Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz

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arschlosen Pluspunkt-Gequatsche! So wäre Dorit durchaus männlich Bescheid zu geben. Es würde vielleichteinige der Anwesenden irritieren, dass bei uns zwischen freundlichem Prosit und Unterschichtengebell weniger als eine Minute lag, aber wir waren seit fünfzehn Jahren ein Paar, und da fallen beim Streiten schnell mal ein paar Eskalationsstufen einfach weg. Das Essen wurde auf großen Tellern herangetragen, und wir nahmen die Servietten von der Tischdecke.
    Heute Abend waren die sieben Tage um. Ich konnte unmöglich noch eine Woche warten. Was, wenn sie in einer Woche unpässlich war? Nochmal sieben Tage warten? Ich würde masturbieren müssen. Und zwar mit links. Ich hatte in der rechten Hand ein lästiges Karpaltunnelsyndrom von der Schreibtischarbeit, das die für diesen Dienst nötigen Handhabungen schmerzhaft, ja unmöglich machte. Es gab Verschiedenes, was ich mit links erledigte. Masturbation gehörte nicht dazu. Ich war links ein derartiger Grobmotoriker, dass es sich anfühlte, als würde diese Tätigkeit lustlos von einem alten Hausmeister verrichtet, den die Wohnungsverwaltung bereits mehrfach ersucht hatte, mir endlich diesen Gefallen zu tun.
    Dorit straffte sich im Sitz, um dem Kellner Platz für das Hinstellen des Tellers zu lassen. Es gab nicht viele Frauen ihres Alters, die solche Pullover noch tragen konnten. Es war sicher falsch, einen solchen Körper zu beleidigen.
    «Lass es dir schmecken!», sagte ich, und Dorit nickte.
    «Du dir auch!»
    Oft sieht man in Restaurants schweigende Paare sitzen. Jungverliebte nehmen sich dann immer quer über den Tisch bei den Händen und flüstern: «Siehst du die da drüben? Das Pärchen? Die haben sich nichts mehr zu sagen! Tsss, tsss, tss!» Dann sind sie gleich nochmal so doll ineinander verliebtund plappern den ganzen Abend über den Film, den sie gerade gesehen haben, und die Welt als solche und lachen ständig etwas ausdrucksvoller, als sie es sonst tun. Die Jungverliebten irren jedoch. Schweigende Paare schweigen nicht, weil sie sich nichts zu sagen haben. Sie haben sich einfach zu viel zu sagen und wissen nur nicht, wo sie anfangen sollen und ob der Anfang nicht schon wieder das Ende wäre. Sie schweigen nicht aus Langeweile. Sie schweigen, weil zu viele widerstreitende Gefühle sich prügeln um die enge Pforte der Worte. Sie schweigen, weil sie dem kakophonischen Lärm ihrer inneren Stimmen zuhören müssen, um die Stimme der Vernunft herauszufinden. So ist das nämlich.
    Gut, zugegeben, mein Schweigen enthielt auch ein Element der Unterwerfung. Aber die Unterwerfung war streng zweckgebunden.
    Den Lohn für mein Schweigen erhielt ich noch vor Mitternacht. Dorit hielt meine Hinterbacken fest und orchestrierte bejahend meine Bewegungen. Und endlich nahm sie den Übergang ins Unsteuerbare. Ihr Mund öffnete sich leicht, und sie machte ein kurzes Geräusch, als staune sie über etwas Unglaubliches. Dann wich das Geräusch des Unglaubens dem langgezogenen Ausdruck einer unfassbaren Empörung, einer massiven, urtümlichen Empörung, wie sie sonst nur noch in Fußballstadien nach nicht gepfiffenen Stürmerfouls erklingt, stieg in der Tonhöhe um etwa eine Quinte und blieb dort, solange ihre Luft reichte. Es war das untrügliche Hörbild ihres Orgasmus. Ich kam schnell hinterher. Es war fast synchron. Gesamtdauer etwa drei Minuten. Mein effektives Weib seufzte noch einmal fröhlich, dann schlief sie ein. Ich schaffte es nie, vor ihr einzuschlafen, wie es meine Pflicht als Mann gewesen wäre. Vielleicht war meine hormonelleNachbereitung, mein postejakulativer Prolaktinausstoß, nicht in Ordnung. Ich entspannte einfach nicht gründlich genug. Ein Hypophysentumor? Dann ging das Licht in meinem Kopf aus.

5
    « Först Zingst först!», eröffnete Chef in bestem Zugschaffnerenglisch. Die heutige Vormittagskonferenz der Redaktion war um eine halbe Stunde nach vorn verlegt worden. Wegen aktueller Entwicklungen, wie Chef sich in seiner Rundmail rätselhaft ausgedrückt hatte.
    «Gestern Abend gab es ein Attentat auf den MP. (Chef mochte Kurzsprech. Den Ministerpräsidenten als MP zu bezeichnen, gab ihm das Gefühl von lässiger, ja lästiger, Vertrautheit mit den politischen Geschäften des Landes. Diese Mischung aus «Frontschwein» und «Alter Hase» wurde geradezu zwanghaft, wenn Praktikantinnen in der Nähe waren.) Das Attentat ist fehlgeschlagen, aber ein Personenschützer wurde getroffen. Die Täterin, jawohl, Täääterinnnn», kaute Chef auf der für ihn