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Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
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Anfänge hat er sich ausgedacht, wie kommt es, daß keiner hierher paßt? Man hält Polana nicht mit den Händen die Augen zu, pocht nicht nachts an ihr Fenster, kehrt nicht mit dem Herdengeläute und mit Segenswünschen heim; sondern man bricht struppig und ungewaschen hier ein; nun, ist es da ein Wunder, daß die Frau erschrickt? Auch die Stimme würde wunderlich und erstickt aus meiner Kehle kommen – Herrgott, gib mir einen Rat, was man mit so einer menschenunmöglichen Stimme sagen soll.
    Polana tritt aus der Vorlaube zurück, viel zu weit weicht sie zurück, ach, Polana, ich wäre auch so durchgeschlüpft; und sagt mit einer Stimme, die fast keine Stimme ist, und fast nicht die ihrige: »Komm herein, ich – rufe Hafia.« Ja, Hafia, aber zuvor möchte ich dir die Hände auf die Schultern legen und sagen, nun, Polana, hab' dich nicht gern erschreckt; Gottlob, daß ich wieder daheim bin. Sieh mal an, wie du dich eingerichtet hast: neu ist das Bett und hoch gebettet, der Tisch neu und schwer, an der Wand Heiligenbilder, meiner Treu, Bruderherz, das hat man nicht einmal in Amerika besser; der Fußboden aus Brettern und Muskattöpfe in den Fenstern, gut hast du gewirtschaftet, Polana! Juraj Hordubal setzt sich ganz still auf sein Köfferchen. Klug ist Polana und weiß sich Rat; es sieht so aus, man muß glauben, sie hat zwölf Kühe, zwölf und mehr – Gott sei gelobt, nicht umsonst hab' ich gerobotet; aber diese Hitze in dem shaft , Seelchen, wenn du wüßtest, was für eine Hölle!
    Polana kommt nicht; Juraj Hordubal spürt eine Beklemmung wie einer, der allein in einer fremden Stube ist. Ich werde im Hof warten, sagt er sich, vielleicht könnt' ich mich mittlerweile waschen. Joj, das Hemd ausziehn und mir das kalte Wasser auf Schultern, Kopf und Haar pumpen, Wasser in Fluten herumspritzen und vor Behagen wiehern! Aber das schickt sich wohl nicht, noch nicht; nur ein wenig Wasser aus der eisernen Pumpe (früher war da eine hölzerne Einfassung und ein Eimer am Waagebalken, und wie feucht und kühl hat es heraufgeweht, wenn man sich über die Einfassung beugte), das hier ist wie in Amerika, dort haben die farmers solche Pumpen (mit gefülltem Eimer in den Stall und die Kühe tränken, bis ihnen die Nüstern vor Feuchtigkeit glänzen und sie geräuschvoll schnauben), nur mit etwas Wasser benetzt er das zerknüllte Taschentuch und reibt Stirn, Hände, Nacken, ach, das kühlt, windet das Taschentuch aus und sucht, wohin er es hängen soll, noch nicht, noch bin ich hier nicht zu Hause, und stopft es naß in die Tasche. »Da hast du den Vater, Hafia«, hört Hordubal, und Polana schiebt ihm ein elfjähriges Mädchen mit verängstigten blaßblauen Augen entgegen: »Also du bist Hafia«, brummt Hordubal verlegen (mein Gott, für so ein großes Kind einen Teddybär!) und will ihr Haar berühren, nur so mit dem Finger, Hafia; aber das Mädchen weicht aus, schmiegt sich an die Mutter und hält die Augen auf den fremden Mann gerichtet.
    »So grüß' doch, Hafia«, sagt Polana hart und stößt das Mädel in den Rücken. Ach, Polana, laß sie doch – was liegt daran, daß das Kind erschrocken ist! »Guten Tag«, flüstert Hafia und kehrt sich ab. Juraj fühlt plötzlich etwas Seltsames, seine Augen haben sich mit Tränen gefüllt, das Kindergesicht vor ihm zittert und verschwimmt; aber, aber, was ist denn das – eh nichts, das ist nichts, hab' bloß schon so viele Jahre kein »Guten Tag« gehört. »Komm, sieh mal an, Hafia«, sagt er rasch, »was ich dir mitgebracht habe.«
    »Geh', du Dummerchen«, schubst die Polana.
    Hordubal kniet bei dem Koffer, Heilige Jungfrau, alles ist unterwegs durcheinander geraten, und sucht die elektrische Batterie, da wird Hafia staunen! »Siehst du, Hafia, hier drückst du auf den Knopf, und es leuchtet.« Na, was heißt das, es will nicht leuchten: Hordubal drückt auf den Knopf, dreht die Batterie hin und her und wird traurig. »Was ist damit passiert? Aha, wahrscheinlich ist es da drinnen ausgetrocknet, dort, wo die Elektrizität ist, – du mußt wissen, es war so heiß auf dem lowerdeck . – Nun ja, es hat so klar geleuchtet, Hafia, wie die liebe Sonne. Aber warte, ich habe dir Bildchen mitgebracht, da wirst du Augen machen!« Hordubal angelt aus dem Koffer die Blätter aus Magazinen und Zeitungen heraus, mit denen er die paar Kleidungsstücke unterlegt hatte. »Komm her, Hafia, sollst sehn, wie Amerika ausschaut.«
    Das Mädchen dreht sich verlegen und blickt sich nach der Mutter um.
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