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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
Autoren: Oliver Tappe
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Besuch
spannend. Wenn man aber alle vierzehn Tage dort hin muss, sieht die Sache schon
ganz anders aus. Die Aufenthaltsdauer in den Studios ist für unsere
Reisegruppen jeweils mit sechs Stunden angesetzt. Normalerweise trennt sich die
Gruppe nach der gemeinsamen Führung und jeder Gast widmet sich seinen eigenen
Interessen. In dieser Zeit bin ich mir für einige Stunden selbst überlassen.
Für den Außenstehenden klingt das im ersten Moment sicher nach Erholung. Weit
gefehlt! Im gesamten Parkgelände gibt es kein noch so kleines Eckchen, in man sich
der ständigen Musikbeschallung durch die überall verteilten Lautsprecher
entziehen könnte. Spätestens beim vierten Besuch der Saison habe ich das
Gefühl, ein Gefängnisaufenthalt in Guantanamo Bay könnte nicht schlimmer sein.
Die laute Musik wird irgendwann zur Folter, und die Sehnsucht nach Stille wird
von Minute zu Minute größer. Einmal trieb mich die Verzweiflung dazu, die
Studios zu verlassen. Ich fand an diesem Tag Zuflucht in der Lobby des
nahegelegenen Sheraton Hotels. Die Hektik am Empfang und das ständige hin und
her Rennen der Gäste, das ich unter normalen Umständen als überaus anstrengend
empfinde, schien mir an diesem Tag paradiesisch. Ich ließ mich in einen der
übergroßen Ledersessel gleiten und schloss die Augen.
    „Nur für einen
klitzekleinen Moment“, sagte ich mir.
    Ich weiß
nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich plötzlich durch ein nicht ganz
sanftes Klopfen auf meine Schulter geweckt wurde.
    „Sir, bitte,
Sie können hier nicht schlafen!“, belehrte mich ein Hotelangestellter in
Uniform. „Wie ist ihre Zimmernummer?“
    Ich öffnete
die Augen. Wie ich feststellen musste, war die Lobby in eine völlig andere
Perspektive gerutscht. Ich hing mit dem Oberkörper halb über der Lehne des
Sessels und hatte zu allem Überfluss auch noch gesabbert. Oh, nein! Mir
wurde schlagartig klar, dass man mich als Eindringling ohne Zimmerschlüssel in
hohem Bogen auf die Straße befördern würde. Kaum richtete ich mich auf, stand
auch schon ein Mann vom Sicherheitsdienst neben mir. Er fasste mich routiniert
unter den linken Arm und eskortierte mich wenig diskret aus der Empfangshalle.
    „Am Bahnhof in
Downtown gibt es eine Mission“, rief er mir nach. „Die können ihnen helfen.“
    Beschämt
trottete ich den Hügel vorm Hotel hinauf, zurück zu den Universal Studios. Das
Schlimme an diesem Vergnügungspark ist: Er lockt nur alle fünf oder sechs Jahre
mit neuen Attraktionen. Die alten Sachen sind keineswegs zu bemängeln, aber wer
mindestens zehn Mal pro Jahr zu Gast ist, wünscht sich verständlicherweise ein
wenig mehr Abwechslung. An diesem Tag, der nicht gerade mein bester war, sollte
ich sie bekommen. Auf einem Lageplan des Studiogeländes erblickte ich in der
Tat noch eine Attraktion, die relativ neu und von mir bis dato nicht erkundet
worden war. Das House of Horrors ! Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob
ich einfach dumm oder nur ein bisschen zu naiv bin. Schon allein die
Bezeichnung Horror hätte ausreichen müssen, um meine Alarmglocken zum Läuten zu
bringen. Und hätte ich mein Köpfchen auch nur ein klein wenig angestrengt, wäre
mir augenblicklich bewusst geworden, dass es sich bei dieser Attraktion nicht
um die Geisterbahn einer deutschen Dorfkirmes handeln konnte. Der Eingang des
Horrorhauses ist dem Portal eines alten Schlosses nachempfunden. Wer dieses Tor
durchschreitet, ist der unbarmherzigen Dunkelheit im Inneren des Gebäudes
ausgeliefert. Unmittelbar vor mir verschwand ein mexikanischer Familienvater
mit seinen zwei Söhnen, die vielleicht neun und elf Jahre alt gewesen sein
mögen, im Nichts. Nun wurde mir doch etwas mulmig. Ich schaute mich um. Hinter
mir war niemand zu sehen. Um nicht komplett allein sein zu müssen, huschte ich
in die Schwärze und versuchte, den Mexikanern auf den Fersen zu bleiben.
Vielleicht würde ich ja mit ihnen zusammen in einem Wägelchen fahren können, hoffte
ich.
    Die Geräusche
um mich herum wurden immer lauter. Und nach etwa 30 Metern Fußweg war deutlich:
Es gab keine Wägelchen. Das House of Horrors musste zu Fuß bewältigt
werden. Die Lage war ernst. Ich hatte mich zu entscheiden, ob ich den Weg ins
Unbekannte wagen oder besser auf dem Absatz kehrt machen und ins sichere
Tageslicht fliehen sollte. Ich hielt für einen Augenblick inne, um abzuwägen.
Die Entscheidung wurde mir jedoch sekundenschnell abgenommen, als hinter mir
plötzlich jemand zu grunzen begann. Ich erschrak
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