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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich
Autoren: C. S. Forester
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die Natur, die Oscar Wildes Herz entzückt hätte.
    Im Anschluß an dieses Thema möchte ich nebenbei noch etwas erwähnen, das ich zu erzählen vergaß, als ich mit dem ›Kommodore‹ beschäftigt war: Mit jenem Buch brachte ich eine mir wertvolle Freundschaft in Gefahr, ja, fast zerbrach sie daran: Das kam so: Ein hervorragender Historiker und mein langjähriger Freund schrieb mir, nachdem er den ›Kommodore‹ gelesen hatte: ›Ich wußte davon, daß britische Streitkräfte bei der Belagerung von Riga mitgefochten haben, aber es ist mir nie gelungen, mehr darüber ausfindig zu machen.
    Welches waren Ihre Quellen?‹ Ich konnte als Antwort nur stammeln, daß ich keine Quellen hatte, daß ich einfach beschlossen hatte, Riga könne nicht belagert worden sein, ohne daß britische Kräfte zu Hilfe kamen, und daß Hornblower (wie gewöhnlich) mir eben zur Hand gewesen sei. Wer den Brief, den ich zur Antwort bekam, nicht gelesen hat, wird mir kaum glauben, was für einen herben Verweis jener Historiker mir verpaßte. Er tut noch heute weh, obwohl ich weiß, daß er unverdient war. Die sonst so freudige Arbeit am Aufbau des neuen Buches hatte diesmal ihre traurigen Seiten. Es ging um die arme Maria; da war sie in ihren Flitterwochen, begann eben das eheliche Leben und hatte Kinder. Ich wußte, welches Schicksal ihr und ihren Kindern bevorstand. Jetzt konnte ich doch sicher ein wenig Freude in ihr sonst so freudloses Dasein bringen? Fast keine.
    Es war Krieg. Hornblower diente in der Kanal-Flotte; und Hornblower war Hornblower. Angesichts dieser Verquickung der Verhältnisse konnte ich nur sehr wenig für sie tun. Aber vor der Enttäuschung konnte ich sie wenigstens bewahren und ihr so auf eine negative Art helfen; aber ich konnte keinesfalls zulassen, daß Sentimentalität meine Geschichte verdarb. Wir wußten ja schon, in was für eine Art Mann Hornblower hineinwachsen sollte; wir wußten schon, wie diese Ehe sich entwickeln mußte. Es schien, als läge über dieser ganzen Angelegenheit eine calvinistische Vorbestimmung. Das Menetekel war schon an die Wand geschrieben. Maria war ein Schmetterling, der zwischen den Mühlrädern von Tatsache und Erfindung zermalmt und zerquetscht wurde - und konnte irgend jemand wohl weniger schmetterlinghaft sein als sie?
    Noch etwas anderes habe ich bisher nicht erwähnt. Es ist ein Aberglaube von mir, daß es keine ruhige Minute mehr gibt, wenn der Entwurf fertig ist und ich mich der Niederschrift zuwende. Wahrscheinlich ist es so, daß ich während der glücklichen Zeit des Erfindens gegen die kleinen Unglücksfälle des täglichen Lebens nicht so empfindlich bin; wenn ich aber schreibe, bin ich leicht überempfindlich dagegen. Es kommt mir immer so vor, als ob im Augenblick, wo ich ›Seite 1‹ schreibe und mit der ehrlichen Arbeit beginne, eine Sache nach der anderen passiert, so daß es überhaupt keine untätige Minute mehr gibt. Während ich an ›Hornblower auf der Hotspur ‹ schrieb, wurde das Zusammentreffen der Ereignisse geradezu unheimlich. Ich hatte erst ein paar Seiten geschrieben, als quer über die Straße, keine fünfzig Meter vom Fenster meines abgelegenen Arbeitszimmers entfernt, in dem gewöhnlich Grabesstille herrschte, eine andere Art von Aufbauarbeit begann. Alle Preßluftbohrer und Preßlufthämmer, alle Betonmischer, alle Marterwerkzeuge Kaliforniens kamen, um hier zu arbeiten. Der unaufhörliche Lärm war entsetzlich. Unter anderen Umständen wäre ich ausgezogen - aber wie konnte ich das jetzt?
    Wenn es hoch kam, hätte ich fünfzig Nachschlagewerke mitnehmen können, aber nur in der Gewißheit, daß ich das einundfünfzigste brauchen würde, wenn ich plötzlich wissen mußte, welchen Umfang ein Oxhoft Schweinefleisch hatte und was es wog, oder wie groß die Reichweite einer französischen Feldhaubitze war. Es blieb mir nichts übrig als zu versuchen, mich meinen Schauungen hinzugeben und inmitten all des Höllenlärms weiterzuarbeiten. Mitten in diese geräuschvolle Periode hinein kam die Nachricht, daß ein Freund ernstlich erkrankt sei. Er war so krank, so einsam und so sehr mein Freund, daß ich nicht umhin konnte, mich um Ärzte und Krankenhaus zu kümmern. Die Tinte, mit der ich die diesbezüglichen Briefe geschrieben hatte, war kaum getrocknet, als ich meine Sekretärin verlor und eine neue suchen mußte. Das Wahrste, was Abraham Lincoln je gesagt hat, war seine Warnung, die Sekretärin zu wechseln, während man an einem Roman schreibt. Dann, als
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