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Hotel Transylvania

Hotel Transylvania

Titel: Hotel Transylvania
Autoren: Chelsea Quinn Yarbro
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Hof nicht kannte, wie beispielsweise die verkommene finstere Straße, durch die Saint-Germain sich seinen Weg bahnte, während sein forschender Blick aus dunklen, durchdringenden Augen über die Schmutzhaufen glitt, welche die Nacht mit einem nahezu greifbaren Gestank erfüllten. Nächtliche Elendsviertel, sann Saint-Germain, als sich alte Erinnerungen regten, waren auf der ganzen Welt gleich.
    In seinen Ohren klang das leise Gluckern fließenden Wassers, und es störte ihn. Wie das Geräusch eines unablässig summenden Insekts erinnerte es ihn daran, dass die Seine ganz nahe war.
    Aus den Schatten starrten ihn die rötlichen Augen der Ratten an, und das Gequieke, das sein Vorbeigehen auslöste, ließ Saint-Germain die Zähne zu etwas fletschen, das vielleicht ein Lächeln war. Er hatte sich nie an Ratten gewöhnen können, obwohl er oft in ihrer Nähe zu leben gezwungen gewesen war.
    An der nächsten Kreuzung hielt er inne, weil er sich nicht sicher war, welche Richtung er nun einschlagen musste. Kein Schild bezeichnete die krumme Gasse, die vom Fluss fortstrebte. Er starrte in die Finsternis und folgte dann dem schmaleren Weg. Über ihm berührten sich die alten Häuser fast, die unter der Last der Jahrhunderte zueinander strebten. Noch vorsichtiger wählte er seinen Weg über die groben Steine, die als Pflaster herhielten. Vor sich sah er den Schein einer Laterne, und er trat in den Überhang eines Hauseingangs und wartete, dass der Wächter vorbeiging. Ungeduldig schürzte er die Lippen. Zwar gab es Möglichkeiten, wie er unbemerkt am Wachmann vorbeischlüpfen konnte, aber solche Handlungen kamen oft ungelegen und führten gelegentlich zu jener Art von Entdeckung, die er mittlerweile verabscheute. Während seiner langen Laufbahn hatte eine unvorsichtige Maßnahme seinerseits ihn wenigstens ein Dutzend Mal dem starren Blick der öffentlichen Aufmerksamkeit preisgegeben. Also wartete er.
    Als der Wächter vorüber war, nahm Saint-Germain seine Wanderung wieder auf. Trotz seiner hochhackigen Schuhe aus schwarzem Brokat blieben seine Schritte lautlos, und seine ebenmäßige Gestalt bewegte sich mit einer flüssigen Anmut, die für einen Mann in seinem Alter bemerkenswert war.
    Schließlich kam er zu dem Schild, das man ihm genannt hatte, und das die Schänke ›Zum Roten Wolf‹ bezeichnete. Er zog sich den langen schwarzen Samtmantel enger um seine Gewänder. Bis auf einen in dem Spitzengewebe an seiner Kehle eingearbeiteten makellosen Rubin hatte er vorsichtshalber seine besten Juwelen in seinem Haus zurückgelassen. In seinen Mantel gehüllt und mit ungepudertem dunklem Haar wusste er, dass er sich unter die Männer wagen konnte, die in der verdunkelten Taverne auf ihn warteten. Mit einer kleinen, langfingrigen Hand löste er den Riegel und betrat die Schänke ›Zum Roten Wolf‹.
    Die neun Männer in dem verkommenen Schankraum sahen schuldbewusst auf, als sich die Tür öffnete, und einige wichen furchtsam zurück.
    Saint-Germain verschloss die Tür hinter sich und schlug ein Zeichen. »Guten Abend, Brüder«, sagte er mit einer leichten Verneigung. Seine melodische Stimme klang etwas höher, und seine Worte wurden etwas abgehackter ausgesprochen, als er es für gewöhnlich tat.
    »Ihr seid Prinz Ragoczy aus Transsilvanien?«, fragte einer der wagemutigeren Männer nach kurzem Schweigen.
    Saint-Germain verneigte sich erneut. »Ich habe diese Ehre.« Er dachte daran, dass der Name ihm ebenso zustand wie Saint-Germain. Oder Balletti in früheren Tagen. Er hatte Ragoczy schon seit vielen Jahren benutzt – in Italien, Ungarn, Böhmen, Österreich und in der deutschen Stadt Dresden. »Ihr seid, nehme ich an, die Gilde?«, fragte er etwas enttäuscht. Zauberer waren stets unsichere Kantonisten, und diese stellten keine Ausnahme dar. Einige hatten intelligente Gesichter, und ihre Augen sehnten sich nach dem Wissen, das zu ihrer Gottheit geworden war. Aber die anderen ... Saint-Germain seufzte.
    Die anderen entsprachen dem, was anzutreffen er erwartet hatte. Das waren die Verschlagenen, die Männer, die sich außerhalb des Gesetzes betätigten, die zynisch jenen Gifte und Abtreibungen verabreichten, die sich bereitwillig erpressen ließen und noch bereitwilliger zahlten. Männer, in denen Schläue statt Geschicklichkeit zu finden war, und Habgier statt Leidenschaft.
    »Wir waren nicht sicher, ob Ihr kommen würdet, Hoheit«, sagte einer der Zauberer. »Es wird spät.«
    Saint-Germain trat weiter in den Raum. »Ich bin
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