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Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Titel: Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)
Autoren: Manfred Weinland
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Tagen davor, und es gibt auch nichts auszusetzen an den Speisen, dennoch nutze ich sofort die Gelegenheit, das Besteck auf den halb vollen Teller zu legen und den Stuhl zurückzuschieben. Im Aufstehen rufe ich meiner Haushälterin zu, deren Schritte bereits in der Vorhalle erklingen: »Ich gehe selbst, Martha – danke!«
    Aber die Tür ist schon offen, als ich dazu komme, und Marthas Miene ist ein großes Fragezeichen. Der hagere Besucher nickt mir zu, als er mich nahen sieht. Etwas an ihm kommt mir vertraut vor, obwohl ich ihm nie zuvor begegnet bin. Er hat eine ganz besondere Aura.
    »Das ist Mister Cunningham – er sagt, er wäre bestellt. Es gehe um Handwerksarbeiten.« Marthas Tonfall bringt nun zu allem Unverständnis auch Missbilligung zum Ausdruck, getreu dem Motto: Warum werde ich darüber nicht vorab informiert?
    »Mister Cunningham, ja.« Ich schüttele ihm die Hand und wende mich Martha zu. »Die Firma Cunningham erbaute vor vielen Jahren unsere Familiengruft. Ich habe in alten Dokumenten recherchiert und bin auf sie gestoßen.«
    Marthas Missbilligung weicht einem anderen, schwerer deutbaren Ausdruck. Sie scheint betroffen. Sie weiß, wie ich seit Liz’ Tod leide, mehr dahinvegetiere denn lebe. Als sie heute Morgen zur Tür hereinschneite, fand sie mich noch im Bett liegend, aber aufgeräumt wie seit Langem nicht mehr. Ich merkte ihr an, wie froh sie darüber war, dass ich die Lethargie, in die ich verfallen war, wieder abgestreift hatte. Doch nun, kaum dass die Sprache auf das Familiengrab kam, war die Sorge sofort wieder da, die Sorge, dass es nur des kleinsten Anstoßes bedurfte, um mich wieder in Trauer und Selbstmitleid zu verlieren.
    »Danke, Martha, ich kümmere mich jetzt selbst um unseren Gast. Wir gehen beide in den Garten. Du kannst abräumen. Ich bin gesättigt. Das Essen war vorzüglich, wie immer.« Ich greife nach meinem leichten Umhang und leite Mr. Cunningham zur Türe hinaus.
    Die Sonne ist hinter dem Dunst, der über der Landschaft liegt, kaum zu erkennen, erinnert fast an eine nächtliche Mondscheibe.
    Mister Cunningham ist ein wortkarger Gesell, aber das ist mir allemal lieber als das schwatzsüchtige Gegenteil, auf das ich viel zu oft in meinem Leben traf.
    Noch bevor wir um die Ecke biegen, von der aus die Gruft von Weitem zu sehen ist, gerät mein Schritt ins Stocken. Wir bleiben beide stehen, und ich frage ganz unverblümt: »Glaubt Ihr an Gott, Sir?«
    Er ahnt nicht, worauf ich wirklich hinauswill, wie sollte er auch?
    »Natürlich – wie jeder gottesfürchtige Mensch lebe ich meinen Glauben seit meiner frühesten Kindheit, Sir. Aber ich verstehe nicht …«
    »Nun«, unterbreche ich ihn, »es ist Eure freie Entscheidung und Euer freier Wille, das zu tun – auch in Zukunft. Allerdings habe ich eine etwas heikle Bitte, von der ich dennoch hoffe, dass sie von Euch zu erfüllen ist. Doch wenn nicht, sagt es bitte gleich und frei heraus.«
    »Ich dachte, es ginge um die Gruft.«
    »Es geht um die Gruft.«
    »Was ist damit?«
    »Kommt weiter, dann zeige ich es Euch.«
    Wir durchqueren den Garten, und dort ragt er auf, der tempelartige, moosbewachsene Bau, den ich die Nacht zuvor besuchte und es nicht bereute.
    Schon aus der Entfernung ist die Kreide zu sehen.
    Ich höre Meister Cunningham tief ausatmen. »Jetzt verstehe ich. Irgendein Trunkenbold hat das Grab Eurer Familie aufs Schändlichste entweiht! Aber …« Während er spricht, eilen wir der Gruft entgegen und erreichen sie. »Aber ich denke, dafür hättet Ihr keinen Steinmetz anfordern müssen, Sir. Ein Eimer warmes Wasser und eine Bürste sollten genügen, um –«
    »Ihr missversteht«, sage ich. »Die Kritzelei stammt von mir.«
    »Von Euch?« Er wird ganz blass um die Nasenspitze. »Sir, mit Verlaub –«
    Edmonds Warnung scheint sich zu bewahrheiten. Mit knappen Worten versuche ich, dem Handwerker zu erklären, worum ich ihn bitte – und warum.
    Am Ende überrascht er mich mit den Worten: »Ich verstehe. Ich verstehe Euch besser, als Ihr ahnt.« Und dann erzählt er mir von seinem eigenen Verlust: seinem einzigen Kind, das der Herrgott vor zwei Jahren zu sich befohlen hat. Im zarten Alter von gerade erst neun.
    Neun!
    Elender … Ich bezähme die Flüche, die aus mir herausdrängen wie Magma aus dem Schlund eines Vulkans, die Flüche an Ihn.
    »Werdet Ihr also tun, worum ich Euch bitte?«, frage ich. »Es soll Euer Schaden nicht sein.«
    Für einen Moment scheint die Stimmung zu kippen. Aber er schaut mich lange an
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