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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich
Autoren: C. S. Forester
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je dazu überginge, vorher Notizen zu machen, würden sie diese bis jetzt noch unbestimmte Form annehmen.
    Die Geschichte heißt ›The Point and the Edge‹ (Spitze und Schneide). Die Zeit ist 1819, und Hornblower ist ein älterer Kapitän auf Halbsold. Wie immer verlangt seine Ruhelosigkeit nach Betätigung, und seit geraumer Zeit hat er Fechtunterricht genommen. Durch diese Übung ist er nun sicher geworden in seiner Überzeugung, daß die Spitze, geschickt angewandt, jedes Mal Sieger bleiben wird über die Schneide. Die verschiedenen Nahkämpfe, die er erlebt hat, steigen in seiner Erinnerung wieder auf. England steckt tief in der Baisse der Nachkriegszeit.
    Die Leute hungern, weil sie keine Arbeit finden, und das Verbrechen wuchert trotz der grausamen Gesetze, die bestimmen, daß ein Mensch wegen eines Diebstahls von fünf Schilling aufgehängt werden kann. Hornblower ist eingeladen, in Portsmouth auf dem Flaggschiff eines Freundes - sagen wir des Lord Exmouth - zu Abend zu speisen. Lord Exmouth hat das Glück, auch in der verminderten Navy, die England noch unterhält, Verwendung gefunden zu haben. Hornblower fährt mit Barbara hinunter und steigt im George ab. Am späten Nachmittag überprüft Barbara ihn noch einmal, sieht zu, daß seine Zivilkleidung gut in Ordnung ist, daß er auch seine goldene Uhr mit Kette trägt und den Spazierstock aus Ebenholz mit dem Goldknopf nicht vergißt. Sie begleitet ihn an die Tür, um dann als pflichtgetreues Weib einen langweiligen Abend allein zu verbringen.
    Exmouth und Hornblower haben natürlich einen sehr unterhaltsamen Abend, besprechen die Lage des Vaterlandes und Angelegenheiten der Navy; Exmouth reibt sich fröhlich die Hände und erzählt Hornblower von der umwälzend neuen Methode der Rekrutierung, die jetzt angewandt wird: Keine flammenden Anschläge mehr, keine Preßkommandos - hungernde Seeleute stehen Schlange und warten auf eine Gelegenheit, sich für die Royal Navy einzuschreiben. Die Kommandanten haben die Auswahl. Das Dinner ist vorbei, Hornblower macht sich in modischer Kleidung, mit Goldknopf am Spazierstock und allem Drum und Dran auf den Heimweg zum George. An einer dunklen Ecke springt ihn ein Mann an. Er ist barfuß, Hemd und Hose sind zerschlissen, er hat Hunger. Er hat einen vom Baum gebrochenen Knüppel in der Hand - sein ganzes Hab und Gut, sein einziges Kapital. Er bedroht Hornblower mit seinem Stock und verlangt sein Geld. Dieser Strolch riskiert tatsächlich sein Leben, riskiert, gehängt zu werden für eine Mahlzeit. Hornblowers Freigebigkeit kommt gar nicht dazu, sich geltend zu machen. Gegen Gewalt reagiert er heftig, und ohne zu denken fällt er gegen den Kerl aus und stößt mit seinem Stock kräftig zu. Die Spitze schlägt die Schneide - der Stich trifft den Räuber an der Wange, so daß er halb betäubt zurücktaumelt, für den Augenblick kampfunfähig gemacht. Hornblower schlägt ihm über das Handgelenk, so daß er den Knüppel fallen läßt und Hornblower auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert ist. Hornblower könnte nun nach der Wache rufen, den Mann gefangen nehmen und dem sicheren Tode zuführen lassen, aber natürlich bringt er das nicht über sich. Statt dessen treibt er ihn vor sich her, zurück zu Exmouth' Schiff. ›Mylord, wollen Sie mir bitte noch einen Gefallen tun?
    Würden Sie wohl so freundlich sein und diesen Mann für Ihre Besatzung einschreiben?‹ Da haben Sie die Geschichte. Fünf Tage methodische Arbeit am Schreibtisch und sie wäre fertig zum Druck. Mit dem üblichen Schauer der Erregung hat sie sich in dieser Form dargeboten, ungesucht, und nur zu dieser Periode in Hornblowers Leben passend, zu keiner anderen - sie müßte nur noch geschrieben werden. In genau der gleichen Art nehmen auch lange Romane ihre Form an und richten sich nach der Zeit, in der sie spielen. So ist es in meinem Leben immer und immer wieder gewesen, vielleicht Hunderte von Malen, und noch immer weiß ich nicht, wie und warum das so vor sich geht. Die Anpassung an den benötigten Zeitabschnitt läßt sich aber vielleicht doch erklären, denn es geht ja nicht anders, als daß die Ideen in ihn hineingeschleust werden.
    Es ist eine seltsame Sache, mit dieser Begabung geboren zu sein. Wie die Clowns in den Pausen der Zirkusschau verdiene ich mein Brot mit meinem Hinfallen, aber doch wohl mit weit größerer Bequemlichkeit, nehme ich an. Und - dieser Schluß ist nicht zu umgehen - ich habe meine Erfindungsgabe ausgeschlachtet wie Barnum und Bailey
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