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Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Titel: Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)
Autoren: Jorge González
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es schon nach ein paar Stunden ganz furchtbar in ihrem Haus. Als kleiner Junge mochte ich nämlich das Essen nicht, das es im Kindergarten und in der Schule gab. Deshalb bereitete meine Mutter immer etwas Besonderes für mich zu: Ich wollte keine Milch trinken – sie mixte mir Milchshakes oder machte Flan Caramel, einen spanischen Pudding, damit ich genug Eiweiß bekam. Ich mochte keine Eier, keinen Fisch und, und, und. Meine Leibspeisen waren Schokolade und Eiscreme!!!
    Das alles ging bei Tante Fela, dem kleinen Feldwebel, plötzlich nicht mehr. Sie hatte vier Jungs großgezogen und war gewohnt, sich bei Auseinandersetzungen mit dem männlichen Geschlecht durchzusetzen. Meine Tante hatte ein wunderschönes gepflegtes Zuhause, kochte gern und achtete auf eine gesunde Ernährung. Zum Frühstück gab es ein Glas Milch – ohne Zucker, ohne alles – und dazu ein hart gekochtes Ei und Toast mit Marmelade. Das war ein Muss. Tante Fela kannte keine Extrawurst.
    Gleich am ersten Morgen stellte sie mir ein Glas Milch vor die Nase. Nur fürs Protokoll: Sie wusste, dass ich das nicht mochte. Während ich entsetzt auf das Glas starrte, kamen schon Toast und Eier. Ich beschloss, etwas Toast zu essen und den Rest zu ignorieren. Meine Tante arbeitete in der Zwischenzeit schweigend in der Küche weiter. Als ich aufstehen wollte, fragte sie plötzlich: »Wo willst du hin?«
    »Ich bin fertig.«
    Sie schaute mich skeptisch an und sagte: »Fertig!?!? Und was ist mit der Milch?«
    »Aber meine Mama … Und ich mag doch keine …«, jammerte ich.
    »Alle Jungen trinken Milch. Wenn dir die Milch nicht schmeckt, dann hast du ein Problem. Denn du musst sie trinken, weil Kinder in deinem Alter Milch brauchen. Da sind Kalzium und Vitamine drin. Ach ja, das Gleiche gilt für die Eier. Du kannst aufstehen, sobald du alles aufgegessen hast.«
    Zwei Stunden saß ich am Frühstückstisch, ohne etwas anzurühren.
    Irgendwann sagte meine Tante: »Jorgito, du kannst zwei Stunden, zwei Tage oder zwei Monate so dasitzen. Du bekommst nichts anderes. Und du darfst nicht aufstehen, bis du das Ei gegessen und die Milch getrunken hast.«
    »Aber ich muss mich übergeben«, heulte ich, nahm das Glas, trank die Milch und spuckte alles auf den Boden. Ich hörte, wie Tante Fela tief durchatmete.
    »Dort ist der Wischmopp«, sagte sie einen Moment später ganz ruhig und stellte mir ein neues Glas Milch hin.
    Ich habe alles versucht, mein ganzes schauspielerisches Talent aufgeboten, um den Leidenden zu mimen. Vergeblich, Tante Fela blieb hart.
    Irgendwann setzte sie sich neben mich und sagte: »Schau mal, niño , du nimmst das Glas und machst so« – sie hielt sich die Nase zu –, »und dann stellst du dir vor, du trinkst Kakao.«
    Ich machte alles genauso, wie sie es vorgemacht hatte, und spuckte trotzdem die Milch sofort wieder aus. Diesmal ergoss sich alles über meine Hose.
    »Ich muss mich duschen«, wimmerte ich.
    »Ja, du hast recht«, sagte Tante Fela, nahm mich an der Hand und brachte mich ins Bad.
    Als ich zurückkam, stand ein neues Glas Milch für mich auf dem Tisch.
    Dieses Essensdrama fing um acht Uhr morgens an. Es war ein Samstag, und normalerweise wäre ich schon längst draußen beim Spielen gewesen. Aber ich saß bis zwölf Uhr mittags am Tisch – dann endlich hatte ich es geschafft, meine Milch auszutrinken. Ich lief so schnell ich konnte nach draußen, denn um dreizehn Uhr musste ich schon wieder zurück zum Mittagessen sein. Als ich in die Küche kam, stand da ein Teller mit Fisch!!! Meine Tante schaute mich an, ich schaute sie an, und dann aß ich den Fisch, als wäre er aus Schokolade. Denn ich wusste: Gegen Tante Fela hatte ich keine Chance.
    Ihr könnt euch vorstellen, wie sehr ich die Rückkehr meiner Mutter herbeisehnte. Die Zeit ohne sie kam mir endlos vor. Meine Mutter war ein Engel. Bei ihr musste ich mich nicht verstellen, sie erlaubte mir immer alles und nahm mich so, wie ich war, ohne groß darüber zu reden.
    »O, mi niño« , schwärmte sie nach ihrer Rückkehr tagelang. »Wie schön du bist. Und so kräftig.« Denn der kleine Jorge war von all der Milch und dem Essen richtig dick geworden. Von da ab warf Tante Fela, wenn sie zu Besuch kam, immer ihren strengen Blick auf mich und sagte in Richtung meiner Mama: »Und, hat der Junge da seine Milch getrunken?«
    Ich war erleichtert, nicht nur meine Mutter, sondern auch meine Freiheit wiederzuhaben. Tante Felas Regime hatte mir zwar irgendwie imponiert, mich aber gleichzeitig
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