Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
Vom Netzwerk:
Onkel Stefan gern. Hat sie für ihn gut gekocht? Ja, aber er gab mir immer davon. Und wen hattest du am liebsten? Das Mädchen windet sich schamhaft. Onkel Stefan.
    Und wie war das, Hafia, in der letzten Nacht, als der Vater starb. Wo hast du geschlafen? Bei der Mutter in der Kammer. Hat dich nicht etwas geweckt? Ja. Jemand hat an das Fenster geklopft und die Mutter ist auf dem Bett gesessen. Und weiter? Weiter nichts, die Mutter hat gesagt, ich soll schlafen, wenn ich keine Schläge kriegen will. Und du hast geschlafen? Ja. Und hast nichts weiter gehört. Nichts, nur daß jemand im Hof herumgegangen ist, und die Mutter war fort. Und wer da gegangen ist – das weißt du nicht? Das Mädchen macht erstaunt den Mund auf. No, Stefan. Mit wem sollte die Mutter sonst hinausgehen?
    Eine furchtbare Stille herrscht in dem Saal, man atmet schwer. Ich verfüge eine Pause, sagt der Vorsitzende rasch und fuhrt Hafia an der Hand hinaus. Bist ein braves Mädchen, brummt er, brav und vernünftig; aber sei froh, daß du nicht weißt, um was es sich handelt. Die Geschworenen durchsuchen ihre Taschen, um Hafia etwas zu schenken: sie drängen sich um sie herum, um ihr wenigstens das Haar zu streicheln.
    Und wo ist Stefan? fragt Hafias Silberstimmchen. Da ist schon der dicke Gelnaj da, schnaubt und drängt sich zu Hafia durch: komm, Kleine, komm, ich bringe dich nach Hause. Aber in den Gängen drängen sich die Leute und stecken Hafia hier einen Apfel, dort ein Ei oder ein Stück Kuchen zu, schneuzen gerührt in ihr Taschentuch, die Weiber küssen sie und weinen reichlich; Hafia hält krampfhaft Gelnajs dicken Finger umschlossen und ist selbst nahe daran zu weinen; aber Gelnaj sagt, wein' nicht, ich kaufe dir Zuckerwerk, und das Mädchen beginnt vor Freude zu hüpfen.
    Die Verhandlung schleppt sich weiter, manchmal hat es den Anschein, als schürzte sich ein Knoten, einige Hände müssen ihn entwirren. Es sagen aus: Pjosa, genannt der Husar, Alexa Vorobec Metru und sein Weib Anna und die Frau des Herpak, legen Zeugnis ab über dieses Weib hier, Polana Hordubal. Ach, gütiger Gott, es ist schier schandhaft, was die Leute alles über die Menschen zu sagen wissen; da braucht Gott nicht zu richten, die Menschen richten selber. Und zur Zeugenaussage meldet sich der Hirte Mischa. Treten Sie näher, Zeuge. Wie alt seid Ihr?
    Was?
    Wie alt Ihr seid, Mischa.
    Ah, ich weiß nicht. Was liegt daran? Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Hordubal läßt euch verkünden, daß sein Weib brav und treu gewesen ist.
    Halt, Mischa, wieso läßt er das verkünden? Wann hat er es Euch gesagt?
    Was?
    Wann er es Euch gesagt hat, Mischa?
    Ah, wann. Nun, ich weiß nicht. Geregnet hat es damals. Er hat mir befohlen, sag du's ihnen, Mischa, dir werden sie glauben.
    Gott mit Euch, Alter, mit so was seid Ihr bis von Krivá hergekommen?
    Was?
    Ihr könnt gehen, Mischa, nicht nötig zu schwören. Wir brauchen Euch nicht mehr.
    Ah, danke ergebenst. Gelobt sei Jesus Christus.
    Der Glaser Farkasch sagt aus. Den Glaserdiamanten hat Manya Stefan bei mir gekauft. Und Sie erkennen ihn? Wie sollte ich ihn nicht erkennen, hier dieser ist es, der gelbe. Manya, stehen Sie auf: gestehen Sie, daß Sie diesen Diamanten bei dem Glaser Farkasch gekauft haben? Ich gestehe nicht. Sie können sich setzen, Manya, aber so werden Sie sich nicht helfen.
    Es sagen aus: die Frau des Baran, die Frau des Hryc, die Frau des Fedor Bobal. Eh, Polana, welche Schande: mit den Fingern weisen sie auf dich, deine Unzucht klagen sie an, Frauen steinigen die Ehebrecherin. Niemand mehr sieht Stefan Manya, vergebens verbirgst du mit den gekreuzten Armen den schwangeren Leib, deine Sünde wirst du nicht verdecken; Stefan hat getötet, du aber hast gesündigt. Seht doch die Schamlose, sie senkt nicht einmal das Haupt, sie weint nicht, sie schlägt nicht die Stirn an die Erde, sie sieht drein, als wollte sie sagen, redet nur, redet, was liegt mir daran. – Angeklagte, haben Sie zu der Zeugenaussage der Marta Bobal etwas zu bemerken?
    Nein. Und sie neigt nicht den Kopf, errötet nicht vor Schande, versinkt nicht vor Scham in den Boden – wie eine Säule.
    Keine Zeugen mehr? Gut, die Verhandlung wird bis morgen unterbrochen. Aber diese kleine Hafia hat fein ausgesagt, nicht wahr? So ein Kind, Herr Kollege, und was es schon alles gesehen hat. Furchtbar, furchtbar. Und trotzdem ihre Aussage wie das Rieseln eines klaren Bächleins. Eine solche Selbstverständlichkeit in allem – als wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher