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Hoher Einsatz (German Edition)

Hoher Einsatz (German Edition)

Titel: Hoher Einsatz (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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wenigen, die Dienst tun mussten, während allen anderen die zweifelhafte Ehre zuteilwurde, der Weihnachtsfeier beizuwohnen.
    Noch bevor er sich räusperte und mitteilte, dass ein Beamter von der Kripo dringend benötigt würde, ahnte Jennifer, dass etwas passiert sein musste. Er hätte sonst nicht die gesamte Feier gesprengt.

Samstag
    Julia lag zu einem Bündel zusammengerollt auf dem Sofa. Sie starrte in die Flamme der Kerze auf dem Couchtisch, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Seit mehreren Stunden sah sie nun schon dem Feuer dabei zu, wie es das dunkelblaue Kerzenwachs Stück für Stück verzehrte.
    Sie rührte sich nicht. In ihrem Kopf herrschte medikamentöse Leere, ihr Körper fühlte sich vollkommen taub an, aber zumindest hatte sie keine Schmerzen. Sie spürte kaum die weiche Decke, um die sich ihre Finger gekrallt hatten.
    Vermutlich wäre sie dort einfach liegengeblieben. Stunden, Tage … Wartend … Wenn das Hämmern an ihrer Wohnungstür sie nicht aufgeschreckt … und die Angst ungefiltert in ihr Leben zurückgebracht hätte.
    »Frau Ahrens?!« Die Stimme klang trotz ihrer Lautstärke besorgt. Eine Frau. Es war eine Frau an der Tür. »Sind Sie da? Wenn Sie sich nicht melden, müssen wir die Tür aufbrechen!«
    Julia blieb zitternd liegen und zuckte zusammen, als erneut an die Tür gehämmert wurde.
    »Frau Ahrens?!«
    »Ja.« Ihre eigene Stimme, dünn, brüchig und leise, erschreckte sie. Irgendwo in ihrem Bewusstsein begann sich die Erkenntnis zu regen, dass in den letzten Minuten mehrfach die Türklingel geschrillt und dann irgendwann das Klopfen eingesetzt hatte. Polizei. Hatte die Frau nicht gesagt, dass sie von der Polizei sei? Es kostete sie Überwindung, den Kopf ein ganz klein wenig anzuheben. »Ja. Ich … ich bin hier.«
    »Gott sei Dank«, sagte die Stimme erleichtert. »Würden Sie uns bitte öffnen? Kriminalpolizei. Wir würden gerne mit Ihnen sprechen.«
    Ich aber nicht mit Ihnen.
Der Gedanke war klar und deutlich. Julia schüttelte sogar unbewusst den Kopf.
    »Frau Ahrens? Brauchen Sie Hilfe?« Wieder Besorgnis in der Stimme der Frau. »Sollen wir einen Arzt rufen?«
    Arzt?! Oh Gott, bloß keinen Arzt! Keine Ärzte! Nicht noch mehr Ärzte!
    »Ich komme … Moment …« Es dauerte mehrere Sekunden, bis sich ihre Muskeln bereit erklärten, der Absicht Folge zu leisten. Nur langsam kämpfte sie sich hoch. Irgendwie schaffte sie es auf die Füße und zur Tür. Ihre Hand schwebte über der Türkette, als sie erneut innehielt. »Sie … Sie sind von der Polizei?«, fragte sie.
    »Ja. Ich bin Kriminalbeamtin.«
    »Kann ich Ihren Ausweis sehen?« Es gab keinen Spion. »Sie können ihn unter der Tür durchschieben.«
    Die Beamtin diskutierte nicht, zögerte nicht. Wenige Sekunden später hielt Julia einen Ausweis in der Hand. Jennifer Leitner, Kriminaloberkommissarin. Das Bild zeigte eine Frau Mitte bis Ende dreißig, mit braunen Haaren und braunen Augen. Auch wenn sie davon eigentlich keine Ahnung hatte, hielt sie das Dokument für echt. Trotzdem hatte sie Angst, die Tür zu öffnen und es dauerte, bis sie den Schlüssel im Schloss gedreht, die Kette abgenommen und die Wohnungstür einen Spalt breit geöffnet hatte.
    Die Frau, der der Ausweis gehörte, lächelte höflich, wenn auch mit einem ernsten Ausdruck in den Augen. »Jennifer Leitner von der Kriminalpolizei«, stellte sie sich unnötigerweise vor. Sie deutete auf den Mann, der mit einigem Abstand hinter ihr im Flur stand. »Das ist Oliver Grohmann, Staatsanwalt. Er ist für diesen Fall zuständig. Dürfen wir reinkommen?«
    Julia ließ den Blick zwischen den beiden Beamten hin und her wandern. Sie wollte keinen Mann in ihre Wohnung lassen. Nie wieder …
    »Ich weiß, es ist schwierig für Sie, Frau Ahrens. Wenn Sie nicht möchten, dass Herr Grohmann Ihre Wohnung betritt, können wir das verstehen. Er kann auch hier draußen warten, wenn Ihnen das lieber ist.«
    Das wäre es tatsächlich gewesen. Doch aus irgendeinem Grund trat sie zurück und öffnete die Tür für beide Besucher. »Ist in Ordnung. Er soll mir einfach nur nicht zu nahe kommen.«
    Was er auch nicht tat. Während sich Julia wieder auf das Sofa zurückzog und sich erneut die Decke um die Schultern schlang, setzte sich die Kommissarin ihr gegenüber in den Sessel, der Staatsanwalt blieb jedoch in der Nähe der Tür zu ihrem Ein-Zimmer-Apartment stehen.
    Sie bemerkte, wie sich die Beamtin kurz umsah und ihr Blick an den Medikamentenschachteln und dem großen Fleischmesser auf
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