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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
Autoren: Anthony Horowitz
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schnaubten. Reade und Dolan waren bereits aufgesprungen. Miss Keyland war geschockt, Sir Ian erbost.
    Eine Person trat aus der Dunkelheit hervor.
    Es war der Reisende. Wer hätte es auch sonst sein sollen? Und jetzt muss ich einen kurzen Abstecher machen und von ihm berichten, dem einzigen Mann, der zu meinen Lebzeiten ins Dorf gekommen war, dem einzigen Außenseiter, dem erlaubt worden war, hierzubleiben.
    Er war vor sieben Jahren aufgetaucht, als ich acht war, und zwar in einem Hausboot, das von einem schwarzweiß gescheckten Shire-Mix gezogen worden war. Das hört sich an, als wäre er so etwas wie ein Zigeuner, was auch stimmen konnte, wenn da nicht noch etwas anderes gewesen wäre, das er immer verbarg. Er war ungefähr vierzig und hatte dunkle, intelligente Augen, mit denen er einen nie direkt ansah, und er hatte die Angewohnheit, niemals genau dort zu sein, wo man mit ihm rechnete. Er erinnerte mich in vieler Hinsicht an einen Schauspieler. Ich hatte Bilder von Schauspielern aus der Zeit von Shakespeare gesehen und er hatte denselben Ausdruck, dieselbe Selbstsicherheit. Auch seine Stimme passte dazu. Wenn er etwas sagte, hörte man ihm automatisch zu.
    Manche sagten, dass er für die Regierung gearbeitet hatte, andere behaupteten, dass er zur Army oder der Air Force gehört hatte, aber niemand wusste etwas Genaues. Er war mit seinem Hausboot – der Lady Jane - den Fluss heruntergekommen und natürlich hatten sie ihn sofort von Bord gezerrt und verhaftet. Die Hälfte der Dorfbewohner wollte ihn wegjagen und die andere Hälfte war ihm auch nicht freundlicher gesonnen. Es gab etliche, die ihn am liebsten am nächsten Baum aufgehängt hätten, damit er niemandem berichten konnte, wie viele wir waren und welche Vorräte wir hatten. Aber der Reisende hatte diese besondere Stimme eingesetzt, um sich aus allem herauszureden. Er hatte zum ganzen Dorf gesprochen, und als es schließlich zur Abstimmung kam, wurde entschieden, dass er bleiben durfte.
    Wie er das geschafft hatte? Nun, zum einen waren da die ganzen Schätze, die er auf seinem Boot hatte – Essen und Medikamente, die er ebenso gut flussaufwärts hätte verstecken können, die er jedoch bereitwillig teilte. Er hatte sogar ein paar Flaschen Whisky dabei, was ihm viele Freunde verschaffte. Und da war noch sein Pferd, das eine Zeit lang zur Arbeit eingesetzt wurde, dann aber recht schnell die gesamte Bevölkerung mit frischem Fleisch versorgte. Ich persönlich mag kein Pferdefleisch.
    Es ist zäh und ledern und hat einen ekligen Geruch -aber wenn man lange genug nur fades Gemüse gegessen hat, ist einem alles willkommen, in dem ein Knochen steckt. Der Reisende teilte seinen gesamten Besitz mit dem Dorf – nur seinen Namen behielt er für sich. Er machte sein Boot etwa vierhundert Meter flussabwärts fest und lebte dort ganz allein. Er kam nie zu den Versammlungen. Andererseits war er ein geschickter Handwerker und half bei der Reparatur der Dächer, die unter den Winterstürmen gelitten hatten. Fast ohne Hilfe baute er die Mauer am unteren Ende des Schweineauslaufs wieder auf, die schon seit Jahren langsam vor sich hin bröckelte. Die Leute vertrauten ihm immer noch nicht hundertprozentig, aber er blieb meistens für sich und machte sich keine Feinde, deshalb ließen sie ihn in Ruhe.
    Aber was er jetzt getan hatte, war gegen jede Regel. Er war während einer Ratssitzung in die Kirche gekommen, und als wäre das heimliche Zuhören nicht schlimm genug, hatte er es auch noch gewagt, sich zu zeigen und seine Meinung zu äußern, obwohl sie keiner hören wollte. Außerdem kam er näher, ging an mir vorbei und baute sich vor den Ratsmitgliedern auf. Dabei musterte er Jamie aus dem Augenwinkel und lächelte in sich hinein, als hätte er schon lange darauf gewartet, ihn zu treffen, und wäre extra deswegen hergekommen.
    „Das ist eine Unverschämtheit“, rief Sir Ian in dem Tonfall, den er vermutlich früher vor Gericht angeschlagen hatte. „Reisender, du hast überhaupt kein Recht, hier zu sein …“
    „Er spioniert uns aus!“, sagte Dolan. Spionieren. Das war plötzlich jedermanns Lieblingswort.
    „Und wir haben dich nicht nach deiner Meinung gefragt.“
    „Ich werde sie aber trotzdem sagen.“
    Reade und Dolan bewegten sich bereits drohend auf den Reisenden zu. Ich zweifelte nicht daran, dass sie ihn packen und aus der Kirche werfen würden – vielleicht sogar ins Gefängnis. Es gab da eine Grube in der alten Autowerkstatt, ein rechteckiges Loch, das mit
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