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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
Autoren: David Weber
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um wenigstens das Dreifache. Außerdem erhielt er den deutlichen Eindruck, sie seien ihrem Ziel, dem Unbekannten, das der Streuner ihnen zeigen wollte, schon sehr nahe.
    »Fünf Minuten«, willigte Scott zähneknirschend ein. »Noch fünf Minuten, dann kehren wir um.«
    » Bliek! Bliek, bliek, bliek!«
    Der fünfzehnjährige Karl Zivonik grinste. »Also noch fünf Minuten? Kann man einer Baumkatze eigentlich auch etwas abschlagen, Dr. MacDallan?«
    »Pass auf, was du sagst, Kleiner«, lächelte Scott, »sonst findet dich eines Tages eine hübsche kleine Baumkatzendame und entscheidet, dass sie genau nach dir so lange gesucht hat – dann findest du die Antwort selber raus!«
    Der Junge machte runde Augen. »Wirklich? Meinen Sie echt, ich könnte eines Tages adoptiert werden?«
    Scott lachte auf und schlug dem Jungen auf die Schulter. »Wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Ahnung. Die Baumkatzen können nicht mit uns sprechen, und deshalb kennen wir die Kriterien nicht, nach denen sie ihre Freunde aussuchen.«
    »Haben ‘Katzenmädchen schon einmal wen adoptiert?«
    Scott runzelte die Stirn. »Das ist eine interessante Frage, Karl. Wenn ich so darüber nachdenke, wüsste ich kein einziges Beispiel. Ich werde es überprüfen. Vielleicht weiß dieses neue Xenologenteam etwas darüber.«
    Sie durchwateten einen seichten Bach. Arbeitsstiefel und Halbschuhe schmatzen im Schlamm. Sie kletterten am gegenüberliegenden Ufer hinauf und drangen in einen Irrgarten aus eng beieinander stehenden Pfostenbäumen ein. Nur zwei Minuten später bemerkte Scott, dass es im Gehölz heller wurde, weil mehr Licht durch das Blätterdach einfiel. Solche Lichtungen hatten ihn schon häufig auf einen viel versprechenden Angelplatz aufmerksam gemacht, denn sie kamen oft durch kleine Seen zustande oder waren die Narbe eines alten Waldbrands. Manchmal waren auch die Beschaffenheit des Untergrunds oder die Bodenzusammensetzung dem Wachstum der Pfostenbäume abträglich. Kaum umrundeten sie einen besonders dicken Baumstamm, da fanden sie sich, ganz wie Scott es vermutet hatte, am Rand einer kleinen Lichtung wieder. Als Scott sich diese Lichtung etwas genauer besah, erstarrte er. Den Zivoniks erging es nicht anders.
    Die Lichtung war keines natürlichen Ursprungs. Ein gezacktes Loch klaffte im Blätterdach, gut neunzig Meter lang zog sich eine Spur der Verwüstung hin. Etwas Großes, von Menschenhand Gefertigtes war abgestürzt und hatte mit vernichtender Wucht durch die Baumkronen gepflügt, das Astgeflecht zerrissen und einen breiten Tunnel in den Urwald geschlagen. Längs dieses Korridors fanden sich überall gezackte, bizarr verdrillte Metalltrümmer verstreut. Weitere Metallsplitter hatten sich längs der Schneise in die überlebenden Bäume gebohrt, so weit waren sie beim Aufprall davongeschleudert worden. Scott folgte mit dem Blick der Spur der Vernichtung; während er suchte, was er, wie er wusste, unweigerlich finden würde, merkte er, dass sein Rücken sich krampfartig verspannt hatte.
    Und da sah er es, knapp ein Dutzend Meter zu ihrer Linken: das Wrack des Flugwagens. Ein großer Frachttransporter war mit hoher Geschwindigkeit abgestürzt und hatte die Schneise in den Wald geschlagen. Schließlich war der Wagen schon als Totalschaden zwei Meter über dem Boden in einen Pfostenbaumstamm gerammt, der zu dick war, um umzuknicken. Bei diesem Aufprall war das Spantwerk zusammengedrückt worden, als habe es aus Krepppapier bestanden. Zuletzt hatte das Wrack sich in einem irrwitzigen Winkel in den Boden gebohrt.
    Scott schluckte beklommen.
    Wie viele Menschen waren an Bord der Maschine ums Leben gekommen?
    Die Baumkatzen stießen schrille Schreie aus, sprangen zwischen den noch immer verflochtenen, zerrissenen Ästen hindurch und hetzten zum Wrack. Scott und Aleksandr blickten sich an. Der Arzt erwog vorzuschlagen, dass Karl zurückbleiben solle. Andererseits waren die Zivoniks Pioniere und bewirtschafteten hundert Kilometer vom nächsten Nachbarn entfernt eine Farm. Dem Jungen würde es nicht helfen, wenn man versuchte, ihn zu behüten; Kolonisten benötigten eine dicke Haut. Der Ausdruck in Aleks Augen verriet Scott, dass der Farmer sich genau das Gleiche überlegt hatte. Aleksandr nickte bestimmt, dann bahnte er sich einen Weg durch die zersplitterten Bäume und Trümmerteile. Karl sagte kein Wort. Er war blass, aber er folgte ohne Zaudern dem Vater. Scott kam das Medikit, das er auf dem Rücken trug, plötzlich unfassbar nutzlos vor, als
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