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Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)

Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)

Titel: Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)
Autoren: Alice Vandersee
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kommt und die Wohnung nicht ganz leer ist.«
    »Als Kind wollte ich immer einen Papagei haben.«
    Er schmunzelte. »Ich auch. Ich habe meiner Mutter tagelang, ach was, wochenlang in den Ohren gelegen. Bis sie mich ins Internat in die Schweiz abgeschoben hat.«
    »Wegen des Papageis?«
    »Und wegen der zahlreichen Fragen, die sie nicht beantworten konnte. Wer ist mein richtiger Vater? Wo ist mein richtiger Vater? Wieso schreist du mich ständig an? Warum magst du mich nicht? Wieso bist du immerzu schlecht gelaunt?«
    »Eine tragische Kindheit«, sagte ich leise und musste an meine eigene denken, die so unbeschwert verlaufen war. Wenn man von Jasmin absah.
    »Ach, die hat doch jeder«, sagte Kokolores lachend, doch sein Lachen erreichte seine schönen Augen nicht.
    »Haben Sie noch viel Kontakt zu Ihrer Mutter?«
    Er schenkte uns beiden Sekt nach. »Nein. Nur ab und zu im Sommer verbringe ich einige Tage auf ihrer Finca. Gehört sich ja schließlich so, als guter Sohn.«
    »Tut es das?«
    Er stand vom Tisch auf. »Ich habe den Nachtisch ganz vergessen. Es gibt Mascarponecreme.«
    »Ich fürchte, ich bin so satt, da passt nicht mal mehr der Nachtisch«, gestand ich.
    Er sah mich einen Moment lang an, dann ging er ans Geländer und blickte auf die Elbe hinaus. Die Sonne sank immer tiefer und zarte rötliche und violette Streifen färbten den Horizont.
    »Ich mag Sie. Ich sollte das nicht sagen.«
    Er hatte mir den Rücken zugewandt und stützte sich mit den Ellbogen an der Brüstung ab.
    »Trotz meiner Essmanieren?«, witzelte ich, in dem Versuch die Situation aufzulockern. Er drehte sich zu mir um und sein Lächeln hatte etwas Trauriges an sich.
    »Ich habe seit einem Jahr mit keiner Frau geschlafen, können Sie sich das vorstellen?«
    Ich starrte ihn an, schüttelte reflexartig den Kopf. »Ähm-«
    Er hob seine rechte Hand. »Ich wollte damit nicht sagen, dass ich mit Ihnen schlafen will.«
    Nun schürzte ich die Lippen. »Oh, das sehe ich dann als ein Kompliment. So etwas hört eine Frau doch gerne, da fühlen wir uns sehr begehrt.«
    Er grinste, kam näher und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die beharrlich an meinen Lippen klebte.
    »Sie wissen, dass ich das so nicht gemeint habe.« Mit seinem Zeigefinger fuhr er über meine Unterlippe, wo sich kurz zuvor noch die widerborstige Haarsträhne befunden hatte. Ein Kribbeln durchlief meinen Körper. Ich schloss meine Augen und sog seinen Duft ein. Er roch nach Olivenblüte, Bergamotte und hellem Tabak.
    »Giorgio Armani«, hauchte ich, als er in die Knie ging, seine Hände auf meinen Schoss legte und mir tief in die Augen blickte.
    »Du hast eine ausgezeichnete Nase«, flüsterte er, während sein Mund meinem immer näherkam.
    »Und eine schöne Nase noch dazu.«
    Seine Lippen fühlten sich sanft und warm an und für den Bruchteil einer Sekunde schwirrte mir dermaßen der Kopf, dass ich glaubte, ich würde schweben.
    »Das wollte ich schon den ganzen Abend tun«, sagte er leise.
    Ich lächelte ihn an, unfähig ein Wort zu erwidern. Noch nie hatte mich jemand mit solcher Zärtlichkeit geküsst.
    Ich hoffte, er würde mich erneut küssen, doch dann erhob er sich und schlenderte zu seinem Sessel zurück. »Keine intime Beziehung zu einer Mutter eines Schülers. Das ist mein oberstes Gebot.«
    »Ich bin keine Mutter. Ich passe bloß auf Nele auf.«
    Er seufzte, strich sich mit der flachen Hand über sein Kinn und blickte mich eine Weile einfach nur stumm an.
    »Sag schon was«, drängte ich. Dieses Schweigen war für mich unerträglich.
    »Wie ist eigentlich dein Vorname?«
    »Thomas. Aber alle nennen mich Tom.«
    Ich runzelte die Stirn. Noch ein Tom, herrje. War das ein Zeichen? Ich musste unbedingt mit Sophie telefonieren.
    »Ich finde Thomas schöner«, meinte ich, woraufhin er breit lächelte. »Ich eigentlich auch. Aber je mehr ich darauf beharrt habe so genannt zu werden, umso öfter wurde ich Tom genannt.«
    »Wollen wir uns die Tage wiedersehen?«, fragte er schließlich.
    »Gerne.« Ich wollte irgendetwas sagen, doch mir fiel nichts ein. Dann klingelte mein Handy. Es war Nele, die völlig aufgelöst war.
    »Ich verstehe kein Wort. Was ist mit Humphrey?«
     
     
     

13 Kapitel
     
    Als ich das Wohnzimmer meiner Mutter betrat, fand ich Nele schluchzend über einem Schulordner, den sie mit einem Lappen abwischte. Auf dem Teppich fand sich ein großer roter Fleck.
    »Traubensaft«, sagte sie. »Humphrey sprang auf den Tisch, während ich gerade an meinem
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