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Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
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Mordmotiv wäre, – wieviele Männer, wieviele Frauen hier in der Stadt, im Dorf in Krivá selbst wären noch am Leben? Das, bitte, lassen wir lieber beiseite; aber ich frage, wieso wissen wir um den Ehebruch der Polana Hordubal? Es ist wahr, das ganze Dorf ist hier vorbeidefiliert und hat gegen die angeklagte Frau ausgesagt. Meine Herren, denken Sie einmal nach: wer von uns ist sicher vor seinen Nächsten und Nachbarn? Wissen Sie etwa, oder Sie, was Ihre Umgebung über Sie erzählt? Vielleicht noch schlimmere Dinge als über dieses unglückliche Weib; keine Unbescholtenheit beschützt Sie vor falscher und ehrenrühriger Nachrede. Die Anklage hat sich keinen einzigen Zeugen erspart, der da Lust und Mut bekundete, eine wehrlose Frau zu schmähen –.
    Ich verwahre mich dagegen, daß hier die Zeugen beleidigt werden, ruft der Staatsanwalt.
    Das ist unstatthaft, sagt der Gerichtsvorsitzende. Ich muß bitten, daß es sich nicht wiederhole.
    Das schmucke Männchen verbeugt sich knapp und höflich. Bitte. Man hat hier alle Zeugen einvernommen, die etwas gegen Polana Hordubal zu sagen hatten. Aber die Anklage hat es unterlassen, einen Zeugen über diese Frau, ich möchte sagen, den Kronzeugen vorzuladen. Dieser Zeuge ist der ermordete Juraj Hordubal.
    Das schmucke Männchen schwenkt ein Schriftstück in der Luft. Meine Herren Geschworenen, zehn Tage vor seinem Tod hat Juraj Hordubal, Gazda aus Krivá, diesen letzten Willen niederschreiben lassen. Und darin, wie wenn er geahnt hätte, daß man seiner Stimme bedürfen werde, hat er (der junge Advokat liest mit hoher und erregter Stimme) folgendes zu schreiben geheißen: Mein gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen vermache ich meinem Weibe Polana, geborene Durkota, für ihre Treue und eheliche Liebe. Hier bitte, meine Herren. – Für ihre Treue und eheliche Liebe. Das ist das Vermächtnis Juraj Hordubals, das ist seine Zeugenaussage. Wir haben hier die Aussage des Hirten Mischa gehört, Hordubal lasse Ihnen mitteilen, daß Polana ein braves und treues Weib gewesen ist. Ich gestehe, daß mich Mischas Aussage überrascht hat; sie klang für mich wie eine Stimme aus dem Jenseits. Hier haben Sie ein geschriebenes Zeugnis, das Zeugnis des einzigen Mannes, welcher Polana wirklich gekannt hat. Der Knecht Manya hat sich vor seiner Schwester gerühmt, daß er ein Verhältnis mit seiner Herrin habe. So sieht die Rede eines Knechtes aus, und so (mit einem Schlag der Hand auf das Schriftstück) sieht die Rede des Gatten vor Gott aus. Meine Herren, es steht bei Ihnen, wem von diesen beiden Sie glauben werden.
    Der junge Advokat senkt nachdenklich den Kopf. Wird dadurch der Ehebruch meiner Klientin hinfällig, so entfällt damit auch jeglicher Beweggrund, daß sie sich ihres Mannes entledigen solle. Sie werden mir entgegenhalten, daß sie sich im achten Monat der Schwangerschaft befindet; aber meine Herren, ich kann Ihnen zahllose ärztliche Autoritäten anführen, die Ihnen beweisen, wie irrig die Altersbestimmung einer ungeborenen Leibesfrucht zu sein pflegt. Und das scharfsinnige Männchen leiert eine Reihe autoritärer wissenschaftlicher Ansichten herunter. Der erfahrene Advokat des Manya schüttelt den Kopf: damit hat er es verdorben, die Geschworenen haben wissenschaftliche Argumente nicht gern; aber das mit dem Testament war geschickt. Stellen Sie sich vor, meine Herren Geschworenen, daß Sie Polana Hordubal verurteilen und daß Juraj Hordubals Kind, das lebendige Vermächtnis der Treue und ehelichen Liebe, im Kerker geboren wird, gebrandmarkt als Kind einer Ehebrecherin. Bei allem, was uns heilig ist, warne ich Sie, meine Herren Geschworenen: begehn Sie keinen Justizirrtum an einem ungeborenen Kinde.
    Das schmucke Männchen setzt sich und trocknet sich den Schweiß mit einem parfümierten Taschentuch. Gratuliere, Herr Kollege, dröhnt ihm der alte Tribunalkämpfer ins Ohr, nicht schlecht plädiert. Doch da erhebt sich der Staatsanwalt zur Replik.
    Er ist rot und seine Hände beben. Wenn schon einem Kind kein Unrecht geschehen soll, dann bitte, stößt er heiser hervor. Herr Kollege Rechtsanwalt, hier hat das Kind des Juraj Hordubal, Hafia, ausgesagt. Ihre Aussage werden Sie wohl nicht (Faustschlag auf den Tisch) – üble Nachrede nennen. Ich hoffe es wenigstens. (Das schmucke Männchen verneigt sich und zuckt die Achseln.) Übrigens danke ich Ihnen, daß Sie uns das Testament Juraj Hordubals gebracht haben, das einzige, was uns hier gefehlt hat (der Staatsanwalt reckt
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