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Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
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des Geizes! (Der Staatsanwalt hält inne. Verbrechen, nicht Sünde. Hier ist kein Gottesgericht.)
    Und dann ist hier – diese Frau. Wie Sie sie sehen, kühl, berechnend, hart. Zwischen ihr und dem jungen Knecht kann keine Liebe sein, nicht einmal sündige Liebe; nur Unzucht, nur Sünde, nur Sünde – sie hält sich ein Werkzeug ihrer Begierden aus, sie verhätschelt ihn, kümmert sich nicht mal um ihr Töchterchen. Gottes Finger rührt sie an: in ihren Sünden wird sie schwanger. Und da kommt der Gazda aus Amerika zurück, Gott selbst sendet ihn, um den Ehebruch in seinem Hause zu bestrafen. Aber Juraj ist ein Schwächling: niemand unter uns, keiner der Männer, hoffe ich, würde das erdulden, was dieser geduldige und schwachsinnige Gatte schweigend ertragen hat, er, dem vielleicht nur mehr daran gelegen war, im Hause Ruhe zu haben. Aber mit seiner Heimkehr hat die Dollarflut aufgehört; die Bäuerin hat nichts mehr, wodurch sie die Gunst des jungen Tunichtguts aufrechterhalten könnte. Stefan Manya verläßt den Sündendienst; und da bietet ihm der unbegreifliche Schwächling Hordubal, zweifellos auf Drängen seiner Frau, selber die Hand seiner Tochter an, bietet ihm Geld und einen Gutshof dafür an, daß er heimkehre ...
    Der Staatsanwalt verspürt in der Kehle ein würgendes Unbehagen von Ekel. Und nicht genug daran. Es scheint, daß Stefan ihn erpreßt und bedroht. Da hat auch dieser geduldige Schwächling endlich genug davon und wirft den dreisten Mitesser hinaus. Aber von diesem Augenblick an hat er Angst um sein Leben, sucht irgendwo jenseits der Berge Arbeit, macht nachts mit der Laterne die Runde und wacht. Aber der Mordplan ist fertig: der alte Bauer ist dem geilen Weib und dem geldgierigen Knecht zu sehr im Wege; Unzucht und Geiz haben sich gegen ihn verbündet. Der Alte ist krank und kann das Haus nicht bewachen, kann sich nicht wehren; am nächsten Morgen findet man ihn mit durchbohrtem Herzen, im Schlaf ermordet.
    Und das ist das Ende? Der Staatsanwalt wundert sich selbst darüber; er hatte einen glänzenden und beredten Abschluß vorbereitet, aber der scheint ihm in der Kehle steckengeblieben zu sein, und auf einmal, ritz, Schluß: er sitzt da und weiß nicht, wie das gekommen ist. Er blickt fragend auf den Vorsitzenden, es scheint, daß der ihm zustimmend zugenickt hat; die Geschworenen schlucken etwas hinunter, schnaufen durch die Nase und zwei weinen offensichtlich. Der Staatsanwalt atmet auf.
    Manyas Advokat erhebt sich. Ein mächtiger Mensch, und ein Jurist von großem Namen. Der Herr Staatsanwalt hat sich am Schluß seiner wirksamen Rede auf Juraj Hordubals Herz berufen. Hohes Schwurgericht, erlauben Sie mir, mit diesem Herzen die Verteidigung meines Klienten zu eröffnen. Und schon geht es los, wie wenn eine Peitsche knallt: die Anklage selbst gestehe den Zwiespalt im Sachverständigenurteil ein. Ist Hordubals Herz durchbohrt oder durchschossen worden? War die Mordwaffe jene unscheinbare Nadel dort aus dem Besitz des Manya oder die Schußwaffe eines unbekannten Täters? Für meine Person möchte ich mich der Ansicht der hervorragenden wissenschaftlichen Autorität anschließen, welche mit absoluter Bestimmtheit von einer Schußwaffe kleinsten Kalibers spricht. Wohlan, meine Herren, falls Juraj Hordubal erschossen worden ist, dann ist nicht Stefan Manya der Täter – – Und so weiter: Schritt für Schritt zerzupft der berühmte Jurist die Anklage und schlägt mit der dicken Hand den Takt dazu. Es gibt keinen einzigen Beweis gegen meinen Klienten, es gibt nur Indizien. Ich appelliere nicht an die Gefühle des hohen Schwurgerichtes: ich bin überzeugt, daß auf Grund des Anklage- und Prozeßmaterials das Schwurgericht Stefan Manya nicht schuldig sprechen kann. Und der berühmte Jurist setzt sich siegesbewußt und mächtig.
    Gleich als hätte man auf einen Knopf gedrückt, springt eine neue schwarze Figur empor, der Rechtsanwalt der Polana Hordubal, ein junger, schmucker Mensch. Es gibt keinen einzigen direkten Beweis gegen meine Klientin, daß sie an der Ermordung Juraj Hordubals beteiligt gewesen sei: es gibt nur Beweise, die aus den Begleitindizien, die aus dem hypothetischen Zusammenhang des Anklagefalles deduziert werden. Meine Herren Geschworenen, dieser Zusammenhang ist auf der Voraussetzung aufgebaut, daß Polana ein Interesse am Tode ihres Gatten besessen habe, das heißt, daß sie ihm untreu gewesen sei. Meine Herren, ich könnte sagen: wenn die eheliche Untreue ein hinreichendes
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