, andererseits machten sie jede Menge Arbeit.
    »Machen Sie den Leuten immer so viel Hoffnung?«
    Er hatte sich für den schweren Weg entschieden. Auch gut.
    » Stalking ist eine langwierige Angelegenheit. Im Durchschnitt dauert so eine Geschichte an die zwölf Monate. Wie stehts mit Ihren Nerven?«
    »Dann habe ich noch elf vor mir.«
    »Meine Dienste kosten Sie 50 die Stunde, plus Spesen, plus …«
    »50?«
    »Kommen Sie übermorgen in mein Büro, um den Vertrag zu unterschreiben, oder nehmen Sie den nächsten Flieger von Tegel oder Schönefeld aus. Ihre Entscheidung! Auf Wiederhören!«
    Ich legte auf. Wahrscheinlich würde ich ihn nie zu Gesicht bekommen. Na und? Ich hatte ja Sylvia und Sylvia hatte die Millionen.

4
    Die gefährlichsten Berufe der Welt sind Fensterputzer, Soldat, Feuerwehrmann, Hochseefischer, Pilot, Polizist, Dachdecker. In der Reihenfolge. Die sichersten Berufe sind Pfarrer, Bankmanager, Apotheker, Büroangestellter. Vor allem das mit dem Pfarrer gefiel mir. Es war fast so etwas wie ein Gottesbeweis. Privatdetektiv, so vermutete ich, lag irgendwo zwischen Gefahr und Langeweile. Im Augenblick konnte ich nicht behaupten, dass die Gefahr überwog.
    Es ging auf 10.00 Uhr zu. Ich legte den schmalen Inhalt der
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