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Hordubal (German Edition)

Hordubal (German Edition)

Titel: Hordubal (German Edition)
Autoren: Karel Capek
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geschmiert; einer verladet einen auf das Schiff, drüben wartet schon einer – aber zurück, Herr, zurück hilft einem niemand. No sir . Schwer ist der Heimweg, Herr.
    Und Juraj Hordubal nickt mit dem Kopf, jetzt nickt der Kopf schon von selber, sinkt schwer und leblos nieder, und Juraj schläft ein. Die dicke Jüdin beim Fenster hat empört die Lippen geschlossen; die Gevatterin mit dem Korb im Schoß und der beleidigte Krämer werfen einander vielsagende Blicke zu: Ja, ja, so sind die Menschen heutzutage. Wie das liebe Vieh.

II
    Wer kommt denn da, wer ist der dort drüben an der Tallehne? Sieh' da, ein Herr in Schuhn, vielleicht ein Monteur oder so was, ein schwarzes Köfferchen trägt er und stapft hügelan – wenn er nicht so weit entfernt wäre, würde ich die Hände an den Mund legen und ihn anrufen: Gelobt sei Jesus Christus, Herr, wie spät ist es?
    Zwei Uhr mittags, Hirte; wenn ich nicht so weit entfernt wäre, würde ich dir zurufen, wessen Kühe weidest du da, und du würdest vielleicht zeigen: die Kahle, die Schecke, die Sternige, die Himbeerfarbene, die Färse gehört der Polana Hordubal. Ja, ja Junge, schöne Kühe, eine Freude, sie anzusehen; darfst sie bloß nicht hinunter zum Schwarzbach lassen, dort ist das Gras sauer und das Wasser bitter. Sieh mal an, der Polana Hordubal; nun ja, früher, da hatte sie nur zwei Kühe; und hör mal Junge, hat sie nicht auch ein paar Ochsen? Ach Gott, und was für Ochsen, podolische mit Hörnern wie ausgebreitete Arme; zwei Ochsen, Herr. Und Schafe? Auch Widder, auch Schafe, Herr, aber die weiden dort oben auf der Durna Polonina. Klug und reich ist Polona. Und sie hat keinen Mann? Was winkst du mit der Hand? Hat Polana keinen Gazda? Ach, so ein Dummkopf erkennt einen nicht; beschattet die Augen mit der Hand und glotzt, glotzt wie ein Klotz.
    Juraj Hordubal fühlt das Herz bis in die Kehle pochen, er muß innehalten und tief atmen, ahah! ahah! Es ist beinahe zuviel für ihn, es ist so plötzlich, er verschluckt sich dabei wie einer, der ins Wasser gefallen ist; auf einmal, auf einmal ist er zu Hause, hat nur einen Schritt über diesen steinigen Wasserriß getan, und schon überflutet es ihn von allen Seiten: ja, dieser Wasserriß war immer da, da war das Schlehengesträuch, auch damals vom Hirtenfeuer versengt; wieder blühen im Geröll Königskerzen, der Weg verliert sich in dürrem Gras und trockenem Quendel, dieser Felsblock da mit Heidelbeeren bewachsen, Enzian, Wacholder und der Waldrand, trockene Kuhfladen und die verlassene Sennhütte; es gibt kein Amerika und es gibt keine acht Jahre mehr; alles ist wie früher, der schimmernde Käfer in einem Distelköpfchen, das glitschige Gras und aus der Ferne die Kuhglocken, der Sattel oberhalb der Krivá, die braune Segge und der Weg nach Hause –
    – der Weg mit den weichen Schritten des Gebirglers, welcher Opanken trägt und nicht in Amerika gewesen ist, der nach Wald und Kühen duftende Weg, ausgeglüht wie ein Backofen, der Weg talab, der steinige Weg, von den Herden ausgetreten, sumpfig von Quellen, über das Gestein hüpfend, ach, Herrgott im Himmel, ein rechtschaffener Pfad, heftig wie ein Bach, weich vom Gras, über Schotter verbröckelnd, schmatzend in Naß, sich bückend unter den Wipfeln des Waldes: no, sir , kein schlackiger Gehsteig, der unter dem Stiefel knirscht, wie in Johnstown, keine railings , keine Scharen von Männern, die zur mine trotten, kein Mensch zu sehen, kein Mensch, nur der Weg hinunter, der Bach und das Herdengeläute, der Weg nach Hause, der Sturz nach Hause, die Glöckchen der Kälber und blauer Eisenhut am Bachrand –
    Juraj Hordubal steigt mit langen Schritten talwärts, was gilt ihm der Koffer, was die acht Jahre; hier ist der Weg nach Hause, man läuft von selbst hinunter, so wie die Herde in der Dämmerung heimkehrt mit vollen Eutern, das Bimbam der Kühe und die Glöckchen der Kälber: schön wär's, hier sitzenzubleiben und die Dämmerung abzuwarten, in das Dorf zu kommen mit dem Läuten der Herden, zur Stunde, wenn die Weiber auf die Schwelle hinaustreten und die Männer sich an den Zaun lehnen: seht, seht, wer kommt denn da? Aber ich wie die Herde von der Weide und stracks in das offene Tor hinein. Guten Abend, Polana. Auch ich komme nicht mit leeren Händen zurück.
    Oder nein, bis zur Dunkelheit warten, bis das liebe Vieh vorbei ist, bis alles im Schlummer liegt; und ans Fenster klopfen, Polana! Polana! Jesus Christus, wer ist da? Ich, Polana, du sollst die erste sein,
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