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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore
Autoren: C. S. Forester
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zweitenmal läutete, schlug es gerade halb. Er sagte, wenn Sie wenigstens mit den Sachen herumwürfen oder ein Lied sängen, dann wäre es nicht halb so schlimm. Aber immer nur dieses Auf und Ab, Auf und Ab, Sir - Seine Lordschaft meinten, man müsse dabei immer an den Tod und an das Jüngste Gericht denken. Es sei ebenso arg regelmäßig und eintönig. Als seine Lordschaft das erstemal läuteten, habe ich gesagt, wer Sie sind, Sir. Aber jetzt...«
    Hornblower, der sich von der Flut seiner Gedanken hatte fortspülen lassen, war indessen allmählich wieder auf dem festen Boden der Wirklichkeit gelandet. Er sah die aufgeregten Gesten des armen Wirts, der zwischen dem Zornteufel des unbekannten Lords im unteren Stockwerk und den Hochseeträumen des Kapitäns z. S. Horatio Hornblower im oberen in einer bösen Klemme saß, und mußte darüber lächeln...
    Es kostete ihn sogar Mühe, nicht laut herauszuplatzen. Man konnte sich ja dieses ganze lustige Zwischenspiel so hübsch ausmalen: Den cholerischen Aristokraten dort unten, dazu den Wirt, der eine heillose Angst davor hatte, es mit einem der beiden wohlhabenden und einflußreichen Gäste zu verderben, und, um allen Verwicklungen die Krone aufzusetzen, Brown, der sich, solange es irgendwie tragbar schien, standhaft und hartnäckig gegen jeden Versuch zur Wehr setzte, die Gedankenarbeit seines Herrn zu stören. Hornblower bemerkte, wie die beiden Männer auf sein Lächeln hin sichtlich erleichtert aufatmeten, und darüber mußte er nun wirklich hellauf lachen.
    Gewiß, er war in letzter Zeit recht reizbar gewesen, und sicherlich hatte Brown deshalb auch jetzt einen Ausbruch erwartet, von dem armen Wirt ganz zu schweigen, der sich ohnehin bei einem Gast keine andere Reaktion vorstellen konnte. - Diese Wirte erwarteten gar nichts anderes, als daß die Gäste, die ihnen das Schicksal zuführte, wegen jeder Kleinigkeit einen Koller bekamen. Hornblower mußte daran denken, daß er Brown erst heute morgen ohne jeden Anlaß aufgefordert hatte, ihm den Buckel herunterzurutschen. Aber Brown war eben doch nicht ganz so gewitzt, wie es den Anschein hatte, denn heute früh, als das geschehen war, da hatte er, Hornblower, sich noch als ein zum Landleben und zum Ziviltragen verurteilter Seeoffizier herumärgern müssen, heute Abend dagegen war er Kommodore mit einem Verband, der darauf wartete, daß er seinen Stander setzte. Konnte es da noch etwas geben, was ihm die Laune verdarb? Diesen Wandel der Dinge hatte Brown nicht in Rechnung gesetzt. »Versichern Sie Seine Lordschaft meiner Hochachtung«, sagte er, »und bestellen Sie ihm, daß der Unglücksmarsch augenblicklich aufgehört hat. Brown, ich möchte zu Bett gehen.«
    Der Wirt eilte froh und erleichtert die Treppe hinunter, Brown aber nahm einen der Leuchter - die Kerze war bis auf einen kurzen Stummel niedergebrannt - und leuchtete seinem Herrn ins Schlafzimmer voran. Hornblower schälte sich aus seinem Rock mit den schweren, goldgestickten Epauletten, den Brown eben noch rechtzeitig auffing, ehe er zu Boden fiel. Schuhe, Hemd und Hose folgten, und dann fuhr Hornblower in das prachtvolle Nachthemd, das auf dem Bett ausgelegt war. Dieses Nachthemd war aus schwerer, chinesischer Seide mit Brokatborten und Falbeln am Hals und an den Ärmeln. Barbara hatte mit Hilfe ihrer Freunde in der Ostindischen Kompanie eigens eine Bestellung in den Fernen Osten geschickt, um es zu bekommen. Der in ein Tuch gewickelte heiße Ziegelstein, der im Bett lag, hatte sich zwar schon erheblich abgekühlt, dafür hatte sich seine Wärme aber höchst angenehm auf das ganze Bett verteilt und bot Hornblower ein freundliches Willkommen, als er sich wohlig hineinkuschelte.
    »Gute Nacht, Sir«, sagte Brown und löschte das Licht. Da stürzte die Finsternis aus den Ecken des Zimmers hervor, und zugleich mit ihr eilte eine Fülle wilder Traumgesichter herbei.
    Ob im Schlaf oder im Wachen - Hornblower hatte am nächsten Morgen keine Ahnung -, jedenfalls verfolgten ihn auch für den Rest der Nacht die tausend Schwierigkeiten dieser bevorstehenden Ostseeunternehmung, bei der für ihn wieder einmal Leben, Ruf und Selbstachtung auf dem Spiele standen.

4. Kapitel
    Hornblower beugte sich auf seinem Sitz in der Kutsche vor und spähte durch das geschlossene Fenster hinaus. »Der Wind schießt wohl etwas nach Norden aus«, bemerkte er, »er steht jetzt anscheinend bereits aus West zu Nord.«
    »Ja, Liebster«, erwiderte Barbara geduldig.
    »Verzeihung, lieber Schatz«,
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