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Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Titel: Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)
Autoren: Manfred Weinland
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zertreten werden muss – bevor er seine Eier ablegt und in der Lage ist, das Übel, das ihm anhaftet, auch noch zu verbreiten.
    Schließlich wendet sie sich brüsk ab, und ich höre sie noch sagen: »Wenn das Eure seligen Eltern noch erlebt hätten …«
    Ich beeile mich, das Esszimmer zu verlassen, kurz darauf auch das Haus. Als ich bei der Gruft ankomme, sehe ich, dass Cunningham schon das Wappen abgeschlagen und meine Kreidebuchstaben abgewaschen hat. Der Sandstein glänzt nass, am Fuß der angelehnten Leiter steht ein Zinkeimer, daneben liegt eine Stahlbürste. Die Fläche, wo über Jahrzehnte zwei Cherubime den Eingang zum Paradies bewachten, weist jetzt die typischen Schrammen auf, die Meißelstahl hinterlässt, wenn er gekonnt mit einem Vorschlaghammer über Unebenheiten getrieben wird. Die Unebenheiten – das waren hier die einst kunstvoll gehauenen Figuren und Symbole.
    Das alles überblicke ich in wenigen Atemzügen. Nach Meister Cunningham selbst jedoch halte ich vergeblich Ausschau, auch als ich den Blick zu den Büschen und Bäumen der Umgebung lenke, die mannigfach Versteckmöglichkeiten bieten. Ich stelle mir vor, dass ihn ein menschliches Bedürfnis hinter eine solche Deckung geführt hat; vielleicht war es ihm unangenehm, im Haus zu fragen …
    Doch dann erkenne ich meinen Irrtum. In dem Moment, als dumpfer Hammerschlag an mein Ohr dringt, erkenne ich ihn.
    Ich erstarre. Erst jetzt fällt mir auf, dass der Messingschlüssel in der Tür zur Gruft steckt und dass die Tür nicht ganz schließt. Es ist nur ein kleiner Spalt, aber aus ihm klingt das Dröhnen der Schläge. Metall auf Metall.
    Ich überwinde meine Starre und eile den Stufen entgegen, zuletzt renne ich. Ganz atemlos lange ich bei Meister Cunningham an, der mich bei all dem Lärm, den er verursacht, erst bemerkt, als ich ihm von hinten auf die Schulter tippe.
    Er erschrickt. Aber nicht wie ich erschrocken bin, als ich mich erinnerte, dass ich ihm am Vortag zeigte, wo der Schlüssel zur Gruft hinterlegt ist. Da aber hatte ich die feste Vorstellung, dass er zunächst den Außenauftrag erfüllen würde, bevor er sich an die Beseitigung der christlichen Symbole im Innern macht.
    Mein Fehler.
    Er sieht mich fragend an, erkennt sofort, dass ich aufgebracht bin. Ich fange mich, während mein Blick auf das lose Geröll fällt, das er begonnen hat aus der ersten Sargnische zu schlagen, sodass das Kreuz, das dort prangte, schon nicht mehr als solches zu erkennen ist.
    »Habe ich Euch falsch verstanden?«, fragt er, und ich verneine.
    »Wenn, dann liegt das Missverständnis bei mir. Ich wusste nicht, dass Ihr so schnell hineingeht. Sonst …«
    »Sonst?«
    Mir fallen die rechten Worte nicht ein, um ihm zu erklären, dass ich vorhatte, dabei zu sein – von Anfang bis Ende dabei zu sein –, wenn er sich ins Innere begibt. Auch wenn es fortan nicht länger Gott geweiht sein soll, wird es immer heilig für mich bleiben. Nur auf ganz andere Art.
    »Schon gut, schon gut.« Ich trete von ihm zurück. »Ich danke Euch, dass Ihr so schnell gekommen seid und Wort haltet.«
    Er mustert mich schweigend, das Gesicht von harten Linien durchkerbt und einer »Kriegsbemalung« aus Steinstaub und Schweiß, dann nickt er.
    »Kann ich dann …?« Er zeigt mit dem Meißel auf das begonnene Werk.
    »Natürlich. Ich werde Euch ein Frühstück und zu trinken bringen lassen. Ihr habt gewiss noch nicht –«
    »Danke, aber ich habe alles dabei.«
    Ich merke, dass er weitermachen will. Allein weitermachen will, ohne meine Gesellschaft.
    Mein Blick wandert zu dem einen und wichtigsten der Sarkophage. Selbst aus der Entfernung, ohne die Hände darauf zu legen, spüre ich, wie es mich aus dem Innern lockt und wärmt.
    Bald, vertröste ich die Fühler, die sich nach mir strecken. Heute Nacht, Liebste, heute Nacht bin ich wieder zur Stelle. Verzeih, dass deine Ruhe so grob gestört wird. Aber ich musste es befehlen. Ich ertrage das Kreuz in deiner Nähe nicht länger. Verzeih mir, verzeih …
    Ich wende mich ab.
    Als ich die Gruft verlasse und ihr den Rücken kehre, sehe ich vor mir eine Gestalt aus dem Hausschatten treten. Ich erkenne sie auf Anhieb. Es ist mein guter Freund Edmond – auch wenn mich seine grimmige Miene daran zweifeln lassen könnte. Daran, dass er mir immer noch gewogen und in inniger wie unerschütterlicher Freundschaft zugetan ist.
*
    »Was geht da vor? Woher rührt der Lärm? Er kommt doch nicht wahrhaftig aus der Gruft? Sag mir, dass ich mich irre. Sag mir,
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