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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz
Autoren: Gert Haucke
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durchdringend im Ausdruck (!), gelb, hellblau oder wasserblau oder unterschiedlich gefärbt, zu weit auseinanderliegend»– zusammen mit anderen unerheblichen Fehlern zum Zuchtausschluß führen können. Hätte der Standard nicht willkürliche Schranken gesetzt, wo es nichts zu beschränken gibt, wir hätten heute keine Doggen, die mit sechs Jahren schon vergreist sind oder tot, die überängstlich sind und mit vielerlei Knochen- und Gelenkdefekten geplagt.
    Die Antipoden der Doggen, die eigentlich viel zu winzigen Chihuahuas, haben mit Sicherheit auch deswegen als Rasse Jahrtausende überlebt, weil bei ihnen alle Farben und Haarschläge zugelassen sind, also immer genügend Auswahl gewährleistet ist. Dafür stand in ihrem Standard eine Ungeheuerlichkeit: Die Scheitelfontanelle, eine Öffnung in der Schädeldecke, die sich normalerweise schließt, sobald der Kopf ausgewachsen ist, bleibt beim Chihuahua lebenslang offen. Der Standard lobt, daß diese schlimme Anomalie den Chihuahua auch in dieser Beziehung «von allen anderen Hunden unterscheidet». (In der neueren Ausgabe des Standards ist dieser Absatz gestrichen. Gratuliere!)

 «Setz dir Perücken auf … »

 «Setz dir Perücken auf … »

Gehen wir doch einmal nach diesen grundsätzlichen Erwägungen ein paar Standards querbeet durch, diese Fetische des modernen Hundezüchtens auf Sinn und Unsinn abklopfend. Airedale Terrier (britische Rasse). Unter «Besondere Merkmale» tönt der Standard: «Sein Wesen spiegelt sich im Augenausdruck sowie in der Ohren- und Rutenhaltung. »(Bei welchem Hund nicht?) Unter «Kopf und Schädel» heißt es: «Backen flach, das Vorgesicht soll unter den Augen gut ausgefüllt sein.» Unter «Hinterhand»: «Von hinten gesehen sollen die Läufe parallel zueinander stehen. »(Wahrlich eine Generalforderung!)
    Beim Bullmastiff (Großbritannien) steht, daß helle oder gelbe Augen ein «grober Fehler» sind (und wieder ist ein schöner Vertreter dieser schönen Rasse weg vom Fenster). Dafür steht aber am Schluß: «Gesundheit und Lebhaftigkeit sind wesentlich. » Was für eine erfreuliche Binsenweisheit.
    Bernhardiner (Schweiz): «Zu tief hängende Lider mit auffällig hervortretenden Tränendrüsen oder hochgeröteter, wulstiger Bindehautfalte und zu helle Augen sind verwerflich»( «Verwerflich»: ein Wort, das man im Geiste auf Schwyzerdütsch hört!). Die Verwerflichkeit hängt natürlich mit der «gut ausgebildeten Kehl-und Halswamme» zusammen, die die Gesichtshaut herunterzieht und zu der oben beschriebenen chronischen Bindehautentzündung führt. Solche immer von Augenschmerzen geplagten Hunde habe ich auf Shows schon oft ganz nach vorn gestellt gesehen.
    Dem Bloodhound (sehr britisch) sollen «die tiefliegenden Augen mit den herabhängenden Unterlidern »– Ektropium nennt das der Veterinär. Siehe Bernhardiner – und «die extrem tief angesetzten Ohren» gar «einen edlen und würdevollen Ausdruck verleihen». Entzündungen im Gehörgang – der Hund kann die überlangen, schweren Behänge nicht einmal mehr andeutungsweise heben, das heißt belüften – gehören denn auch zu den rassetypischen Krankheiten.
    Beim Basset (britisch) schreibt der Standard das gleiche Dilemma zwingend vor. Er ist gewissermaßen ein Bloodhound ohne Beine. Ehe jetzt das Geschrei der Basset-Freunde losgeht: Die Chondrodystrophie ist eine Krankheit, die ein mehr oder weniger eingeschränktes Wachstum der Röhrenknochen verursacht. Diesen Defekt hat man bei allen Hunden, die für ihren Rumpf zu kurze Beine haben, herbeigezüchtet und damit verewigt. Das ist keine Meinung, sondern ein biologisches Faktum.
     
    Wissen Sie, was ein «rustikaler» Hund ist, mit einer Nase «mehr viereckig als rund»? Nein? Nun, der Schäferhund von Brie ist es, auch Berger de Brie oder Briard genannt. Der schöne arme Hund hat außerdem häufig die sogenannten Afterkrallen an der Innenseite der Unterschenkel, manchmal sogar in doppelter Ausführung.
    Die sind ein anachronistisches Überbleibsel und so notwendig wie ein Kropf. Bei allen anderen Rassen entfernt man sie gnädig in den ersten Lebenstagen, denn wenn ein Hund damit irgendwo im Gelände hängenbleibt, gibt das fürchterliche Verletzungen, wie man sich vorstellen kann. Im Standard aber steht: «Beiderseits Afterkrallen an den Hinterläufen. Selbst sehr typische Hunde können nicht prämiert werden, wenn sie nur eine – [oder gar keine!] – Afterkralle besitzen.» Also raus aus der Zucht mit dem
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